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28-09-2020 | Wertpapiergeschäft | Schwerpunkt | Article

Wertpapierabwicklung arbeitet häufig unrentabel

Author: Angelika Breinich-Schilly

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Der Middle- und Backoffice-Bereich der Wertpapierabwicklung verursacht 70 bis 80 Prozent der Kosten. Dennoch machen nur wenige Banken in Europa mittels Outsourcing oder neuen Technologien diesen Bereich effizienter, sagt eine aktuelle Untersuchung.

Eine im August veröffentlichte Untersuchung des Beratungshauses Zeb hat ermittelt, dass nichtberatende Frontoffices im europäischen Bankwertpapiergeschäft nur 20 bis 30 Prozent aller Kosten der Wertpapierwertschöpfungskette ausmachen. Das Gros der Kosten fällt hingegen für die Transaktionsverarbeitung und Verwahrungsaktivitäten im Middle- und Backoffice-Bereich an.

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Wertpapierhandel, Depotgeschäft und Wertpapierabwicklung

Nach der erfolgreichen Begebung eines Wertpapieres (Emissionsgeschäft) – einer Aktie oder einer Anleihe – erfolgt der Handel mit dem (emittierten und handelbaren) Wertpapier unter den verschiedenen Marktteilnehmern, seien es Banken, Versicherungen, Fondsgesellschaften oder auch private Investoren. Sie alle wollen investieren, d.h. ein Wertpapier erwerben, um es später wieder mit Ertrag verkaufen zu können.

"Mit dem Abschluss einer Transaktion ist der Handelsvorgang jedoch nicht abgeschlossen", erläutern Philipp Schuster, Erik Theissen und Marliese Uhrig-Homburg in ihrem Beitrag "Finanzwirtschaftliche Anwendungen der Blockchain-Technologie" den Prozess der Wertpapierabwicklung. 

Die gegenseitigen Lieferverpflichtungen müssen festgestellt werden (Clearing) und die Wertpapiere müssen vom Verkäufer an den Käufer sowie der Kaufpreis vom Käufer an den Verkäufer übertragen werden (Abwicklung oder Settlement). Derzeit erfolgt die endgültige Erfüllung einer Transaktion erst zwei Werktage nach dem Handelstag. Sie erfolgt unter Einschaltung einer Reihe spezialisierter Institutionen wie Broker, Clearinghäuser und Zentralverwahrer (Wertpapiersammelbanken, Central Securities Depositories)", schreiben die Autoren in "Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung" (Ausgabe 2 | 2020).

Backoffice-Kosten in der Vergangenheit kaum gesunken

Die meisten Initiativen zur Konsolidierung in diesem Bereich sind aber laut Zeb-Analyse gescheitert oder angesichts aktueller Erfordernisse in den Hintergrund getreten. So hätten die europäischen Banken ihre Middle- und Backoffice-Kosten in diesem Bereich in den letzten zwölf Jahren kaum verringern können.

Die Untersuchung hat insgesamt vier wesentliche Herausforderungen identifiziert, die Banken angehen sollten:  

  1. mangelnde Größe der jeweiligen Wertpapierabwicklungseinheiten,
  2. eine geringe Effizienz,
  3. ein unbefriedigender Beitrag zum Gesamtertrag der jeweiligen Institute
  4. sowie eine deutlich begrenzte Zukunftsfähigkeit der relevanten IT bei einem hohen Investitionsbedarf.

Dabei könnten Banken die Effizienz ihrer Wertpapiergeschäfte durch die Anwendung einer Reihe gezielter Maßnahmen um mehr als 25 Prozent steigern. Hierzu müssten die Institute ihre Prozesse standardisieren, eine stärkere Zentralisierung vorantreiben und gezielt automatisieren, um eine konsistente Datenverarbeitung zu erreichen. Laut Untersuchung belegen Beispiele aus der Praxis, dass entsprechende Effizienzmaßnahmen in der Wertpapierabwicklung mit automatisierten Prozessen und weniger Variationen Einsparungen von durchschnittlich 20 Prozent erbringen.

"Haben die Banken ihre Hausaufgaben im Backoffice gemacht, sind sie durch den Einsatz künstlicher Intelligenz in der Lage, komplexere Geschäftssituationen kostenorientiert zu bewältigen. Echtzeitindikatoren und -Benchmarks wie Social-Media-Reaktionen werten dann ihre Produkte als Vermögensverwalter auf und schaffen aus Sicht der Kunden einen deutlichen Mehrwert gegenüber der Konkurrenz", betont Zeb-Manager Martin Rietzel das Ergebnis. 

Gelingen könne dies den Instituten unter anderem durch eine substanzielle Skalierung, also Mehrgeschäft oder Zusammenlegung von Einheiten, der Steigerung des Wertbeitrags in der Gruppe sowie der Investition in die jeweilige IT, Outsourcing oder dem Einsatz von Cloud-Technologie.

Kostenersparnis durch Outsourcing

Wie kostensparendes Outsourcing auch im Hinblick auf die strengen regulatorischen Vorgaben gelingt, erläutern Joachim Dorschel und Goran Popcanovski im Bankmagazin-Beitrag "Wie die neuen Vorzeichen beim Outsourcing wirken" (Ausgabe 7-8 | 2020):

Bei Outsourcing-Vorhaben hat die Schnittstelle zwischen dem Zentralen Auslagerungsmanagement (ZAM) und der Retained Organisation, also der Organisationseinheit, die nach der Auslagerung im Unternehmen zurückbleibt, eine besondere Bedeutung. Zahlreiche Untersuchungen zeigen, dass eine wohlproportionierte Retained Organisation eine wesentliche Voraussetzung für erfolgreiches Outcoursing ist."

Hierzu müsse die Retained Organisation mit dem an regulatorischen Vorgaben orientierten und auf Vereinheitlichung und Standardisierung angewiesenen ZAM so verzahnt werden, dass eine regulatorikgerechte und zugleich effiziente Provider-Steuerung möglich ist. "In der Praxis ist das aber nicht immer leicht umzusetzen. Denn zwischen ZAM und Retained Organisation ist über die jeweiligen Verantwortungsbereiche und deren Integration in die Gesamtprozesse ein individueller Konsens nötig", erläutern die Autoren.

Schnellere Sicherheiten durch tokenisierte Wertpapierkörbe

Interessant ist auch ein Pilotprojekt, dass die Deutsche Börse gemeinsam mit der Deutschen Bundesbank initiiert hat. Im Mittelpunkt ihrer Anfang 2020 veröffentlichten Konzeptstudie steht der Einsatz von Distributed-Ledger-Technologie (DLT) im Sicherheitenmanagement der Wertpapierabwicklung. Diese Technologie biete grundsätzlich Vorteile in puncto Schnelligkeit und Verfügbarkeit von Sicherheiten. 

"Seit der globalen Finanzkrise haben die Bedeutung von Sicherheiten wie auch von Dienstleistungen im Bereich des Sicherheitenmanagements signifikant zugenommen. Ursache hierfür sind regulatorische Anforderungen und eine erhöhte Risikoaversion unter den Marktteilnehmern", heißt es bei der Bundesbank. Eine verbesserte Mobilität der Sicherheiten sei daher sowohl für Marktteilnehmer und Infrastrukturanbieter als auch für Zentralbanken als größte Sicherheitennehmer von Interesse.

Sowohl im Finanzdienstleistungssektor als auch im Zentralbankwesen seien verschiedene Initiativen gestartet worden, die darauf abzielen, die erforderlichen Sicherheiten "zur richtigen Zeit am richtigen Ort" zur Verfügung zu stellen. Laut Studie leisteten DLT-basierte Lösungen einen Beitrag dazu, dieses Ziel sowie weitere Effizienzsteigerungen zu erreichen, da tokenisierte Wertpapiere und Wertpapierkörbe die Mobilität von Sicherheiten deutlich verbessern.

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