Leerstände, rückläufige Mieten, Angebotsmonotonie: Viele deutsche Innenstädte sehen sich im Abwärtstrend. Ein Forschungsprojekt verdeutlicht, wie ein Transformationsprozess für die City von morgen aussehen sollte.
Innenstädte erleben gegenwärtig einen tiefgreifenden Strukturwandel. Etablierte Konzepte der Immobilienwirtschaft, insbesondere mit Fokus auf den Einzelhandel, funktionieren nicht mehr. Der Handlungsdruck wächst. Eine Arbeit der Technischen Universität Darmstadt gibt Hinweise, wie die urbanen Immobilienbestände erfolgreich in die Zukunft geführt werden können und Menschen neue Lieblingsorte in der City entdecken könnten.
Das Forschungsprojekt „Transformation der Innenstädte“ des Instituts für Betriebswirtschaftslehre, Fachgebiet Immobilienwirtschaft und Baubetriebswirtschaftslehre, basiert auf zwei Studien. Die erste Untersuchung ermittelte die Bedürfnisse und Erwartungen der Menschen an die Innenstädte der Zukunft. Hierzu wurden 1.069 Bürgerinnen und Bürger aus verschiedenen sozialen Milieus in ganz Deutschland befragt. Die zweite Studie analysierte mithilfe einer Haushaltsbefragung mit 1.000 Personen, welche Präferenzen Bürgerinnen und Bürger bezüglich der Ausgestaltung des Innenstadtquartiers und des konkreten Nutzungsmixes von Innenstadtimmobilien haben. Die Umfragen per Fragebogen fanden im Mai und Juni 2023 statt.
Stadtentwicklung geht am Bedarf vorbei
Das Forschungsprojekt zeigt, dass Innenstädte deutlich am Bedarf der Mehrheit der Menschen vorbei entwickelt wurden. Demnach wünschen zum Beispiel 55 Prozent der Befragten eine Attraktivitätssteigerung bei der Erholungs- und Freizeitfunktion und jeweils 52 Prozent bei der Qualität des öffentlichen Raums sowie des Wohnens.
Der Einzelhandel spielt für 47 Prozent der Befragten weiterhin eine wichtige Rolle. Allerdings zeigt sich auch, dass unterschiedliche Milieus unterschiedliche Schwerpunkte setzen. Wären die Innenstädte heute schon Lieblingsorte, würden zwei Drittel der Befragten gerne in der City arbeiten und über 50 Prozent dort auch wohnen. Diese beiden Ergebnisse unterstreichen laut der Untersuchung das immense Potenzial, das aus diesen Funktionen für die Wiederbelebung der Innenstädte erwächst.
Menschen wünschen sich ausgewogenen Mix
Die Projektergebnisse zeigen zudem, dass Bürgerinnen und Bürger bei der Gestaltung von Innenstadtquartieren einen ausgewogenen Mixed-use-Ansatz präferieren. Angebote für Shopping, Freizeit und Wohnen werden von den Menschen am stärksten bevorzugt und liegen in ihrer Wichtigkeit nahe beieinander. Außerdem werden mehr Stadtgrün, ein fahrrad- und fußgängerfreundliches Layout sowie gute Bus- und Bahnanbindungen gefordert. Daher sollte die öffentliche Hand darauf hinwirken, dass die City der Zukunft multifunktional, grüner und fußläufiger wird.
Zusammenfassend halten die Beteiligten am Forschungsprojekt fest: „Die große Stärke der Innenstädte ist die hohe Verdichtung, die zentrale Lage und Mobilitätsanbindung.“ Dadurch seien Städte schon immer ein Ort gewesen, an dem soziale Interaktion und Austausch stattfand. Innenstädte müssten diese ureigene Funktion wieder zurückgewinnen und das Ur-Bedürfnis der Menschen zum Sammeln und Austausch im physischen Raum befriedigen.