Das Konzept windCORES integriert Rechenzentren direkt in Windkraftanlagen und nutzt den dort erzeugten Strom, um nahezu CO₂-neutrale IT-Infrastrukturen bereitzustellen. Dies bietet sowohl ökologische als auch ökonomische Vorteile. Henrik Hasenkamp, CEO von gridscale, erklärt im Interview, wie das genau funktioniert.
Henrik Hasenkamp, CEO von gridscale
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springerprofessional.de: Inwieweit ist das Konzept auf eine größere Anzahl von Windenergieanlagen und unterschiedliche Standorte übertragbar?
Henrik Hasenkamp: windCORES kann flexibel an vielen Standorten eingesetzt werden – in Deutschland gibt es über 2.000 potenzielle Standorte. Je nach technischen Anforderungen der Kunden gibt es verschiedene Ausprägungen möglicher Infrastrukturen: High Performance Computing (HPC) richtet sich an leistungsstarke IT-Anwendungen mit hohem Energiebedarf. Bei klassischem Colocation dagegen steht die Rechenzentrumsfläche im Vordergrund. Zwischen diesen beiden Varianten gibt es zahlreiche Anpassungsmöglichkeiten, die sowohl technisch als auch wirtschaftlich flexibel gestaltet werden können.
Wie werden Wartungsarbeiten an den IT-Systemen innerhalb der Windkraftanlagen durchgeführt?
Die Wartung erfolgt ähnlich wie bei herkömmlichen Rechenzentren, jedoch unter Berücksichtigung der Windenergieanlage als eigenständige Anlage. Das Rechenzentrum wird rund um die Uhr überwacht. Statusmeldungen und Sensordaten werden erfasst und Fehler oder Warnungen direkt an die Leitwarte oder Techniker weitergeleitet. Diese können aus der Ferne oder vor Ort eingreifen. Bestimmte Systeme wie Klimaanlage, unterbrechungsfreie Stromversorgung und Netzwerkkomponenten werden in festgelegten Intervallen überprüft. Serviceeinsätze erfolgen je nach Bedarf bei Störungen oder Optimierungsmaßnahmen.
Welche besonderen Sicherheitsmaßnahmen sind erforderlich?
Das ist zum einen die Trennung der Gewerke. Der Bereich des Rechenzentrums ist strikt von dem der Windkraftanlage getrennt. Das Personal der Windenergieanlage hat keinen Zugang zum Rechenzentrum und umgekehrt. Zum anderen sind es allgemeine Schutzmaßnahmen wie Hochspannungsschutz, Absturzsicherung und weitere Sicherheitsvorkehrungen, die für Arbeiten in Windkraftanlagen und Rechenzentren erforderlich sind.
Können in Windkraftanlagen integrierte Rechenzentren in Bezug auf Leistung und Kapazität mit herkömmlichen Rechenzentren mithalten?
Ja, durchaus. Vor allem, wenn man die Standorte als vernetzte Cluster betrachtet, die schnell skalierbar sind. So können Infrastrukturen jeder Größe, Kapazität und Leistung realisiert werden.
So könnten die Rechenzentren in den Windkraftanlagen installiert werden.
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Wie wird sichergestellt, dass die direkte Nutzung von Windstrom für IT-Systeme die Stabilität des lokalen Stromnetzes nicht beeinträchtigt, insbesondere bei schwankender Windstromproduktion?
Die Netzinfrastruktur von Windenergieanlagen ist grundsätzlich auf Schwankungen ausgelegt. Derzeit ist der Energiebedarf der IT-Systeme im Verhältnis zur erzeugten Windenergie gering, so dass keine Beeinträchtigungen zu erwarten sind. Zukünftig wird ein Lastmanagement durch IT-Lastschaltungen (primär bei HPC/GPU-Anwendungen) und den Einsatz von Stromspeichern erfolgen.
Wie ist das Kosten-Nutzen-Verhältnis dieses Modells im Vergleich zu konventionellen Rechenzentren?
windCORES bietet speziell im Bereich des High-Density-Computing mit hohen Leistungsdichten wirtschaftliche Vorteile. Die flexiblen technischen Anpassungsmöglichkeiten wirken sich direkt auf die Kosten aus. Durch die günstigen Strompreise sind sowohl die Investitions- als auch die Betriebskosten geringer als bei konventionellen Rechenzentren. Der Markttrend geht genau in diese Richtung.