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02-10-2013 | Windenergie | Interview | Article

Vorreiter für Grüne Energie in Kommunen

Author: Günter Knackfuß

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Die Green City Energy AG steht für den Umbau der Energieversorgung auf 100 Prozent Erneuerbare Energien. Wir sprachen mit Jens Mühlhaus, Vorstand der Green City Energy AG, über die Kommunale Energieberatung. Die Gesellschaft erstellt für Landkreise und Kommunen Energienutzungspläne sowie Energie- und Klimaschutzkonzepte, welche die individuellen Einspar- und Potenziale der Region sowie die politische Durchsetzbarkeit erfassen und bewerten. Auch bei der Umsetzung der Pläne bietet das Unternehmen aktive Unterstützung.

Springer für Professionals: Ihr Unternehmen wurde gerade mit dem Energy Globe Award France 2013 ausgezeichnet. Wofür gab es diesen Preis?

Jens Mühlhaus: Wir wurden für die Modernisierung und Revitalisierung von französischen Kleinwasserkraftwerken als Bürgerbeteiligungsmodell als bestes Länderprojekt in Frankreich ausgewählt. Über die Vergabe entscheidet eine renommierte internationale Jury, zu deren Mitgliedern unter anderem Maneka Gandhi sowie Franz-Joseph Radermacher zählen. Wir freuen uns besonders, dass dieses schöne Projekt gewonnen hat, das Ökologie und Ökonomie so sinnvoll vereint. Da es sich um schon bestehende Kraftwerke handelt, sind keine großen Neueingriffe in die Gewässerökologie nötig. Stattdessen wird der Status quo durch neue Fischtreppen und andere Maßnahmen noch verbessert und anhand neuer Technik kann das Potential des Standortes gleichzeitig effizienter genutzt und die Wertschöpfung gesteigert werden. Durch das finanzielle Beteiligungsmodell profitieren davon auch die Bürger, die in das Projekt investiert haben.

Sie nennen sich "Der alternative Energie-Dienstleister". Was bedeutet dabei alternativ?

Die Antwort auf diese Frage liegt einerseits in unserem ökologischen Unternehmenshintergrund als Tochter eines gemeinnützigen Umweltschutzvereins und unserem Unternehmensziel eines dezentralen und demokratischen Umbaus der Energieversorgung auf 100 Prozent Erneuerbare Energien. Demnach bezieht sich das "alternativ" also auf den aktiven Ausbau einer alternativen Energiegewinnung.
Zum anderen wollten wir aber auch von Anfang an – und das nebenbei gesagt auch lange bevor einige großen Unternehmen der Erneuerbaren Energiebranche aufs Trittbrett gesprungen sind – einen alternativen Ansatz aufzeigen, der die Energiegewinnung im Gegensatz zu dem konventionellen zentralen Modell mit allen Wertschöpfungssteigerungen und Mitspracherechten in die Hand der Bürger legt. Deshalb projektieren und bauen wir Erneuerbare Energieanlagen und bieten sie privaten Anlegern als finanzielles Bürgerbeteiligungsmodell an.

Sie unterstützen vier Typen von Energieanlagen. Welche sind das und welche Projekte werden gegenwärtig realisiert?

Begonnen haben wir mit Bioenergieanlagen und kleinen Bürgersolarparks, wobei die Anlagengrößen im Laufe der Zeit sozusagen proportional zu unserem Unternehmen gewachsen sind, unser größter Solarpark in Delitzsch aus dem Jahr 2011 hat eine Gesamtleistung von über 8 MWp. Durch die radikale Beschneidung der Einspeisevergütung für Solarstrom Mitte 2012 sind Bürgersolarparks dieser Größe aktuell leider nicht mehr attraktiv. Da sich diese Entwicklung für Branchenkenner aber schon lange abgezeichnet hat, haben wir unseren Schwerpunktwechsel schon seit dem Jahr 2008 vorbereitet.
Inzwischen haben wir uns auch aus der komplizierten Projektierung von Bioenergieanlagen zurückgezogen und der Fokus liegt ganz klar auf Windenergie und Kleinwasserkraft. Der Energy Globe Award und das große Anlegerinteresse an dem reinen Eigenkapitalfonds Wasserkraft Frankreich zeigen uns, dass unser Ansatz im Bereich Wasserkraft aufgeht. Wir haben inzwischen ein festes Wasser-Team von insgesamt zehn Experten in Deutschland und unserer Dependance in Toulouse, die weitere Projekte vorbereiten. Mit 20 Mitarbeitern ist das Wind-Team sogar noch umfangreicher und auch hier haben wir einige Projekte in konkreter Planung. Ziel ist, das bislang stark vernachlässigte Wind-Potential in Süddeutschland auszubauen, das durch den Fortschritt der Technik mittlerweile ebenfalls wirtschaftlich nutzbar ist. Der Windpark Bayerischer Odenwald als erster reiner Windpark von Green City Energy mit fünf Nordex-Anlagen mit einer Gesamtleistung von 12 MW in der Nähe von Miltenberg wurde kürzlich voll platziert, einen weiteren bayrischen Windpark haben wir in konkreter Vorbereitung. Außerdem konzeptionieren wir mit dem Kraftwerkspark II aktuell ein Anleihenmodell, das verschiedene europäische Wind- und Wasserkraftanlagen bündelt. Interessenten können aus unterschiedlichen Laufzeiten von zehn beziehungsweise 20 Jahren wählen. Das maximale Emissionsvolumen des Kraftwerksparks II beträgt 50 Millionen Euro.

Wo sehen sie aktuell die größten Hemmnisse?

Das größte Hemmnis ist vor allem die wankelmütige energiepolitische Haltung der bisherigen Regierung, die nicht hinter der bürgergewollten Energiewende steht und ihrem Gelingen auf Schritt und Tritt Steine in den Weg legt. Ein gutes Beispiel dafür ist das aktuelle Vorgehen unseres alten und neuen bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer. Erst wird im bayerischen Energiekonzept „energie innovativ“ ein Ausbauziel von 1.500 Windenergieanlagen in Bayern bis 2021 beschlossen, dann reicht Herr Seehofer gemeinsam mit dem sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich eine Bundesratsinitiative zur Änderung des Baugesetzbuches ein, die ihm letztlich ermöglichen soll, eine Mindestabstandsregelung von Windenergieanlagen zur nächstgelegenen Wohnbebauung von einer zehnfachen Anlagenhöhe einzuführen. Jedem Experten ist sofort klar, dass im Zusammenspiel mit den restlichen Belangen damit auf einen Schlag so gut wie alle nutzbaren Flächen für Windenerie in Bayern ausfallen würden und das Ausbauziel niemals erreicht werden könnte. Auch Horst Seehofer ist das natürlich klar. Deshalb wurde nach diesem medienwirksamen Spektakel, mit dem er wohl hoffte, in Vorbereitung auf die Landtagswahl besorgte Wähler anzuwerben, in aller Stille die Behandlung der entsprechenden Gesetzesinitiative in mehreren Ausschüssen des Bundesrats vertagt. Der Bundesrat ist rot-grün dominiert und Seehofer hätte eine eindeutige Niederlage riskiert, die er im empfindlichen Vorwahlen-Stadium natürlich nicht gebrauchen konnte. Hier zeigt sich die Absurdität. Auch die Abwehrhaltung der Bundesregierung hebt sich davon nicht sehr ab.
Doch die Energiewende kam ja letztlich schon immer von unten, nur auf den Druck der Bevölkerung hin hat die Bundesregierung die Energiewende 2011 überhaupt beschlossen. Auch heute stehen nach aktuellen Umfragen ganze 93 Prozent der Deutschen hinter der Energiewende (TNS Infratest/Stand10/2012). So ist es also auch weiterhin an den Bürgern und Kommunen, für eine nachhaltige Energiezukunft zu kämpfen. Unser Motto in dieser Hinsicht lautet: Wo andere nur reden, machen wir es einfach, gemeinsam mit den Bürgern und Kommunen. Wir sind überzeugt, dass die Energiewende keinesfalls mehr aufzuhalten ist.

Wie würden sie ihr Leistungsangebot der "Kommunalen Energieberatung" beschreiben?

Unsere Kommunale Energieberatung (KEB) hat ein breit gefächertes Angebot in verschiedenen Umfängen. Hauptsächlich geht es natürlich darum, den Kommunen aktive Unterstützung in dem teilweise verwirrenden Weg zur eigenen lokalen Energiewende zu bieten. Oft fehlen ganz einfach Knowhow, personelle Kapazitäten und auch die Finanzmittel. Für all diese Probleme bieten wir eine Lösung. Unsere KEB erstellt gemeinsam mit unserem Partner KlimaKom – oft im Rahmen einer Förderung der Bundesumweltministeriums – in Zusammenarbeit mit den Bürgern und Experten vor Ort ein Energiekonzept, das die lokalen erneuerbaren Ausbau- oder auch Energiesparpotentiale erhebt und die verschiedenen Szenarien aufzeigt. Auch nach der Fertigstellung und Verabschiedung des Konzepts steht die KEB den Kommunen mit Rat und Tat zur Seite. Bei der Umsetzung der Potentiale kommt auf Wunsch natürlich unser restliches Unternehmen ins Spiel. Durch die Konzeption der regenerativen Energieanlagen als Bürgerbeteiligungsmodelle entfällt die nötige finanzielle Vorleistung der Kommunen beinahe komplett, es gibt auch die Möglichkeit eines interkommunalen Modells, wie wir es aktuell für drei Gemeinden und eine Energiegenossenschaft planen. In diesem Fall befinden sich die Anlagen nach Ende der Laufzeit zu 51 Prozent im Besitz der beteiligten Kommunen und der Genossenschaft, sie können also langfristig auch selbst über den grünen Strom verfügen. Das ist ein Vorteil unseres Unternehmens: Mit mehr als 300 umgesetzten Projekten und 21 emittierten Bürgerbeteiligungsmodellen können wir auf einen großen Erfahrungsschatz zurückgreifen und wir bieten alles aus einer Hand.

Über 300 umgesetzte Energie-Projekte sprechen für sich. Wie beurteilen sie die künftige Entwicklung?

Ich denke, die künftige Entwicklung hängt stark mit den Ergebnissen der Bundestagswahl zusammen. Auch wenn das Erneuerbare-Energie-Gesetz ganz klar überarbeitet werden muss, ist es vom Grundsatz her doch der richtige Ansatz. Die Energiewende ist zwar nicht umkehrbar und auf lange Sicht ohnehin alternativlos, doch sie wäre einfacher umzusetzen, wenn die Regierung wirklich hinter dem Projekt stünde und der ständige politische Gegenwind wegfallen würde. Doch auch andernfalls werden wir weitermachen wie bisher: Durch die aktive Einbindung der Kommunen und Bürger arbeiten wir Tag für Tag an einem dezentralen und demokratischen Energieumstieg.

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