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23-01-2025 | Wirtschaftspolitik | Kompakt erklärt | Article

Was meint Globalisierung der Wirtschaft?

Author: Andrea Amerland

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Die Globalisierung der Wirtschaft wurde einst begrüßt und hymnisch gefeiert. Nicht erst seit Donald Trumps Wiederwahl zeigen sich die Schattenseiten weltweiter wirtschaftlicher Vernetzung. Was sich hinter der wirtschaftlichen Globalisierung verbirgt und was sie gefährdet.

Unter ökonomischer Globalisierung wird die internationale Verflechtung der Wirtschaft verstanden. 


Die Globalisierung der Wirtschaft schwächelt. Aktuelle Publikationen zum Thema kommen zu dem Ergebnis, dass "das neoliberale Projekt der Globalisierung" an seine Grenzen gestoßen ist "und zwar nicht nur wirtschaftlich und in politischer Hinsicht, sondern auch und gerade in seinen lebensweltlichen Konsequenzen", erklärt Jörg Dürrschmidt im Buchkapitel "Globalisierung - Tendenzen, Ursachen und Konzepte".

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Globalisierung bedeutet weltweite interkontinentale Verflechtung

Die Globalisierung der Wirtschaft wird also zunehmend kritisch betrachtet oder als gefährdet eingestuft, mit der Konsequenz, dass das gewünschte Wachstum ausbleibt. Doch was verstehen wir unter wirtschaftlicher Globalisierung?, fragt Springer-Autor Eckart Koch in einem gleichlautendem Buchkapitel.

Das Wort 'Globalisierung', weniger gebräuchlich auch als Mondialisierung bezeichnet, wurde demnach erst während der 1990er-Jahre populär. Es geht dabei um die "weltweite interkontinentale Verflechtung", schreibt Koch. Der Springer-Autor, der unter anderem Internationale Wirtschaftsbeziehungen an der Hochschule München lehrt, definiert den Begriff Globalisierung wie folgt: 

Globalisierung ist ein dynamischer Prozess, der die wirtschaftliche Vernetzung der Welt durch den zunehmenden Austausch von Gütern, Dienstleistungen, Kapital und Arbeitskräften vorantreibt, die wirtschaftliche Bedeutung nationaler Grenzen ständig verringert und den internationalen Wettbewerb intensiviert."

Durch das Zusammenwachsen aller wichtigen Teilmärkte werden die Möglichkeiten internationaler Arbeitsteilung immer intensiver genutzt, sodass sich der weltweite Einsatz der Ressourcen laufend wirtschaftlich verbessert", schreibt Koch weiter.

Doch durch immer neue Chancen entstünden auch immer neue Risiken, warnt er. Dadurch seien "die nationalen und internationalen politischen Akteure gezwungen [...], neue Rollen bei der Gestaltung der Globalisierung zu übernehmen, die eine Zunahme interkultureller Interaktionen und Herausforderungen mit sich bringen."

Protektionismus, Handelskrieg, Zölle: Trumps Globalisierungsgifte

Aktuell setzen der Angriffskrieg auf die Ukraine mit seinen Sanktionen und Preissteigerungen, die Inflation oder auch Donald Trumps Protektionismus mit Importzöllen und Handelskrieg, dem freien Warenaustausch zu. Hinzu kommt immer mehr Regulatorik, wie etwa durch das Lieferkettensorgfaltsgesetz. Doch auch die Wirtschaftspolitik des Republikaners im Weißen Haus gefährdet den Fluss in den Lieferketten, der für die produzierende Industrie weltweit so wichtig ist, um an Rohstoffe oder Zubehör zu kommen.

"Die Zeiten der immer schnelleren Globalisierung, niedriger Zölle und der Streitbeilegung im Rahmen der WTO sind vorerst vorbei", kommentiert Moritz Schularick, Präsident des IfW Kiel, die Vereidigung von Donald Trump zum 47. US-Präsidenten. Eine Erhöhung der Zölle auf zehn Prozent, wie von Trump ins Spiel gebracht, sei für einzelne Branchen und Unternehmen in Deutschland problematisch. Schularick geht infolgedessen davon aus, dass die deutschen Exporte nach Amerika langfristig um zehn bis 15 Prozent zurückgehen.

"Das würde unser Bruttoinlandsprodukt um 0,3 Prozent schmälern. Klingt erst mal nicht viel, aber wir haben in der letzten Zeit kaum mehr Wachstum als in dieser Höhe. Das wäre weg. Außerdem dürften viele Unternehmen in den USA investieren und nicht in Deutschland, um hinter die Zollschranken zu kommen. Die Zeche dürften am Ende aber vor allem auch die amerikanischen Verbraucher zahlen, weil die Preise in den USA steigen werden."

Globalisierung und Deutschlands Geschäftsmodell auf dem Prüfstand

Die auf den Export ausgerichtete deutsche Industrie sollte sich dauerhaft darauf einstellen, dass die Globalisierung der Wirtschaft Federn lassen wird, warnten bereits im Frühjahr 2024 die Experten des Prognos-Instituts auf Grundlage einer Studie mit dem Titel "Stehen die Globalisierung und das Geschäftsmodell Deutschlands vor dem Aus?".

Die von der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) beauftragte Studie befasst sich mit den Herausforderungen für das deutsche Geschäftsmodell im Zusammenhang mit Wertschöpfungsketten, Geopolitik und Transformation in einer Zeit der De-Globalisierung.

Die Studienautoren kommen zu dem Ergebnis, dass geopolitische Spannungen und Protektionismus "eine starke multipolare Weltwirtschaftsordnung" erschweren. Die EU müsse daher durch De-Risking und Freihandelsabkommen ihre außenwirtschaftliche Resilienz stärken und die grüne sowie digitale Transformation unterstützen. Zentrale Thesen der Studie sind: 

  • Die Globalisierung verändert sich grundlegend, und eine Revitalisierung der multilateralen globalen Zusammenarbeit ist unwahrscheinlich.
  • Europa muss sich auf die veränderten außenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen einstellen, insbesondere das deutsche Geschäftsmodell mit hoher außenwirtschaftlicher Offenheit.
  • De-Risking durch Diversifizierung der Beschaffungs- und Absatzstrukturen ist der bestmögliche Mittelweg, um Gefahren zu minimieren.
  • Unternehmen benötigen verlässliche und regelbasierte Rahmenbedingungen, die durch die Stärkung der WTO und neue Freihandelsabkommen erreicht werden können.
  • Die EU braucht Freihandelsabkommen wie etwa jenes mit den MERCOSUR-Staaten Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay und hat 2023 eine Strategie für wirtschaftliche Sicherheit veröffentlicht.
  • Diese Strategie zielt darauf ab, Handelsschutz-Instrumente zu verbessern und die internationale Zusammenarbeit mit verlässlichen Partnerländern auszubauen.

Geopolitische Krisen bremsen ökonomische Globalisierung

Der Ausblick in die Zukunft sieht also nicht rosig aus und veranlasste die Berater zu folgenden Voraussagen:

  • Geopolitische Risiken werden den Geschäftsalltag bestimmen, etwa im Hinblick auf die Beschaffung, der Planbarkeit ausländischer Absatzmärkte oder dem Geschäft von Tochterfirmen und Beteiligungen im Ausland.
  • Unternehmen sind daher gefordert, ihr Geschäftsmodell so anzupassen, dass sie mit einer rückläufigen ökonomischen Globalisierung zurechtkommen "und sich für potenzielle Krisenfälle resilienter aufstellen." De-Risking zielt hier insbesondere auf die Diversifizierung der Lieferketten ab, um Abhängigkeiten von einzelnen Märkten zu reduzieren und neue Beschaffungs- und Absatzmärkte zu erschließen. Aber auch die Politik sei an dieser Stelle in der Pflicht, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen.
  • Die Diversifizierung erhöht die Komplexität der Lieferketten und stellt insbesondere für mittelständische Unternehmen eine große Herausforderung dar.

Die größten Risiken 2025

Wie der "Global Risks Report 2025" des World Economic Forum belegt, für den weltweit rund 900 Risikoexperten befragt wurden, gelten bewaffnete Konflikte zwischen Staaten, also Krieg, aber auch Extremwetterereignisse und geopolitische Auseinandersetzungen wie etwa Handelsstreitigkeiten in diesem Jahr als die größten Gefahren für Wirtschaft und Gesellschaft. 

Der geschäftsführende Direktor des WEF, Mirek Dušek, fordert Führungskräfte vor diesem Hintergrund zu mehr Zusammenarbeit auf. "In einer Welt, die von sich vertiefenden Gräben und kaskadierenden Risiken geprägt ist, haben die Führungskräfte der Welt die Wahl: Zusammenarbeit und Widerstandsfähigkeit fördern oder sich der zunehmenden Instabilität stellen. Es stand noch nie so viel auf dem Spiel."

Download am 21. Januar 2025 via https://de.statista.com/infografik/33772/einschaetzung-von-experten-zu-den-groessten-globalen-risiken-2025/.

Schattenseiten der Globalisierung

Denn was global geschieht, hat oft vielfältige negative Konsequenzen, die laut Springer-Autor Olaf B. Mäder ebenfalls zu den Merkmalen der Globalisierung gehören:

  • Zunahme des internationale Wettbewerbs mit negativen Einfluss auf Lohnsteigerungen und Arbeitsplatzsicherheit,
  • wachsendes Ungleichgewicht zwischen den Kontinenten und Ländern,
  • Umweltverschmutzung oder Kinderarbeit.

Globalisierung ist in der Definition des Dozenten für Controlling und Rechnungswesen ein permanenter Prozess. "Die zentralen Variablen sind Gesellschaft, Wirtschaft, Kapital und Technologie. Veränderungen in einer oder mehrerer Variablen erzeugen Veränderungsdruck für die Systemelemente, was zu einem selbstverstärkenden Zyklus führt. Daraus resultieren die Herausforderungen Zunahme an Komplexität, Dynamik und Unsicherheit". Als wesentliche Treiber für Veränderungen im internationalen Wirtschaftsgeflecht identifiziert Mäder Liberalisierung und Neuheiten.

Elemente und Zusammenhänge der Globalisierung


Das Ende der wirtschaftlichen Globalisierung?

Allerdings wird die Verflechtung des internationalen Handels aktuell durch wirtschaftspolitische Entwicklungen gebremst. Denn genau das, was die Globalisierung bislang vorangetrieben hat, nimmt immer mehr ab, nämlich die Liberalisierung des Welthandels. Statt Zölle und Handelshemmnisse weiter abzubauen, verhängt US-Präsident Donald Trump wohl für seine America-first-Politik Sanktionen, die das wirtschaftliche Wachstum weltweit verlangsamen. 

Die Politik des Handelskriegs führte einer Analyse der Ökonomen Pablo Fajgelbaum, Pinelopi Goldberg, Patrick Kennedy und Amit Khandelwal von den Universitäten Princeton, Yale, Berkeley und Colombia zufolge bereits während Trumps erster Amtszeit dazu, dass für die USA in den mit in- und ausländischen Zöllen belegten Branchen die Importe um 31,7 Prozent zurück gingen und die Exporte um 9,9 Prozent schrumpften.

"Beginnt ein Land, Beschränkungen für ausgewählte Importe zu verhängen, folgen in der Regel Vergeltungsreaktionen der betroffenen Länder. Schaukeln sich protektionistische Maßnahmen auf und sind immer mehr Produkte von Zöllen und anderen Handelsbeschränkungen betroffen, kann der Handel drastisch einbrechen. Der Handelskrieg zwischen den USA und ihren Handelspartnern in den letzten Jahren ist ein prominentes Beispiel dafür", schreibt Sara Fontanet zum Thema.

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