Skip to main content
Top

12-09-2022 | Zahlungsverkehr | Schwerpunkt | Article

An europäischen E-Ladesäulen herrscht Bezahlchaos

Author: Angelika Breinich-Schilly

4 min reading time

Activate our intelligent search to find suitable subject content or patents.

search-config
loading …

Unbegrenzt mit dem E-Auto reisen und tanken? In Europa ist das so eine Sache. Je nach Ladesäulenanbieter brauchen Kunden eine spezielle App oder Ladekarte, riskieren beim Registrieren Betrügern aufzusitzen oder zahlen für Roaming drauf. Deutsche Interessenverbände fordern deshalb Mindeststandards.

"Der Erfolg der Elektromobilität wird von der Akzeptanz der Verbraucher abhängen. Nicht nur attraktive Fahrzeuge, sondern auch eine gut ausgebaute und aus Sicht der Verbraucher attraktive Ladeinfrastruktur im öffentlichen Raum werden notwendig sein, um der Elektromobilität zum Durchbruch zu verhelfen", schreiben Gero Lücking und Markus Adam in ihrem Ladesäulencheck 2019 (Seite 41). Doch im Hinblick auf die Bezahloptionen beim Stromtanken bleibt die Attraktivität vielerorts auf der Strecke. Das zeigt eine aktuelle Fallstudie des Marktforschungsinstituts Kantar im Auftrag der Initiative Deutsche Zahlungssysteme (IDZ). Diese veröffentlichte die Ergebnisse der Analyse mit Fokus auf das Bezahlen an E-Ladesäulen in Europa Ende August.  

Editor's recommendation

2020 | OriginalPaper | Chapter

Partner-Ökosysteme erschließen datengetriebene Smart Mobility Services und schaffen Wert

Urbane Lebensformen, angenehme Kunden-Erlebnisse smarter Mobilität, die via Smartphone reserviert, erschlossen und gestartet wird, befördern eine Standardisierung der digitalisierten Angebote, um sowohl in den großen Städten als auch bei Konsumenten breite Akzeptanz zu gewinnen.

Als Basis der Erhebung dienten eine Befragung von Kraftfahrzeugbesitzern im September und November 2021 in Deutschland, Frankreich, Griechenland, den Niederlanden, Polen, Schweden und Slowenien sowie die Auswertung der verfügbaren Bezahlmöglichkeiten von 61 Ladesäulenbetreibern mit insgesamt knapp 30.000 öffentlich zugänglichen Ladesäulen in zwölf europäischen Staaten – sowohl in städtischen wie in ländlichen Gebieten. 

Vertragsschluss bevor der Strom kommt

Das Ergebnis ist ernüchternd: "Spontanes Stromtanken ist in vielen europäischen Ländern unmöglich oder kundenunfreundlich. Vielerorts gestaltet sich der Bezahlvorgang kompliziert und birgt diverse Hindernisse", fassen die Studienherausgeber zusammen. Ein Haupthindernis für Kunden seien vor allem geschlossene Bezahlsysteme wie betreibereigene Ladekarten, Apps oder Webseiten, bei der eine vorherige Registrierung notwendig ist. Wer etwa eine Ladekarte will, muss zuvor einen Vertrag mit dem jweiligen Anbieter abschließen.

Auch Lücking und Adam bestätigen, dass sich die Zugangsvoraussetzungen zum Laden für Fahrzeugbesitzer kompliziert gestalten: 

An einem Ladepunkt muss sich der Nutzer per SMS anmelden, an einem anderen geht es nur per App, Ladekarte oder mit Vorabregistrierung auf der Internetseite. Roaminganbieter versuchen zwar den flächendeckenden Zugang zu Ladesäulen zu erleichtern, verlangen hierfür aber zusätzliche Gebühren", schreiben die beiden Autoren im Tagungsband zu der ATZlive-Veranstaltung Grid Integration of Electric Mobility und Electrified Mobility 2019. 

Manche Bezahlalternativen sind betrugsanfällig

Von den 59 Ladesäulenbetreibern in Europa, die das Bezahlen mittels betreibereigener Ladekarte oder der eines Roamingpartners anbieten, statten laut Fallstudie lediglich 32 ihre Ladesäulen zusätzlich mit einem statischen QR-Code aus. Mit diesem gelangt der Tankkunde per Smartphone auf eine Webseite und muss dort die eigenen Zahlungsdaten hinterlegen. "Dieser vermeintlich gut gemeinte Service kann betrugsanfällig sein, wenn der echte QR-Code mit falschen überklebt wird. Betrüger könnten so über eine Weiterleitung auf eine gefälschte Webseite sensible Daten oder gar die Zahlung von Verbrauchern abfangen", warnen die Studienexperten.

Hinzu kommen häufig noch Apps, mit denen der Lade- und Bezahlvorgang gestartet werden muss. 50 Anbieter setzen auf ein solches System, das - zumindest teilweise - eine Registrierung oder ein entsprechendes Login voraussetzt. Wer hier Strom tanken möchte, muss also nicht nur ein Smartphone haben, sondern auch eine stabile Internetverbindung an der E-Zapfsäule vor Ort. Zudem müssen Kunden in aller Regel auch der jweiligen Landessprache mächtig sein, denn die angebotenen Apps oder Internetseiten gibt es nur selten auf Englisch. 

"Lediglich an sechs der untersuchten E-Ladesäulen - zwei in Frankreich sowie je eine in Deutschland, Österreich, Schweden und Polen - war eine spontane Bezahlung mit einer Debit- oder Kreditkarte durch Stecken oder kontaktlos über ein Kartenterminal möglich." Wer Glück hat und unter verschiedenen Bezahloptionen wählen kann, muss unter Umständen dafür auch noch deutlich tiefer in die Tasche greifen, ermittelte die Studie.

Unübersichtliche Preisgestaltung

Zur unübersichtliche Preispolitik, gerade beim Roaming, schreiben Lücking und Adam: 

Die Preise schwanken erheblich und liegen deutlich über den Durchschnittkosten für Haushaltsstrom. Ladestrom ist teilweise teurer als Benzin für die gleiche Reichweite. Der Kostenvorteil der Elektromobilität in den laufenden Kosten wird so konterkariert. […] Die genaue Preisauskunft bekommt der Verbraucher aber oft erst zu sehen, wenn er sein E-Auto mit dem Ladepunkt verbindet, manchmal sogar erst nach dem Ladevorgang mit der Abrechnung."

Mindeststandards in Europa erforderlich

Da E-Mobilität unter diesen Voraussetzungen für Verbraucher nicht sonderlich attraktiv ist, setzen sich die Verbände der Deutschen Kreditwirtschaft, die kommunalen Spitzenverbände in Deutschland, der ADAC und der Bundesverband der Electronic Cash Netzbetreiber (BecN) sowie die Initiative Deutsche Zahlungssysteme im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses zur "Alternative Fuels Infrastructure Regulation" (AFIR) dafür ein, das spontanes Bezahlen mit Debit- und Kreditkarte über ein Bezahlterminal zum Mindeststandard an E-Ladesäulen in ganz Europa wird.

Related topics

Background information for this content