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2021 | Book

Wirtschaft, Gesellschaft und Politik

Sozioökonomische und politische Bildung in Schule und Hochschule

Editors: Prof. Dr. Christian Fridrich, Prof. Dr. Udo Hagedorn, Prof. Dr. Reinhold Hedtke, Prof. Dr. Philipp Mittnik, Prof. Dr. Georg Tafner

Publisher: Springer Fachmedien Wiesbaden

Book Series : Sozioökonomische Bildung und Wissenschaft

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About this book

Die Verflechtungen von Wirtschaft, Gesellschaft und Politik bestimmen so offensichtlich die sozioökonomischen und politischen Strukturen und Problemlagen, die gegenwärtigen Denk- und Handlungsweisen sowie die kollektive Wahrnehmung von Lösungsoptionen, dass ihre immer noch geringe Beachtung in Hochschullehre und Schulbildung verwundert. Phänomene wie Pandemien, Klimawandel, Migration oder Autoritarismus machen die engen, komplexen und widersprüchlichen Zusammenhänge von Wirtschaft, Gesellschaft und Politik aktuell erfahrbar. Vor diesem Hintergrund ist Aufklärung durch sozioökonomische Forschung, Lehre und Bildung dringend geboten. Dazu will der Themenband beitragen, indem er Forschungsbeiträge zu Problemkomplexen wie Wirtschaft und Demokratie, Perspektivität und Multiperspektivität, Situation, Interesse und Politik, Subjekt und Subjektivierung sowie Disziplin und Curriculum präsentiert.

Table of Contents

Frontmatter
Wirtschaft, Gesellschaft und Politik – Sozioökonomische und politische Bildung in Schule und Hochschule
Eine kurze Einführung in den Themenband
Zusammenfassung
Die vielfältigen Verflechtungen von Wirtschaft, Gesellschaft und Politik bestimmen so offensichtlich die individuellen und kollektiven sozioökonomischen Lagen, Limitierungen und Möglichkeiten, Denk- und Handlungsweisen, gesellschaftlichen und politischen Probleme und Optionen, dass man sich nur wundern kann, wie wenig Aufmerksamkeit sie im Kontext von hochschulischer Lehre und schulischer Bildung immer noch erfahren. Es sind nicht zuletzt Phänomene wie Pandemien, Erderwärmung, Migration oder Autoritarismus, durch die die engen, komplexen und widersprüchlichen Zusammenhänge von Wirtschaft, Gesellschaft und Politik erfahrbar werden. Sie verlangen nach Aufklärung durch sozioökonomische Forschung, Lehre und Bildung.
Christian Fridrich, Udo Hagedorn, Reinhold Hedtke, Philipp Mittnik, Georg Tafner

Wirtschaft und Demokratie

Frontmatter
The Problematic Dominance of Economics in Public Policy
Abstract
The discipline of economics has long dominated the role of the social sciences in public policy. While this can partly be explained by the superior sophistication of economic theory, this is in itself partly the result of the tendency of economists to ignore complex variables that stand outside its own sphere. A number of policy examples are discussed, which demonstrate some of the negative consequences that have flowed from this: enduring economic geographical inequalities among cities and regions; the impact of unregulated globalization; the initial construction of the single European currency; recent labour market reforms; and the use of market analogues in public services. It will be concluded that the quality of much public policy-making in many countries would have been improved if the knowledge and insights of other social sciences had had access to policy-makers alongside economists. This would however demand a greater willingness among decision-makers to accept ambiguity and uncertainty in the advice that they receive from social scientists.
Colin Crouch
Society, Democracy, and Economics: Challenges for Social Studies and Citizenship Education in a Neoliberal World
Abstract
In 1989, Francis Fukuyama declared the “end of history”, arguing the collapse of the Soviet Union, end of the Cold War, and universalization of liberal-democracy was the end point of humankind’s ideological evolution. Since then we have witnessed a continued retreat of civil rights, a massive rise in inequality, and liberal-democracy has now delivered a string of illiberal authoritarian, nationalist leaders worldwide. Many analyses of right-wing populism are dualistic—creating a narrative of democracy against right-wing nationalism. Individualism is at the heart of classical liberalism and as such the root of the democratic crisis, represented by the contemporary rise of so-called populism. In this paper I explore national democracies and the relationship between bourgeois democracy and fascism. Given what we know about the state of democracy in the world today, is it even possible to teach for a democracy that is not dominated by capital? Do we want to teach for capitalist democracy? Is there an alternative? Is the concept of democracy bankrupt? Is democracy as a concept and practice even salvageable? If democracy is salvageable then teaching about and for democracy in contemporary times cannot be done without engaging the complexities and contradictions that have come to define what real existing (or non-existing) democracy is and its relationship with fascism and populism.
E. Wayne Ross

Perspektivität

Frontmatter
Ökonomische Phänomene und multidisziplinäre Perspektiven von Jugendlichen mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf
Zusammenfassung
Ökonomische Phänomene, wie z. B. „Geld“ oder „Preis“, lassen sich domänenspezifisch – etwa ökonomisch oder soziologisch – analytisch trennen und betrachten. In realen Wirkungszusammenhängen ist eine solche Trennung jedoch nicht aufrechtzuerhalten: So hat „Geld“ ökonomisch betrachtet verschiedene Funktionen, aber in der Interaktion mit Anderen nimmt Geld zugleich auch soziologische Funktionen ein (z. B. Wertschätzung der Arbeit durch die Zahlung eines höheren Lohns). Wenn die Perspektive der Lernenden als Ausgangspunkt von Lehr- und Lernprozessen berücksichtigt wird, stehen Lehrpersonen im sozialwissenschaftlichen Unterricht vor der Herausforderung zum einen die Vorstellungen ihrer Lerngruppe zu eruieren bzw. zu antizipieren. Zugleich müssen komplexe gesellschaftliche Zusammenhänge didaktisch reduziert werden, ohne dabei Wirkungszusammenhänge oder gesellschaftliche Problemstellungen durch Simplifizierung falsch oder stark modellhaft zu thematisieren, sodass erworbene Kompetenzen nicht auf die Lebenswelt übertragbar sind. Der vorliegende Beitrag setzt sich mit den Perspektiven von Lernenden mit und ohne Förderbedarf auseinander. Die Vorstellungen der Lernenden werden u. a. hinsichtlich ausgewählter Teilfacetten wie der Berücksichtigung nicht beobachtbarer Aspekte oder der Konnotation der Vorstellungsdimensionen analysiert. Auf dieser Grundlage werden abschließend Konsequenzen für den sozioökonomischen Unterricht und die fachdidaktische Forschung abgeleitet.
Anja Bonfig
Die wirtschaftlichen Bedürfnisse der Menschen bewerten
Wissenschaftliche Mehrperspektivität und Theorienpluralismus in Schulbüchern der fünften Klasse Geografie und Wirtschaftskunde in Österreich
Zusammenfassung
In der vorliegenden Schulbuchstudie diskutieren wir, ob und wie das fachdidaktische Prinzip wissenschaftliche Mehrperspektivität und Theorienpluralismus in österreichischen Geografie und Wirtschaftskunde Schulbüchern der Sekundarstufe II umgesetzt wird. Dafür haben wir alle approbierten Schulbücher des Schuljahres 2018/19 exemplarisch anhand jenes Schulbuchkapitels untersucht, das dem Lernziel des Lehrplans „Die wirtschaftlichen Bedürfnisse der Menschen bewerten“ (BMB 2016, S. 64) entspricht. Die Analyse erfolgte mittels Verfahren der qualitativen strukturierenden Inhaltsanalyse und Diskursanalyse. Der zentrale Befund der Untersuchung lautet, dass primär die neoklassische Perspektive für die Erklärung von wirtschaftlichen Zusammenhängen Anwendung findet. Wenn andere theoretische Zugänge einfließen, werden sie vielfach nicht offengelegt. Diese Darstellungsweise verschleiert für Lernende mögliche Widersprüche und lässt Interpretationen und Wertungen als Tatsachenbeschreibungen erscheinen, und nicht als Erklärungen, die auf unterschiedlichen Theorien beruhen.
Sandra Stieger, Markus Seiwald, Christina Ühss
Pluralismus und der Wunsch nach Eindeutigkeit
Über die Bedeutung von Anschauungen und Ambiguitätstoleranz für die sozioökonomische Bildung
Zusammenfassung
Der Mensch sehnt sich nach Eindeutigkeit und Klarheit. Mehrdeutigkeiten und Vielfalt gehen dabei verloren. Wirtschaft und Wirtschaften sind per se lebensweltlich und wissenschaftlich mehrdeutig. Ein dreidimensionales Schema zeigt diese immanente Pluralität auf: Die lebensweltliche Dimension der Ökonomie eröffnet einen phänomenologischen Zugang, der unterschiedliche Perspektiven je nach Verortung auftut und ein phänomenologisches Sein beschreibt. Die Dimension der Ökonomik eröffnet die Welt der wissenschaftlichen Theorien und Modelle und damit die Fülle der pluralen Ökonomik des Main- und Sidestreams. Schließlich eröffnet sich das Sollen, welches Moral und Ethik in den Blick nimmt. Diese dreidimensionale Pluralität macht klar, dass es den Blick auf Wirtschaft und Wirtschaften gar nicht geben kann. Vielmehr sind im Sinne der Transzendentalphilosophie Kants Anschauungen für unsere Vorstellungen relevant. Unsere wirtschaftlichen (Welt)Anschauungen prägen unsere wirtschaftlichen Vorstellungen. Das hat letztlich wesentliche pädagogisch-didaktische Konsequenzen.
Georg Tafner

Situationen, Interessen und Politik

Frontmatter
Zum Bildungsideal des „mündigen Wirtschaftsbürgers“: Kompetenzmodell für ökonomische Bildung und Domänenanalyse des gesamtgesellschaftlichen/gesamtwirtschaftlichen Lebensbereichs
Zusammenfassung
Für ökonomische Bildung wurden in den letzten Jahren einige kompetenzorientierte Modelle vorgeschlagen, jedoch wurde keines davon bisher empirisch überprüft. Dieser Beitrag stellt ein neues Kompetenzmodell für ökonomische Bildung vor, das bestehende fachdidaktische und pädagogisch-psychologische Ansätze verbindet. Es konkretisiert das „wirtschaftsbürgerliche“ Bildungsideal und charakterisiert ökonomisch geprägte Anforderungssituationen strukturell nach Lebensbereichen und prozessual nach Denk- und Problemlöseprozessen. Für den gesamtgesellschaftlichen/ gesamtwirtschaftlichen Lebensbereich werden mittels einer empirischen Domänenanalyse sozioökonomische Problemsituationen identifiziert. Das Kompetenzmodell und die Domänenanalyse eröffnen weitere bildungsforschende Perspektiven, z. B. für Kompetenzdiagnostik und Curriculumentwicklung. Eine Domänenanalyse der anderen Lebensbereiche ist jedoch noch ausstehend.
Nicole Ackermann
Bildungsaufgabe statt Erziehungsziel. Das Gemeinwohl als Gegenstand sozioökonomischer Bildung
Zusammenfassung
Für eine Didaktik, die Wirtschaft innerhalb ihrer gesellschaftlichen Zusammenhänge (be)greifbar machen möchte, ist das Gemeinwohl ein elementarer Bildungsgegenstand. Die didaktische Herausforderung besteht dabei darin, die Schülerinnen und Schüler nicht mit einem definierten Gemeinwohlverständnis zu überwältigen, sondern sie zur Entwicklung eines aufgeklärten Gemeinwohlverständnisses zu befähigen. Der Beitrag versteht sich als didaktische Grundlage dafür. Ausgehend von einer Auseinandersetzung mit dem Gemeinwohl als Legitimationsgrundlage von Politik und Wirtschaft werden zunächst verschiedenartige Bezugnahmen auf das Gemeinwohl innerhalb der Volkswirtschaftslehre thematisiert (Abschn. 1. Das Gemeinwohl: Legitimationsgrundlage von Politik, Wirtschaft und Volkswirtschaftslehre). Dabei wird am Beispiel des Wohlstandes der Nationen gezeigt, dass die Disziplin respektive ihr Analysegegenstand alle Voraussetzungen für eine differenzierte Auseinandersetzung mit dem Gemeinwohl mitbringt (Abschn. 1.1 Das Gemeinwohl als Gegenstand einer als Politische Ökonomie verstandenen Volkswirtschaftslehre). Anschließend wird anhand der Neoklassik problematisiert, dass populäre ökonomische Theorien fragwürdige Bezugnahmen auf das Gemeinwohl implizieren und sich als wirkmächtige politische Ideologien erweisen, die Bürgerinnen und Bürger mit einem einseitigen und defizitären Gemeinwohlverständnis überwältigen (Abschn. 1.2 Die fragwürdige Bezugnahme auf das Gemeinwohl durch den „Vulgärliberalismus“). Sodann wird auf wegweisende Überlegungen Ernst Fraenkels zu einer demokratiekonformen Bestimmung des Gemeinwohls eingegangen (Abschn. 2. Überlegungen zu einer demokratiekonformen Theorie des Gemeinwohls). Auf Grundlage dieser sozialwissenschaftlichen Analysen wird anschließend (Abschn. 3.) „[D]ie Entwicklung eines individuellen Gemeinwohlverständnisses als Bildungsaufgabe“ umrissen. Die Ausarbeitung „[sozioökonomiedidaktische[r] Grundsätze zur Förderung eines individuellen Gemeinwohlverständnisses“ (Abschn. 4.) mündet als Hauptteil des Beitrags in der Entwicklung von zwei fachdidaktischen Grundsätzen (Abschn. 4.1 Erster Grundsatz: Orientierung am „Beutelsbacher Konsens“, Abschn. 4.2: Zweiter Grundsatz: Konfrontation mit außer- und überwirtschaftlichen Werten und Interessen). Sodann werden mittels der Problemstudie und der Konfliktanalyse „Methodische Ansatzpunkte für eine mündige Auseinandersetzung mit dem Gemeinwohl im sozioökonomischen Unterricht“ (Abschn. 5) skizziert. Im Sinne der entwickelten sozioökonomiedidaktischen Ansätze wird mit dem Fazit dafür plädiert, „6. Die Bestimmung des Gemeinwohls als Bildungsaufgabe (nicht als Vorrecht von Didaktik)“ zu verstehen.
Moritz Peter Haarmann
Die Freiheitliche Partei Österreichs als die Partei des „kleinen Mannes“. Wirtschaftspolitische Konzeptionen einer Partei als Themenfeld in der sozioökonomischen und politischen Bildung
Zusammenfassung
Der Umgang mit Rechtspopulismus und Rechtsextremismus ist an vielen Schulstandorten ein bestimmendes Thema der politischen Bildung. Meist stehen die menschen- und demokratiefeindlichen Aussagen dieser Parteien im Fokus der Betrachtung. Der vorliegende Artikel beschäftigt sich mit den ökonomischen Positionierungen der FPÖ. Diese Partei vermarktet sich im politischen Diskurs gerne als die „Partei des kleinen Mannes“, die sich für die Interessen der „Wenigverdiener“ und der „Abgehängten“ einsetzt. Die Analyse des Wähler*innenpotentials zeigt jedoch, dass die FPÖ mehrheitlich von gut verdienenden Facharbeiter*innen und der sogenannten Mittelschicht gewählt wird. Die ökonomische Ausrichtung der FPÖ ist als neoliberal zu beschreiben, die aber selbst diese Wähler*innenschichten nicht vertritt, sondern die Bestverdiener in einer Gesellschaft. Abschließend wird ein Lernprozess beschrieben, wie Lehrer*innen an Schulen sich dieser Thematik widmen könnten, um eine sozioökonomische und eine politische Perspektive einzunehmen.
Philipp Mittnik

Subjekt und Subjektivierung

Frontmatter
Neoliberale Subjektivierung verstehen – Der gegenwärtige homo oeconomicus im Kontext der sozioökonomischen Bildung
Zusammenfassung
Der homo oeconomicus als einziges Leitbild der Gesellschaft – Der vorliegende Beitrag stellt die Frage, wie ein Verständnis der neoliberalen Subjektivierung als Grundlage für die sozioökonomische Bildung dienen kann, um einer Entwicklung zu einer marktkonformen Demokratie entgegenzuwirken. Ausgehend von Foucaults Vorlesungen zur Biopolitik und Browns aktueller Analyse zum Neoliberalismus wird ein soziologischer Erklärungsansatz formuliert, der das Menschenbild des homo oeconomicus als strukturelles Element unserer Gesellschaft begreift. Mit Bezug auf die besondere Rolle der neoliberalen Rationalität erläutert der Beitrag Sichtweisen, die in dieser Entwicklung ein Ende der liberal-demokratischen Ordnung sehen. Im zweiten Teil wird im Sinne der immanenten Kritik eine ideologiekritische Analysekompetenz skizziert, welche die soziale Wirklichkeit mithilfe von Schlüsselproblemen an eine gesellschaftskritische Perspektive koppelt. Ziel ist es, exemplarisch „gesellschaftliche Ordnungsgrundlagen“ (Salomon 2014) herauszufordern, um letztlich das übergeordnete Ziel einer Mündigkeit der Subjekte zu erreichen.
Udo Dannemann
Resonanz und Subpolitik als subjektbezogene Zugänge zur Kritik der Nachhaltigkeit
Zusammenfassung
Nachhaltigkeit kann als Kritik an den vorherrschenden, entfremdeten Selbst- und Weltverhältnissen verstanden werden. So hat der menschliche Einfluss auf die naturbezogenen Prozesse der Erde teilweise dramatische Auswirkungen auf das ökologische Gleichgewicht, was aufgrund der menschlichen Abhängigkeit von der Natur zu sozialen Verwerfungen intra- und intergenerationaler Art führt. Nicht-nachhaltiges Denken und Handeln ist demnach ein Beziehungsproblem zwischen Kultur und Natur. Diese Perspektive auf Nachhaltigkeit rückt das Subjekt in den Mittelpunkt der Betrachtung. Denn letztlich ist das Subjekt als kulturelles Wesen und gleichzeitig Teil der Natur mit dem Widerspruch der Zerstörung ebendieser Natur (latent) konfrontiert und muss unweigerlich damit umgehen. Überträgt man diese Einsichten auf (wirtschafts-)berufliche Bildungsprozesse, sehen sich (nicht nur) beruflich Lernende einem Widerspruchsverhältnis zwischen einer Effizienz- und Wachstumsorientierung im Kontext sozialer Beschleunigung und einer Nachhaltigkeitsorientierung konfrontiert. Vor diesem Hintergrund steht folgende erkenntnisleitende Fragestellung im Mittelpunkt dieses theoretisch-konzeptionellen Beitrags: Inwiefern kann mithilfe der beiden Konzepte „Resonanz“ und „Subpolitik“ das Widerspruchsverhältnis zwischen sozialer Beschleunigung und Nachhaltigkeit auf Ebene des (sich berufsbildenden) Subjekts analytisch zugänglich gemacht werden?
Harald Hantke
„Richtig konsumieren?!“ – Verbraucherinnen- und Verbraucherbildung und die Regierung des Selbst
Zusammenfassung
Mündiges Konsumieren ist das klassische Ziel der Verbraucherbildung. Sie orientiert sich in ihren didaktischen Konzeptionen vielfach an Leitbildern, allen voran jenen der Konsumentensouveränität und der Nachhaltigkeit. Dies ist aus der Perspektive einer sozioökonomischen Bildung, die den Lernenden einen (selbst)kritischen Blick auf Welt eröffnen will, problematisch zu werten, da die Orientierung an gesellschaftlich-politischen Leitbildern mit der Gefahr einer Individualisierung von Verantwortung einhergeht. In einer empirischen Untersuchung mit Lehrkräften der sozialwissenschaftlichen Domäne konnte belegt werden, wie wirksam die Vorstellung einer individualisierten Verantwortung nicht nur in Bildungs- und Verbraucherpolitik, sondern auch in verbraucherbildenden Settings ist. Aufbauend auf einer kritischen Einbettung der gewonnenen Forschungsergebnisse in den kulturwissenschaftlichen, praxistheoretischen Subjektivierungsdiskurs werden Rückschlüsse für die Gestaltung einer sozioökonomischen Verbraucherbildung gezogen.
Franziska Wittau

Disziplin und Curriculum

Frontmatter
Die Wirtschaftsethik als Bezugsdisziplin der Sozioökonomie zwischen Orthodoxie und Grundlagenkritik: Überlegungen zu einer Taxonomie wirtschaftsethischer Ansätze
Zusammenfassung
Die Einbettung des Gegenstandsbereichs Wirtschaft in die gesellschaftlichen Gegebenheiten der Moderne erfordert eine umfassende Reflektion der mit jeglicher Form des Wirtschaftens stets einhergehenden, jedoch nur selten systematisch herausgearbeiteten Normativität. Obgleich sich die multidisziplinär verstandene Sozioökonomie gegenüber dezidiert normativ ausgerichteten Bezugsdisziplinen wie der Wirtschaftsphilosophie und der Wirtschaftsethik geöffnet zeigt, kommt letzteren im Kanon der vordergründig sozialwissenschaftlichen Traditionen der Sozioökonomie weiterhin nur eine randständige Bedeutung zu. Dies mag auch darin begründet liegen, dass gerade die Wirtschaftsethik eine in sich heterogene Disziplin darstellt, deren Schulen höchst unterschiedliche Betrachtungen und Bewertungen der Mainstreamökonomik vornehmen. Eine Klärung dieser Positionen trägt dazu bei, Sozioökonomie und Wirtschaftsethik in einen fruchtbaren Diskurs zu bringen und sie hinsichtlich gemeinsamer Fragestellungen sprach- und anschlussfähig zu gestalten. Dazu soll in einem ersten Schritt eine Taxonomie entwickelt werden, die epistemologische, ontologische, normative und methodologische Dimensionen als Differenzierungskriterien erarbeitet und zur Systematisierung verschiedener wirtschaftsethischer Schulen herangezogen werden kann. Daran anknüpfend wird die Positionierung dieser Schulen gegenüber der neoklassischen Mainstreamökonomik und ihre Anschlussfähigkeit an die Sozioökonomie diskutiert.
Christoph Schank, Johannes Hirata
Politische, gesellschaftliche und ökonomische Bildung in der Sekundarstufe I in Deutschland. Analyse von Lehrplänen und Vorgaben
Zusammenfassung
In der öffentlichen Diskussion und in Teilen der sozialwissenschaftlichen Fachdidaktik herrscht die Vorstellung, dass politische und gesellschaftliche Bildung gegenüber ökonomischer Bildung an Schulen dominieren. Wirtschaftsverbände und unternehmensnahe Stiftungen unterstützen diese These und fordern einen höheren Anteil für ökonomische Inhalte in den Lehrplänen oder die Etablierung eines separaten Fachs Wirtschaft. Diese Debatten stützen sich eher auf Annahmen als auf empirische Evidenz. Der vorliegende Beitrag möchte durch das blended reading-Verfahren der computerunterstützten Inhaltsanalyse (CUI) die Lage der politischen, gesellschaftlichen und ökonomischen Bildung an allgemeinbildenden Schulen der Sekundarstufe I in Deutschland vorstellen.
The idea that political and social education outweigh economic education in schools predominates in the public discussion and parts of the subject-didactic debate. Business organisations and funding channels promote this idea and demand more economic content in in the curriculum or the establishment of a dedicated school subject of economics. These discussions are rooted more in assumptions than empirical evidence. This contribution employs the close and distant reading method of computer-assisted content analysis (CACA) to examine the true state of political, social and economic education in lower secondary school in Germany.
Mahir Gökbudak
Metadata
Title
Wirtschaft, Gesellschaft und Politik
Editors
Prof. Dr. Christian Fridrich
Prof. Dr. Udo Hagedorn
Prof. Dr. Reinhold Hedtke
Prof. Dr. Philipp Mittnik
Prof. Dr. Georg Tafner
Copyright Year
2021
Electronic ISBN
978-3-658-32910-5
Print ISBN
978-3-658-32909-9
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-32910-5