Neben der zu geringen Bautätigkeit in den Vorjahren nennt das IW vor allem die starke Zuwanderung als Grund für die deutlich nach oben korrigierte Baubedarfsprognose – eine Zunahme von rund 75 Prozent gegenüber dem Jahr 2014. Die Zuwanderung selbst verursache laut den Analyen einen jährlichen Bedarf von 110.000 zusätzlichen Wohnungen.
Um diesen Bedarf zu decken, empfehlen die Experten vom IW Leerstände zu nutzen, statt neue Wohnungen zu bauen. Diese Empfehlung beruht einerseits auf der Tatsache, dass es in den Ballungsräumen nur noch wenige zu schließende Baulücken gebe. Im ländlichen Raum und in strukturschwachen Städten gebe es andererseits zwar ausreichend Bauland, doch die Menschen würde es mittelfristig von dort in die Ballungszentren ziehen. Eine künstliche Ankurbelung der Bautätigkeit mit Fördermitteln würde dort daher nur zu noch mehr Leerstand führen. Ziel müsse es laut Michael Voigtländer, IW-Immobilienökonom und Springer-Fachbuchautor, daher sein, die vorhandenen Leerstände optimal zu nutzen.
Leerstand ist ein Problem vieler Regionen
Exemplarisch hat das Institut dafür die Flüchtlingszahlen mit der Anzahl leerstehender Wohnungen in den Kommunen von Nordrhein-Westfalen verglichen. Dabei hätten sich – je nach Gemeinde – höchst unterschiedliche Quoten gezeigt: Die Spanne reiche von 0,3 Flüchtlingen pro Wohnung in Altena und Gelsenkirchen bis zu über sechs in Schloss Holte-Stukenbrock. Und: "Natürlich ist die Qualität der leerstehenden Wohnungen sehr unterschiedlich", sagt Voigtländer. "Doch auch wenn erst saniert werden muss, steht Wohnraum so deutlich schneller zur Verfügung, als wenn erst neu gebaut werden muss."
Mit dem Leerstand am Wohnungsamt beschäftigt sich auch Guido Spars im Kapitel "Leerstand als Koordinationsproblem" des Springer-Fachbuchs "Immobilienwirtschaftslehre – Ökonomie". Er schreibt zum Beispiel: "Die Beseitigung von Wohnungsleerständen ist in den neuen Ländern eines der zentralen Themen der Wohnungswirtschaft sowie der Stadtentwicklung und ein wesentliches Ziel des Bundesprogramms 'Stadtumbau Ost', das unter anderem die Stabilisierung der Wohnungsmärkte und die Schaffung attraktiver Lebensbedingungen und Wohnquartiere verfolgt." Doch aufgrund der demografischen Entwicklung werde das Thema in den nächsten Jahrzehnten für immer mehr Wohnungsmärkte Relevanz entwickeln. Dabei, so Spars: "Das Leerstandsthema beinhaltet nicht – wie häufig durch Statistiken und Untersuchungen vermittelt – nur eine rein quantitative Dimension, die qualitativen Fragen des Wohnungsmarktes treten ebenso deutlich in den Vordergrund. Die Städte und Wohnungseigentümer werden stärker über die Zukunftsfähigkeit ihrer Bestände nachdenken müssen." Die Empfehlung des IW könnte dabei eine Maßnahme sein. Spars stellt darüber hinaus noch weitere Lösungsansätze vor.