Die Gefahr, dass Innenstädte und öffentliche Stadträume weiter veröden ist groß. Eine Studie zeigt anhand von vier konkreten Beispielen auf, wie Kommunen gegensteuern können.
Innenstädte brauchen neue Konzepte, um attraktiv zu bleiben.
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E-Commerce statt Vor-Ort-Einkauf, Netflix statt Kino, Homeoffice statt Bürotage – viele Innenstädte kämpfen um Lebensqualität und Strahlkraft. Die Digitalisierung fordert neue Konzepte zur Wiederbelebung von leerstehenden Stadtzentren mit Erlebnisförderung und Authentizität statt homogenen Funktionsstrukturen. Visionen sind gefragt.
Das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) erforschte zusammen mit Partnern, welche experimentellen Ansätze für die multifunktionale Innenstadt von morgen möglich sind. Die Studie "Reallabore in der Elasticity" stellt unter anderem Ergebnisse aus den Erfahrungen der Reallabore in Leverkusen, Hanau, Stuttgart und München dar. Quartiere in den vier Städten erprobten Visionen mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Der Theorieteil der Forschungsarbeit, die im November 2022 vorgestellt wurde, fußt insbesondere auf Literaturstudien.
Ideen gegen Leerstände
Das Reallabor in Hanau zielte auf eine Plattform ab, die eine flexible und mehrfache Nutzung von Flächen und Immobilien ermöglicht, um das akute Problem des Leerstands in der Stadt zu lösen. Das Projekt in Leverkusen fokussierte sich auf die allgemeine Aufwertung des öffentlichen Raumes in der Stadt, welche durch mobiles Stadtmobiliar und verschiedene Interventionen vorangetrieben wurde.
Verkehrsräume neu denken
Zudem nutzte das Projektteam 300 Quadratmeter in Stuttgart als 72-Stunden-Forschungswerkstatt für Bürgerinnen und Bürger mit dem Ziel, Verkehrsräume durch innovative und kreative Lösungen funktional neu zu gestalten. Im Werksviertel-Mitte in München werden zusätzlich seit diesem Jahr neue Quartierskonzepte in einem kreativen und innovativen Umfeld erprobt –beispielsweise zu den Themen Urban Farming, Mobilität oder Gastronomie.
Eine zentrale Herausforderung der Potenzialverwirklichung von Reallaboren sieht das Forschungsteam in der Bereitstellung einer organisatorischen Struktur. Diese sollte auch über zeitlich begrenzte Reallabore hinaus einen fortlaufenden Austausch und eine Weiterentwicklung von Ideen gewährleisten. Hierfür brauche es eine aktive Stadtverwaltung. Diese müsse die Rolle eines »Match Maker« und Moderators wahrnehmen.
Klein- und Mittelstädte beachten
Die Studienautoren machen deutlich, dass zukünftig auch Klein- und Mittelstädte abseits von Metropolen betrachtet werden müssten. "Innovative Experimentierfelder können nicht nur in dicht besiedelten, wirtschaftlichen starken Regionen zur Transformation beitragen, sondern insbesondere auch als Innovation Hubs in Peripherien einen wesentlichen Beitrag zu Veränderungen leisten und neue Chancen bieten", so Prof. Dr. Vanessa Borkmann, IAO-Projektleiterin.