Sie sollen helfen, die digitale Transformation in deutschen Kommunen zu beschleunigen: Digitallotsen. Ob und wie dies funktioniert, untersuchen Dr. Caroline Fischer und Dr. Jessica Breaugh in einer aktuellen Studie für die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit.
Digitalisierung bedeutet für viele Kommunen nicht nur die Einführung von Technologie und neuen Prozessen, sondern auch den Umgang mit begrenzten Ressourcen, regionalen Unterschieden und fehlenden Strategien. Viele Verwaltungen kämpfen zudem mit Akzeptanzproblemen in der eigenen Belegschaft, da die Sorge vor Veränderung und Unsicherheiten gegenüber neuen Technologien tief verwurzelt sind.
Aus dieser Situation heraus entstand die Idee der Digitallotsen: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den eigenen Reihen der Kommunen, die die Transformation aktiv begleiten und unterstützen. Als interne Expertinnen und Experten für digitale Prozesse wirken sie gezielt Widerständen entgegen und helfen dabei, eine aufgeschlossene Haltung gegenüber neuen Technologien zu fördern, etwa indem sie ihren Kolleginnen und Kollegen mit Rat zur Seite stehen. Digitallotsen-Programme existieren mittlerweile in vielen deutschen Kommunen, sie werden zum Teil auch auf Landesebene koordiniert. Eine aktuell erschienene Studie zum Thema Digitallotsen im Auftrag der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit untersucht insbesondere das Digitallotsen-Programm in der nordrhein-westfälischen Stadt Moers über einen Zeitraum von zwei Jahren hinweg, vergleicht dieses aber auch mit anderen Projekten bundesweit.
Die Digitallotsen aus Moers übernehmen eine führende Rolle im digitalen Wandel
Im Frühjahr 2022 wurden in Moers 36 Digitallotsen aus insgesamt 15 Fachbereichen der Stadtverwaltung ernannt. Sie sollen Promotorinnen und Promotoren digitaler Themen sein, Digitalisierung auf Ebene der Nutzenden gestalten und als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren verbreiten. Die Digitallotsen mussten keine Digitalexpertinnen und -experten sein, sollten sich aber für das Projekt interessieren und bereit sein, zu lernen sowie eine führende Rolle im digitalen Wandel zu übernehmen.
Die Lotsen erhielten Schulungen in E-Government, Change Management und agilen Methoden, wodurch sie Vermittlerinnen und Vermittler zwischen technischer Neuerung und Verwaltungsrealität werden können. Durch ihren direkten Einfluss auf die tägliche Arbeit und den persönlichen Kontakt zu ihren Kolleginnen und Kollegen schaffen sie eine Verbindung zwischen langfristigen Zielen und kurzfristigen Anpassungen vor Ort. Sie helfen, die Vision der digitalen Transformation greifbar und zugänglich zu machen und so in der Praxis zu verankern.
Was die Erfolge und Herausforderungen des Programms sind
Die ersten Ergebnisse sind vielversprechend: Nach 18 Monaten im Einsatz haben die Digitallotsinnen und -lotsen das digitale Selbstvertrauen und die Offenheit für technologische Neuerungen in den teilnehmenden Teams spürbar gestärkt. Doch neben diesen Erfolgen zeigt die Untersuchung auch, dass ein Mangel an Ressourcen den langfristigen Erfolg gefährden kann. Denn die Lotsen haben vor allem eines: ein Zeitproblem. Wie in vielen anderen Programmen dieser Art auch, erledigen die Digitallotsen diese zusätzliche Aufgabe nebenbei in ihrer regulären Arbeitszeit.
Die Digitallotsen stehen exemplarisch für eine neue Generation der Verwaltung: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die aktiv an der Digitalisierung ihrer Arbeitswelt mitwirken und andere befähigen. In Zeiten des rasanten technologischen Wandels zeigen die sie nicht nur, wie Verwaltungen zukunftsfähig bleiben können, sondern auch, dass der Wandel von innen heraus – durch die Menschen, die täglich daran arbeiten – möglich und nachhaltig ist.
Das sind die Schlussfolgerungen für Digitallotsen-Programme
Die Studie hebt sechs wesentliche Erfolgsfaktoren hervor, die für die nachhaltige Implementierung von Digitallotsinnen und -lotsen entscheidend sind:
- Auswahl der Lotsen: Es braucht Empathie und Motivation, die Digitalisierung aktiv mitzugestalten.
- Zeit und Schulungen: Eine klare Arbeitszeit für die Lotsenrolle und gezielte Schulungen bilden die Basis für erfolgreiches Handeln.
- Lokale Expertinnen und Experten: Die Kernaufgabe der Lotsen liegt in den Fachabteilungen.
- Eingebunden in die Gesamtstrategie: Digitallotsen agieren als Teil einer umfassenden Strategie, die durch andere Instrumente der digitalen Transformation gestützt wird.
- Potenzial ist da: Es ist erfolgversprechend, auf bereits vorhandene motivierte und kompetente Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu setzen und diese als Lotsen weiterzuentwickeln.
- Wertschätzung und Unterstützung: Eine klare Anerkennung der Arbeit der Lotsen motiviert und schafft langfristiges Engagement.
Diese Erfolgsfaktoren können von den Kommunalverwaltungen oder anderen Organisationen, die Digitallotsen-Programme einrichten wollen oder schon betreiben, umgesetzt werden. Es sind aber auch strukturelle Veränderungen nötig, um den Kontext, in dem Digitallotsen agieren, zu verbessern. Dabei ist es entscheidend, den lokalen Fokus beizubehalten. Während Schulungen zentral auf Länder- oder gar Bundesebene organisiert werden können, ist ein dezentraler, an lokale Bedarfe und Gegebenheiten angepasster Ansatz von großer Bedeutung, wenn Digitallotsen-Programme gelingen sollen. Bund und Länder können jedoch unterstützend eingreifen, indem sie die Vernetzung zwischen den verschiedenen Programmen fördern und entsprechende Möglichkeiten zur Kooperation schaffen. So wird sichergestellt, dass die Programme trotz ihrer lokalen Ausrichtung voneinander lernen und gemeinsam wachsen können.
Hier geht es zur Digitallotsen-Studie im Auftrag der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit.