2012 | OriginalPaper | Chapter
Zeitgenössische Hochschulreform und unternehmerischer Aktivitätsmodus
Authors : Dr. Anna Kosmützky, Michael Borggräfe
Published in: Hochschule als Organisation
Publisher: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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Die Universität ist eine Stätte von Forschung und Lehre, aber stets auch eine formale Organisation. Seit ihrer Gründung im 12. Jahrhundert stellt die Universität eine Verkörperung des Prinzips Organisation dar, da sie als Korporation eine organisationsähnliche Verfassung hatte und Mitgliedschaftsregeln definierte (Stichweh 2005; Weber 2002). Dabei handelt es sich klar um eine retrospektive Bezeichnung aus sozialtheoretischer Perspektive, denn auch wenn Universitäten von Beginn ihrer Geschichte an ‚organisiert‘ waren und somit eine aus heutiger Perspektive beschreibbare Organisation hatten, wird der Begriff des Organisierens erst seit Anfang des 19. Jahrhunderts zur Bezeichnung der intentionalen Herstellung von Ordnung verwendet. Folgt man Meier und Schimank (2010), finden sich mit Ausnahmen von Schelsky (1969) und Bahrdt (1971) in den 1960er und 1970er Jahren im europäischen Kontext keine nennenswerten Behandlungen von Universitäten als Organisationen, während in den USA seit dieser Zeit eine umfangreiche Organisationsforschung existiert. Dies ist darauf zurückführen, dass das traditionelle Governancemuster von Universitäten diesen wenig eigene Steuerungskapazitäten einräumte und auch das Selbstverständnis der Universität sich mehr aus einer Idee als aus einer Organisationsform speiste. Ähnlich argumentiert Luhmann (1992: 93) und bezeichnet die deutsche Universität Anfang der 1990er Jahre ihrem Selbstverständnis nach als „organisierte Institution“. In jüngster Zeit jedoch wandeln sich auch deutsche Universitäten zunehmend in Richtung einer ‚vollständigen‘ und ‚normalen‘ Organisation im Sinn eines rational-bürokratischen Modells von Organisation. Wie Brunsson und Sahlin-Andersson (2000) herausstellen, werden Universitäten in den zeitgenössischen managerialen Reformen nun als solche konstruiert. Neben einer entsprechenden organisationalen Handlungsfähigkeit und/oder einer ebensolchen Reputation als handlungsfähige, selbstverantwortliche, zielorientierte und profilierte Organisation werden Universitäten auch im Sinne einer zunehmenden ökonomischen Orientierung und einem Fokus auf Verwertbarkeit in Forschung und Innovation, aber auch in der Lehre unternehmerisch (Weingart 2010).