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25-04-2022 | Zahlungsverkehr | Schwerpunkt | Article

Digitale Konkurrenz ist für Swift kein Angstgegner

Author: Angelika Breinich-Schilly

4:30 min reading time

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Seit Jahren überarbeitet das Zahlungsverkehrsnetzwerk Swift seine Infrastrukturen. Doch neue Wettbewerber drängen mit Distributed-Ledger-Technologien in den Markt. Bislang sind diese Angebote aber nur für wenige Firmenkunden eine Alternative. 

Die Wirtschaft der Bundesrepublik ist stark exportorientiert. Das gilt auch für den deutschen Mittelstand. In einer von Ibi Research für die DPS Gruppe im Sommer 2021 durchgeführten Umfrage zum Auslandszahlungsverkehr gaben 78 Prozent der Unternehmen an, B2B-Überweisungen nach Nordamerika zu tätigen oder Geld von dort zu erhalten. Auf Rang zwei folgt Großbritannien mit 69 Prozent. Transaktionen mit asiatischen Staaten liegen mit 66 Prozent an dritter Stelle. Auf dem vierten Platz rangiert der Zahlungsverkehr mit den nordischen Ländern (51 Prozent).

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Ausländischer Zahlungsverkehr

Das Buchkapitel erläutert den ausländischen Zahlungsverkehr sowohl in Sepa (Single Euro Payments Area), dem einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraum, als auch das das gemeinsame Echtzeit-Brutto-Clearingsystem Target 2 sowie die Abwicklung des gesamten Finanzverkehrs über Swift.

Finanzkommunikation läuft meist über Swift

"Die Finanzkommunikation zwischen Banken und innerhalb der Zahlungssysteme erfolgt heute üblicherweise über Swift (Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication), eine im Jahre 1973 gegründete Institution", schreiben Cordelia Friesendorf und Julian Stern im Buchkapitel "Digitaler Wandel im Auslandszahlungsverkehr" (Seite 17). 

Die Organisation mit Sitz in Belgien verbindet nach eigenen Angaben mittlerweile mehr als 11.000 Banken in über 200 Ländern weltweit. Dabei handelt es sich um eine Genossenschaft, die sich vollständig in Besitz seiner Mitglieder, also Banken und anderen Finanzinstitutionen, befindet. 

Swift ist ein globaler Anbieter für Finanzmarktkommunikationsdienste, der mittels eines Telekommunikationsnetzes einen sicheren und globalen Nachrichtenaustausch zwischen seinen Mitgliedsbanken ermöglicht", so die Springer-Autoren. 

Auslandstransaktionen mit hohen Margen

Zwar machen diese sogenannten Cross-Border-Transaktionen laut Friesendorf und Stern nur 20 Prozent des gesamten globalen Zahlungsverkehrsvolumens aus. Dennoch erwirtschafteten sie 2015 mit 300 Milliarden US-Dollar mehr als 40 Prozent der transaktionsbezogenen Erträge. 

"Die margenstarken sowie risikoarmen Auslandszahlungsverkehrserträge setzen sich dabei sowohl aus transaktionsbezogenen Provisionserträgen als auch aus Zinserträgen der Fremdwährungseinlagen bei Korrespondenzbanken zusammen", erläutern die Experten.

Hausbanken haben die Nase vorne

In Deutschland profitieren davon vor allem die Hausbanken. 83 Prozent der von Ibi befragten Unternehmen, allen voran die Großbetriebe, setzen diese für Auslandszahlungen ausschließlich oder zumindest überwiegend ein. Auf andere Zahlungsanbieter greifen hingegen nur 38 Prozent zurück. 

Mittlerweile versuchen alternative Anbieter verstärkt, sich auf dem B2B-Markt der Cross-Border-Zahlungen zu behaupten. Sie versprechen niedrigere Transaktionskosten, eine schnelle Abwicklung und einen besseren Kundenservice", schreibt Rechtsanwalt und DPS-Partner Joachim Dorschel in der April-Ausgabe der Zeitschrift "Bankmagazin". 

DLT-Anbieter positieren sich

Ripple gehört dem Experten zufolge zu den prominentesten Vertretern, die beim Auslandszahlungsverkehr mit Distributed-Ledger-Technologie (DLT) und ihrer Kryptowährung XRP Marktanteile gewinnen wollen. Das Unternehmen verbindet laut eigener Angaben mittlerweile "einige Hundert globale Finanzdienstleister, darunter die Bank of America und Santander". 

Aber auch Paymentprovider, die eigentlich eher im C2C- oder Peer-to-peer-Geschäft beheimatet sind, bieten immer häufiger Lösungen für Unternehmen an. "Als Alternativen zu den bestehenden Korrespondenten-Netzwerken haben sich etwa Western Union Business Solutions sowie der Online-Anbieter Wise positioniert", nennt Dorschel zwei Beispiele.

Diesen Vorstößen zum Trotz gehen laut Ibi-Umfrage nur acht Prozent der Unternehmen davon aus, dass Clearing- & Settlement-Systeme auf Basis von Distributed-Ledger-Technology (DLT) in den kommenden fünf Jahren eine zentrale Rolle im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr übernehmen werden. 

Swift will schneller und transparenter werden

Um sich auch langfristig im Wettberb zu behaupten, überarbeitet die Swift-Organisation seit einigen Jahren ihre Infrastruktur. "Im Zuge dessen werden die Formate für den Nachrichtenaustausch weltweit auf den XML-basierten ISO 20022-Standard umgestellt", erläutert Dorschel. Swift habe mit der Guideline "CBPR+" verbindliche Vorgaben hierzu veröffentlicht. Durch den Service "global payments innovation", kurz Swift gpi, sollen eine schnellere Transaktionsabwicklung, ein Tracking von Transaktionen und mehr Gebührentransparenz erreicht werden. 

"Für angeschlossene Institute bietet Swift Go überdies die Möglichkeit, Cross-Border-Überweisungen von bis zu 10.000 Euro zu festen Gebührensätzen und mit garantierten Transaktionslaufzeiten abzuwickeln."  

Viele Neuerungen sind KMU unbekannt

Allerdings ist 42 Prozent der von Ibi Research befragten Firmen ISO 20022 gar kein Begriff. Das gilt vor allem für kleine und mittlere Unternehmen (KMU). 45 Prozent hingegen nutzen diesen Standard zumindest teilweise (35 Prozent) oder vollständig (zehn Prozent). 

"Viele Service-Verbesserungen sind zwar mit der Umsetzung von gpi möglich, es fehlen jedoch entsprechende Service-Angebote aufseiten der Banken", merkt Dorschel in seinem Beitrag an. Vor allem große Institute seien mit der Umstellung ihrer Großbetrags- und Auslandszahlungsverkehrssysteme auf ISO 20022 mehr als ausgelastet. Für die Integration von gpi-Services fehle es an Zeit und Ressourcen. 

Verbesserungen bringen noch keine Kostenvorteile

Auch im Hinblick auf die Kostentransparenz, die für 78 Prozent der Unternehemen eine große Rolle spielt, hat Swift gpi bislang nicht überzeugt. Die Gründe sind laut Dorschel vielschichtig: "Einer Untersuchung von McKinsey aus dem Jahr 2016 zufolge sind wesentliche Kostentreiber bei Auslandszahlungen die bestehende Struktur der Nostrokonten und die notwendige Vorhaltung von Liquidität in unterschiedlichen Währungen." Eine große Rolle spiele unter anderem der hohe Anteil manueller Eingriffe, die insbesondere auch durch die unzureichende Validierung von Nachrichten am Anfang einer Transaktion erforderlich werden.

Ein moderner Auslandszahlungsverkehrsservice für Unternehmenskunden, der die aktuellen Markterwartungen aufgreift, benötige mehr als eine Modernisierung der Swift-Infrastruktur, so seine Prognose. Ein Abgleich der zentralen Pain Points der Unternehmen im Hinblick auf

  • hohe Kosten und Gebührentransparenz, 
  • die Abwicklungsgeschwindigkeit und Zusicherung von Transaktionslaufzeiten,
  • die Einheitlichkeit bei Schnittstellen und Formaten, 
  • die Zuordnung von Zahlungen und Rechnungen sowie 
  • ein zuverässiges Tracking

mit den vorhandenen Lösungsangeboten lasse "ein Nebeneinander unterschiedlicher Komponenten mittelfristig wahrscheinlicher erscheinen als eine disruptive Verdrängung der bestehenden Strukturen und Services durch ein gänzlich neues System". 

Ob es Lösungen wie Ripple Net gelingt, über eine eigene DLT-basierte Infrastruktur tragfähige Alternativen zu dem bestehenden System aus Nostrokonten zu schafen, bleibt abzuwarten. Noch gelten der Einsatz der eigenen, volatilen Kryptowährung XRP und eine allgemeine Skepsis gegenüber der Blockchain-Technologie als Hinderungsgründe für eine weitere Verbreitung", so Dorschel.

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