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2020 | Book

Wie wollen wir leben?

Über unsere Zukunft entscheiden wir selbst

Author: Prof. Dr. Gerhard Gründer

Publisher: Springer Berlin Heidelberg

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About this book

Stellen Sie sich auch die Frage, wie stark Ihr Denken, Ihr Fühlen und Ihr Verhalten durch Ihre Gene und Ihre Biologie bestimmt sind? Haben Sie Zweifel daran, dass der Eingriff in unsere Hirnchemie uns zu glücklicheren und zufriedeneren Menschen macht? Sind Sie skeptisch, dass Computeralgorithmen Ihr Wesen als Mensch erfassen können?

Dieses Sachbuch stellt das Weltbild des „göttlichen Menschen“ (Harari), in dem der Mensch durch seine Biologie determiniert ist und die Medizin zu seiner Optimierung dient, infrage. Der Autor zeigt, dass wir die aktiven Gestalter unserer Lebensbedingungen sind und damit über die eigene physische und psychische Gesundheit bestimmen.

Lassen Sie sich anregen zur Mitarbeit bei der Gestaltung der Zukunft einer menschlichen Gesellschaft, in der wir zu entscheiden haben, wo wir leben, wie wir miteinander leben, wie wir arbeiten und wie wir uns bilden.

Zielgruppen:

Ideal für alle, die sich für die Grundlagen von Hirnforschung, Psychologie und Psychiatrie interessieren und die sich Gedanken über das Wesen des Menschen und dessen Zukunft machen.

Zum Autor:

Prof. Dr. Gerhard Gründer, Psychiater und Psychotherapeut, ist Professor an der Universität Heidelberg. Er leitet die Abteilung für Molekulares Neuroimaging am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim.

Table of Contents

Frontmatter

Wie ich nicht leben will

Frontmatter
Kapitel 1. Warum dieses Buch?
Zusammenfassung
Was hat den Autor zum Schreiben des Buches motiviert? Amerikanische Wissenschaftler wollen die „Opioid-Krise“ in den USA durch ein besseres Verständnis der Hirnchemie lösen, in der New York Times feiert ein Kolumnist ein neues Medikament als die „Lösung“ gegen steigende Suizidzahlen, und ein israelischer Bestsellerautor erklärt den Eingriff in die Hirnchemie als den Weg zum „globalen Glück“. Ein biologischer Reduktionismus macht sich breit, und eine humanistische Menschensicht wird von Journalisten als „überholt“ bezeichnet. Sind wir auf dem richtigen Weg?
Gerhard Gründer
Kapitel 2. Eine Bestandsaufnahme: Unsere Welt zu Beginn des 21. Jahrhunderts
Zusammenfassung
Für die meisten Menschen auf dieser Erde ist das Leben auf dieser Erde gerade in den letzten 200 Jahren besser geworden. Wir leben deutlich länger, immer weniger Menschen hungern oder sind Analphabeten. Diese Entwicklung steht jedoch in deutlichem Kontrast zu unserer psychischen Gesundheit. Die weltweite Krankheitslast durch psychische Störungen steigt beständig, mehr als eine Milliarde Menschen sind von einer psychischen Störung oder einer Suchterkrankung betroffen. Besonders häufig sind Depressionen und stressassoziierte Erkrankungen, Suizidzahlen steigen, besonders in den USA, und hier vor allem – besonders besorgniserregend – bei jungen Mädchen. Haben wir die richtigen Antworten auf diese Entwicklungen?
Gerhard Gründer
Kapitel 3. Die Antwort der modernen Biomedizin
Zusammenfassung
Seit mehr als zwanzig Jahren steigen die Verordnungen von Antidepressiva in allen industrialisierten Ländern der Welt. In Deutschland haben sie sich seit 2005 mehr als verdoppelt. Bis zu 10 % der Erwachsenen, in den USA sogar mehr als 12 %, nehmen dauerhaft ein Antidepressivum ein. Gleichzeitig sind wir jedoch nicht psychisch gesünder geworden. Während Psychopharmaka bei vielen schwereren psychischen Störungen ein Segen sind, die Leiden verringern, stellt die Verschreibung gerade von Antidepressiva heute vielfach einen unzureichenden Versuch dar, Menschen an als zunehmend lebensfeindlich erlebte Lebens-, Wohn- und Arbeitsumstände anzupassen. Sie vermindern die Intensität von Gefühlen wie Trauer und Angst, die evolutionär sinnvoll sind, weil sie zur Veränderung von Persönlichkeit und Umwelt motivieren.
Gerhard Gründer
Kapitel 4. Der Mensch – ein unterentwickelter Computer?
Zusammenfassung
„Big Data“ ist das neueste große Heilsversprechen der Psychiatrie. Hier wird uns versprochen, psychische Erkrankungen früher und besser diagnostizieren und dann auch erfolgreicher behandeln zu können, wenn wir nur genug Daten über das Individuum gesammelt und ihn damit „erklärt“ haben. Der Mensch, reduziert auf sein Gehirn, wird hier als eine Biomaschine verstanden, die durch eine künstliche Intelligenz simuliert und deren Verhalten dann folglich auch exakt vorausgesagt werden kann. Das Gehirn ist nach diesem Verständnis ein, allerdings weniger leistungsfähiger, Computer. Von der Realisierung einer solchen Utopie sind wir jedoch noch weit entfernt, und wie sich eine Therapie aus den gewonnenen Einsichten ableiten lässt, ist derzeit komplett im Dunkel.
Gerhard Gründer

Warum Biologie kein Schicksal ist

Frontmatter
Chapter 5. Volkskrankheiten des 21. Jahrhunderts
Zusammenfassung
Demenzen und Depressionen zählen zu den großen Volkskrankheiten des 21. Jahrhunderts, deren Bedeutung in immer älter werdenden Bevölkerungen stetig wächst. Die wirkungsvollsten Maßnahmen zu ihrer Vermeidung sind nicht therapeutische, sondern prophylaktische. Gleichzeitig erhöhen diese Maßnahmen auch das körperliche und psychische Wohlbefinden und sie erhalten die kognitive Leistung. Neue Schätzungen legen nahe, dass sich 30 % aller Demenzen durch Veränderungen des Lebensstiles vermeiden lassen. Zu den protektiven Lebensstilfaktoren gehören Bildung, Vermeidung von Übergewicht, körperliche Aktivität, Vermeiden von Rauchen, Normalisierung von Blutdruck und Blutzucker, Pflege sozialer Beziehungen und die Behandlung von Depressionen und Schwerhörigkeit.
Gerhard Gründer
Chapter 6. Gesundheit und Wohlbefinden – was kann jeder tun?
Zusammenfassung
Nichts hat so gut belegte Auswirkungen auf die körperliche und geistige Gesundheit wie körperliche Bewegung, es muss nicht einmal Sport sein. Bewegung reduziert nicht nur die Risiken für kardiovaskuläre Erkrankungen, Schlaganfälle und zahlreiche Krebserkrankungen und verringert die Sterblichkeit, sie verringert auch die Risiken für Demenzen und Depressionen und erhält die geistige Leistungsfähigkeit. Der zweite wichtige Lebensstilfaktor, dessen Bedeutung nicht nur für unsere körperliche Gesundheit, sondern auch für unser psychisches Wohlbefinden und unsere kognitive Leistung nicht überschätzt werden kann, ist die Ernährung. Kalorienrestriktion und eine pflanzenbasierte Ernährung, die arm ist an tierischem Fett und Fleisch, haben die bedeutsamsten, empirisch belegten Effekte. Achtsamkeitsbasierte Meditationstechniken ergänzen die Maßnahmen für Erhalt und Steigerung der psychischen Gesundheit.
Gerhard Gründer
Chapter 7. Der Mensch beeinflusst seine Biologie – wie Weltbilder die Zukunft formen
Zusammenfassung
Die biomedizinische Forschung suggeriert in ihrer Grundhaltung, dass unsere körperliche und psychische Gesundheit und unsere Risiken, körperlich oder auch psychisch zu erkranken, durch unsere Biologie, und hier vor allem durch unsere Gene, determiniert sind. Was aber für körperliche Erkrankungen nicht gilt, ist noch viel weniger richtig für psychische Erkrankungen. Über unsere psychische Gesundheit und unser Wohlbefinden entscheiden wir in weiten Teilen selbst, einmal durch unsere individuelle Lebensführung, viel mehr jedoch durch die Gestaltung unserer Lebensumwelt. Wie stark wir biologisch determiniert sind und uns fühlen, ist eine Frage der individuellen Haltung, des „Mindset“, aber auch eine Frage des Weltbildes unserer Gesellschaft.
Gerhard Gründer

Wie wollen wir zukünftig leben? Ein Gegenentwurf zum „göttlichen Menschen“ Hararis

Frontmatter
Kapitel 8. Wie wir wohnen und leben
Zusammenfassung
Immer mehr Menschen wohnen in Städten, bis 2050 werden dort fast 70 % der Weltbevölkerung leben. Was für viele Menschen, die in die Städte ziehen, eine Zunahme ihrer Lebensqualität bedeutet, stellt auch eine Herausforderung dar. Menschen, die in großen Städten aufwachsen, haben ein höheres Risiko, an einer psychischen Störung zu erkranken, und das Leben in der Stadt ist mit erhöhtem psychosozialen Stress assoziiert. Städter erkranken an den meisten psychischen Erkrankungen häufiger. Eine grüne Umgebung wiederum reduziert diese Risiken und ist mit besserer kognitiver Leistung assoziiert. Planer der Städte der Zukunft, vor allem in den explodierenden Megastädten Asiens und Afrikas, müssen diesen Beobachtungen Rechnung tragen, wenn wir nicht mit einer immer höheren Krankheitslast durch psychische Erkrankungen umgehen wollen.
Gerhard Gründer
Kapitel 9. Wie wir arbeiten
Zusammenfassung
Wahrscheinlich hat nichts unseren Alltag in den letzten 30 Jahren mehr verändert als unsere Art zu arbeiten. Internet und Email als allgegenwärtige Zeichen von Technologisierung und Globalisierung haben unser Arbeitsleben in einer Weise beschleunigt, wie es nur noch die über 50-Jährigen ermessen können. Die Auswirkungen dieser Beschleunigung auf unsere psychische Gesundheit lassen sich kaum überschätzen. Es sind vor allem jene Menschen, die gut vernetzt sind und von und mit der Digitalisierung leben, die besonders unter dem damit verbundenen Stress leiden. Technologisierung und Globalisierung führen auch zu zunehmender Isolation. Vernetzung und die weltweite Mobilität von Millionen von gut ausgebildeten jungen Menschen aus wirtschaftlich aufstrebenden Staaten bedrohen den Wohlstand und sozialen Frieden in den Ländern der industrialisierten Welt. Zusammen stellen diese sich beschleunigenden globalen Trends bedeutende Herausforderungen für unsere psychische Gesundheit dar, denen wir uns proaktiv stellen werden müssen.
Gerhard Gründer
Kapitel 10. Wie wir zusammenleben
Zusammenfassung
Gerade die industrialisierten Staaten dieser Welt sind in besonderem Maße durch die moderne Epidemie von sozialer Isolation und Einsamkeit bedroht. Einsamkeit erhöht unser Risiko für Depressionen und Demenzen, und sie verkürzt unsere Lebenserwartung. Einsamkeit ist kein Problem des Individuums, das sich also durch eine individuelle Intervention (z. B. durch ein Pharmakon) lösen lässt, sondern eines der sozialen Organisation. Ursachen für die epidemische Zunahme von Einsamkeit sind das rasche Wachstum von Technologie und sozialen Medien, die Globalisierung und die Polarisierung von Gesellschaften. Technologie und Globalisierung haben die Lebensqualität weltweit in bedeutsamem Maße gesteigert, gleichzeitig aber haben sie auch das soziale Miteinander verändert und die traditionellen sozialen Verbindungen zerstört. Auch dieser Bedrohung unserer psychischen Gesundheit müssen wir uns annehmen.
Gerhard Gründer
Chapter 11. Welches Gesundheitssystem wir uns wünschen
Zusammenfassung
Es ist nicht die Menge an Geld, die wir in unser Gesundheitssystem investieren, die über unsere Gesundheit entscheidet. Die USA haben weltweit die mit weitem Abstand höchsten Gesundheitsausgaben, dabei ist ihre Lebenserwartung, die seit einigen Jahren sogar rückläufig ist, im Vergleich nur mittelmäßig, zudem gehören Amerikaner zu den am stärksten gestressten und nur mäßig glücklichen Menschen. Bedeutsame soziale Determinanten von Gesundheit werden vom amerikanischen Gesundheitssystem völlig ignoriert. Regierungen, die die Gesundheit eines Volkes erhalten und steigern wollen, müssen sozioökonomische Unterschiede verringern, Armut bekämpfen und für bestmögliche Bildung für alle sorgen. Ein gutes Gesundheitssystem entwickelt sich von einem primär kurativen zu einem präventiven System.
Gerhard Gründer
Chapter 12. Wie wir uns bilden und ausbilden
Zusammenfassung
Armut ist eine wichtige Determinante psychischer Gesundheit, und Armut ist eine Folge mangelnder Bildung. Wir glauben, dass intelligente, kognitiv leistungsfähige Menschen es zu größerem Erfolg, mehr Reichtum und einem höheren sozioökonomischen Status bringen. Auch darin drückt sich jedoch wieder unser biologistisch-deterministisches Weltbild aus, nach dem Menschen mit unterschiedlichen, genetisch festgelegten Fähigkeiten geboren werden, und entsprechend dieser Fähigkeiten erreichen sie unterschiedlichen Wohlstand, Reichtum und Status. Es geht jedoch auch umgekehrt: Armut beeinflusst sogar unsere kognitive Leistungsfähigkeit. Reduziert man Armut, nimmt die kognitive Leistung der Menschen zu, und damit auch die Möglichkeiten zur Gestaltung des eigenen Lebens. Es gibt keinen besser belegten Zusammenhang als den zwischen dem Risiko für psychische Erkrankung einerseits und Armut und Mangel an Bildung andererseits. Bildung ist ein wichtiger Schlüssel zu besserer Gesundheit.
Gerhard Gründer
Chapter 13. Wege in die Zukunft
Zusammenfassung
Ein besseres Verständnis der Biologie des Gehirns hat uns wesentliche Erkenntnisse über die Natur des Menschen und die biologische Basis von psychischen Erkrankungen geliefert. Das alleine wird jedoch nicht ausreichen, um die „globale Krise der psychischen Gesundheit“ zu bewältigen. Es sind zahlreiche soziokulturelle Faktoren, die unser Wohlbefinden beeinflussen, und diese können wir selbst gestalten. Die Einführung der 15-h-Woche oder das bedingungslose Grundeinkommen werden jedoch nicht die Auswirkungen von Armut und Ungleichverteilung von Wohlstand auf unsere Gesundheit beheben. Die Menschen werden nicht dadurch gesünder, dass man ihnen ein bisschen mehr Geld gibt für weniger oder gar keine Arbeit. Sie werden sich besser bilden und ausbilden müssen, damit sie eine Arbeit ausüben, die sie erfüllt und ihnen das Gefühl gibt, einen sinnvollen Beitrag zum Gemeinwesen zu leisten und das Leben auf diesem Planeten ein kleines bisschen besser zu machen, und sei es nur im kleineren, lokalen sozialen Netzwerk.
Gerhard Gründer
Backmatter
Metadata
Title
Wie wollen wir leben?
Author
Prof. Dr. Gerhard Gründer
Copyright Year
2020
Publisher
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-61713-7
Print ISBN
978-3-662-61712-0
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-61713-7