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29-09-2020 | Wirtschaftsprüfung | Schwerpunkt | Article

Der Wirtschaftsprüfer 2.0 spricht IT

Author: Angelika Breinich-Schilly

4:30 min reading time

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Big Data, Business Analytics und Automatisierung verbessern laut einer Studie die Qualität der Jahresabschlussprüfung. Und Sie verändern die Arbeit von Wirtschaftsprüfern, die für ihre neue Aufgaben mehr technische Kompetenzen brauchen.

Die Digitalisierung eröffnet laut Marcus Bieker "zweifelsohne massive Potenziale für eine Steigerung des Informationswerts der Unternehmensrechnung". "Vom Big-Data-Konzept und den neuen, innovativen 'In Memory'-Technologien werden auch Accounting und Controlling in vielerlei Hinsicht profitieren, etwa durch eine Verbesserung der Entscheidungsqualität aufgrund einer verbreiterten Datenbasis sowie durch eine stärkere Zukunftsorientierung der Daten", schreibt der Springer-Autor im Buchkapitel "Inhaltliche Neuausrichtung des Rechnungswesens durch Digitalisierung?" auf Seite 23.

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Datenqualität und IT-Sicherheit rücken in den Fokus der Wirtschaftsprüfer

Zu diesem Ergebnis kommt auch die im August 2020 veröffentlichte Studie "Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaften in Deutschland" des Marktforschungsunternehmens Lünendonk & Hossenfelder. Für die Analyse wurden insgesamt 25 führende sowie 50 weitere mittelgroße und kleinere Wirtschaftsprüfungs(WP)-Gesellschaften sowie Netzwerke und Allianzen zu Strukturen, Strategien, Planungen und Restriktionen befragt. Diesen zufolge werden Big Data, Business Analytics und Automatisierung sich nicht nur positiv auf die Qualität der Abschlussprüfung auswirken. Sie verschieben auch den Fokus der Wirtschaftsprüfer auf die Datenqualität in den Unternehmen und die allgemeine IT-Kontrolle.

Die Fähigkeit, beliebig große Datenmengen zu extrahieren, zu analysieren und zu interpretieren, entwickelt sich zur Schlüsselkompetenz der Abschlussprüfer", lautet das Fazit der Studienautoren." 

"Technisch kann die Prüfung jederzeit von jedem Ort aus erfolgen, sofern der Mandant ebenfalls auf eine digitale Abschlussprüfung vorbereitet ist", sagt Lünendonk-Geschäftsführer Jörg Hossenfelder. Dadurch, dass der Mandant praktisch eine permanente Prüfung erfährt, habe dieser genügend Zeit, eventuelle Mängel bis zum Jahresende zu beheben oder Gegenmaßnahmen einzuleiten. 

Hossenfelder geht davon aus, dass revisionssichere Dokumentationen mittels Blockchain sowie eine prozessorientierte, daten- und systemorientierte Auditierung nicht nur die Qualität in der Abschlussprüfung verbessert, sondern auch Fehlerquellen minimiert. Denn es können Frühwarnsysteme installiert werden, heißt es zur Begründung.

Unternehmen beim Einsatz von Blockchain und KI noch zurückhaltend

Allerdings bemerkt Anne Najderek im Buchkapitel "Auswirkungen der Digitalisierung im Rechnungswesen – ein Überblick" auf Seite 136: "Dem disruptiven Potential der Blockchain-Technologie und deren vielfältigen Einsatzmöglichkeiten steht indes nach wie vor noch Zurückhaltung beim tatsächlichen Einsatz im Rechnungswesen gegenüber." Die Springer-Autorin sieht mögliche Gründe in den komplexen Voraussetzungen eines sicheren Einsatzes im Unternehmen und den derzeit noch abstrakten Einsatzmöglichkeiten.

Chancen für die Nutzung Künstlicher Intelligenz (KI) sieht Najderek vor allem bei der Analyse von sehr großen, heterogenen Datenmengen. Doch auch in diesem Bereich würden Anwendungsmöglichkeiten im Controlling bisher nur vereinzelt getestet, beispielsweise im Rahmen einer Anreicherung von Buchungssystemen, zur Kontrolle von Vorkalkulationen und Investitionsrechnungen oder zur Betrugserkennung. "Aktuelle Studien zum Einsatz von KI in Unternehmen bestätigen, dass der Einsatz von KI in den Unternehmen derzeit nur geringe Relevanz besitzt, gleichwohl aber einem steigenden Interesse unterliegt."

Wirtschaftsprüfer arbeiten künftig prozess- und datenorientierter

Der Zurückhaltung vieler Unternehmen zum Trotz wird die digitale Transformation nicht vor dem Controlling und Accounting Halt machen. So zeichnen sich laut Studie vor allem drei Perspektiven für die Arbeit und die Aufgaben künftiger Abschlussprüfer ab:

  • Der Wirtschaftsprüfer wird durch die digitalen Hilfsmittel entlastet. Sie geben ihm mehr Raum und Zeit, seine eigentlichen Kompetenzen wie analytisches Denken, Bewertungsstärke und Kommunikationsfähigkeit gegenüber dem Kunden einzubringen.
  • Die Abschlussprüfung selbst wandelt sich von einer vergangenheitsorientierten, beleg- und stichprobenhaften Prüfung zu einer prozessorientierten, daten- und systemorientierten Auditierung.
  • Die Mandanten erwarten in Zukunft mehr als nur eine Prüfungsleistung von ihren Wirtschaftsprüfern. Sie werden bereit sein, auch Hinweise auf Prozessverbesserungen zu honorieren. Dies wiederum schlägt die Brücke zur angestrebten Portfolioausweitung im Angebot der Wirtschaftsprüfer.

Neue Kompetenzen und Aufgabenfelder gehen Hand in Hand

"Der Berufsstand der Wirtschaftsprüfer und vereidigten Buchprüfer muss sich der rasanten Entwicklung bewusst sein und sich aktiv mit den Veränderungen auseinandersetzen", bringen es Gerhard Ziegler, Reiner Veidt und Heiko Spang im Buchkapitel "Digitalisierung in der Wirtschaftsprüfung – Perspektive der Wirtschaftsprüferkammer" auf den Punkt. "Investitionen in neue IT, Erlangung von IT-Kompetenzen, Prozessanpassungen in den Wirtschaftsprüfungspraxen sowie die Gewinnung entsprechend gebildeter Mitarbeiter dürfte gerade kleinere und mittelgroße WP-Gesellschaften vor besondere Herausforderungen stellen", meint das Autorentrio.

Dem Wirtschaftsprüfer als Berater eröffneten sich dadurch aber auch neue Dienstleistungsmöglichkeiten. Hierzu gehören beispielsweise Beratungsleistungen zur Einführung und Organisation von Informations- und Berichtssystemen oder zur Gestaltung digitalisierter Prozesse bei ihren Mandanten. Mehrwert könne auch durch Datenaufbereitung und -auswertungen seitens des Wirtschaftsprüfers sowie in Form neuer Assurance-Leistungen zu Datensicherheit und Datenschutz geboten werden.

Kampf um qualifizierten Nachwuchs wird härter

Auch laut der Analyse gewinnt die Beratungskompetenz des Abschlussprüfers in Zukunft an Bedeutung. Hierfür habe der Wirtschaftsprüfer dank der digitalen Transformation auch mehr Zeit, da ihn digitale Hilfsmittel unterstützen und neue Möglichkeiten in der Prüfung eröffneten. Das verschärfe aber zugleich den Kampf um Talente.

So gaben 85 Prozent der für die Studie befragten Unternehmen an, dass die größte Herausforderung in den nächsten zwei bis drei Jahren die erschwerte Rekrutierung von qualifiziertem Personal sei. Auf einer Skala von "+2" (sehr großes Problem) bis "-2" (gar kein Problem) erhielt dieser Aspekt im Mittel eine Bewertung von 1,56 Punkten. Auf Position zwei der größten Restriktionen folgten hohe Aufwände für die Digitalisierung mit einem Mittelwert von 1,37 Punkten. Die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland stieg aufgrund der Corona-Auswirkungen auf Platz drei auf und liegt gemeinsam mit dem Top-Thema der zurückliegenden Jahre, dem erhöhten Preiswettbewerb, mit 0,95 Punkten gleichauf.

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