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Zukunft der Gesundheitsversorgung

Vorschläge und Konzepte aus Perspektive der stationären Leistungserbringer

  • 2021
  • Book
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About this book

Die Gesundheitsversorgung in Deutschland muss strukturell wie auch inhaltlich weiterentwickelt werden, um den aktuellen und zukünftigen Herausforderungen Stand zu halten. Überversorgung, Sektorenbrüche, Ambulantisierungspotenziale sind seit Jahren adressierte aber politisch nicht nachhaltig angegangene Herausforderungen, die einer dringenden Lösung bedürfen. Bisher beherrschen Gutachten von Think Tanks oder von interessensgesteuerten Forschungsinstitutionen die Diskussion zur Zukunft der Gesundheitsversorgung in Deutschland. In diesem Buch kommen erstmalig die Top-Manager der stationären Versorgung zu Wort, um ihre Visionen und Konzepte für die Ausgestaltung eines modernden, zeitgemäßen und zukunftsfähigen Gesundheitssystems vorzustellen. Vertreten sind sieben der zehn größten Klinikbetreiber Deutschlands, inklusive der jeweils größten privaten, öffentlichen und freigemeinnützen Träger. Auch innovative regionale Klinikträger kommen zu Wort, die in ihren Regionen bereits zukünftige Strukturen vorweg gedacht und in Teilen umgesetzt haben. Ergänzt werden diese Beiträge durch sechs ausgewählte Expertenmeinungen, die aus unterschiedlichen Blickwinkeln die notwendigen Entwicklungen in der stationären Versorgung aber auch für die gesamte Versorgungslandschaft aufzeigen. Aus diesen Beiträgen ergibt sich in Summe ein kohärentes Zielbild, auf das die gesundheitspolitischen, strukturellen und vergütungstechnischen Reformen der kommenden Jahre ausgerichtet werden sollten.

Table of Contents

Frontmatter
Kapitel 1. Einleitung
Neue Rollen und Verantwortung der stationären Leistungserbringer in einer zukünftigen Versorgungslandschaft
Zusammenfassung
Die Gesundheitsversorgung in Deutschland muss strukturell wie auch inhaltlich weiterentwickelt werden, um den aktuellen und zukünftigen Herausforderungen Stand zu halten. Überversorgung, Sektorenbrüche, Ambulantisierungspotenziale sind seit Jahren adressierte aber politisch nicht nachhaltig angegangene Herausforderungen, die einer dringenden Lösung bedürfen. Um dauerhaft die Versorgungsbedarfe und -bedürfnisse der Bevölkerung, bei einer gleichzeitigen Finanzierbarkeit des Systems zu sichern bedarf es umfangreicher Reformen, die sich an einer klaren Vision orientieren müssen. Die Grundzüge diese Vision wird in dem Buch anhand der Beiträge von Geschäftsführern der großen Krankenhausorganisationen sowie weiteren Experten skizziert. Sie bricht sich herunter an einem Zielbild von integrierten, sektorenübergreifenden regionalen Versorgungsorganisationen.
Benedikt Simon
Kapitel 2. Disruption oder ein „Weiter so“? – Wo stehen wir in 2030?
Zusammenfassung
Was soll ein Krankenhaus auszeichnen und welche Rolle soll es einnehmen in der jeweiligen Region? Wenn wir im Jahre 2030 eine moderne, nachhaltige, wohnortnahe und hochqualitative Gesundheitsversorgung anbieten möchten, muss ein Strukturwandel vollzogen werden. Die Aufgabe der beteiligten Akteure, der Politik, der Krankenhäuser und der Verbände muss es jetzt sein, ohne übertriebene Emotionalität, aber mit der notwendigen Empathie ein Zielbild zu definieren, das die Erfahrungen und Learnings aus der Vergangenheit verbindet mit der Expertise der Gegenwart und den Erwartungen an die Zukunft. Gelingt es, Anforderungen an die medizinische Versorgung der Zukunft zu definieren und Zuständigkeiten fernab von Befindlichkeiten festzulegen, dann wird es – bundesweit betrachtet – zu einer Entlastung der Kommunen kommen. Aber es wird eben auch zu einer gleichbleibend guten oder sogar steigenden medizinischen Versorgungsqualität in der Fläche losgelöst vom föderalistischen Klein-Klein der Gegenwart kommen, denn andere Häuser werden neue Möglichkeiten erhalten. Entscheidend wird sein, dass alle, die sich für die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land verantwortlich fühlen, nicht nur einfach am selben Tau ziehen – sondern dass es alle an der gleichen Seite tun.
Thomas Lemke, Christoph Thurmaier
Kapitel 3. Patienten in den Mittelpunkt stellen und Potenziale nutzen
Sieben Thesen über das deutsche Gesundheitssystem im Jahr 2030
Zusammenfassung
Deutschland hat zu viele, zu kleine und chronisch unterfinanzierte Krankenhäuser. Das System ist nicht sinnvoll reformierbar. Es bedarf eines radikal neuen Ansatzes, der vom Patienten und seinen Bedürfnissen ausgeht. Dabei gilt es, die Chancen der Digitalisierung als Gamechanger zu nutzen. Deutlich weniger, aber bessere Kliniken mit Gesundheitsunternehmen als Träger werden künftig neue und ganzheitliche Versorgungsmodelle wie Capitation anbieten. Statt Sektorengrenzen wird es immer mehr integrierte Behandlungskonzepte geben, die von der Prävention über ambulante und stationäre Therapien bis hin zur Rehabilitation alles aufeinander abstimmen und miteinander verzahnen. Eine neue Kultur des gemeinsamen Lernens wird Prozesse optimieren und die Ergebnisqualität steigern. Auch im Gesundheitswesen wird sich die Plattformökonomie durchsetzen, die den Patienten mündiger und so zum Souverän über die eigene Gesundheit macht.
Marco Walker, Franz Jürgen Schell
Kapitel 4. Kundenorientiert, digital und agil! Gesundheitsversorgung 2030
Zusammenfassung
Die Gesundheitsversorgung 2030 wird sich in vielerlei Hinsicht von der heutigen Praxis unterscheiden; und das ist auch gut so! Denn sie wird sich am Kunden und dessen Bedürfnissen orientieren und nicht mehr an einzelnen Sektoren oder Abrechnungsmodalitäten. Sie wird vor allem digital stattfinden und weniger stationär oder ambulant. Das Krankenhaus bzw. die Arztpraxis kommt zu den Menschen nach Hause, ins Auto oder wo sie sich gerade befinden. Dies zu verstehen und den Wandel aktiv voranzutreiben, erfordert eine neue und vor allem agile Kultur.
Markus Horneber, Claudia Möller
Kapitel 5. Integrierte Versorgungsmodelle neu gedacht
Zusammenfassung
Unser Gesundheitssystem steht erneut vor hohem und nachhaltigem Veränderungsdruck. Ambulantisierung und Fachkräftemangel bilden den Hintergrund, vor dem die Akteure – neben der Eindämmung der Kosten für den Sozialstaat – ebenso den Erfordernissen des medizinischen Fortschritts und der Notwendigkeit der weiteren Digitalisierung gerecht werden müssen. Gleichzeitig verändern Neuerungen wie die Telemedizin die Gesundheitslandschaft dahingehend, dass Patient*innen und Leistungserbringende nicht mehr ortsgleich sein müssen. Gleichzeitig verändern Neuerungen wie die Telemedizin die Gesundheitslandschaft dahingehend, dass Patient*innen und Leistungserbringende nicht mehr ortsgleich sein müssen. In der Folge braucht es deshalb die aktive Debatte um zukunftsfähige neue Gesundheitsversorgungsmodelle, die von dem Aufbrechen und der erforderlichen Verschmelzung der Sektoren in der medizinischen Versorgung über eine nachhaltige Reform der Vergütungssystematik in Deutschland reichen muss.
Dafür braucht es neben Innovationen und Ideen aus der Sicht von Helios vor allem einen Strategiewechsel: Weg von starren Hoheitsgebieten und Vergütungsstrukturen, welche die ambulante und stationäre Versorgung gegeneinanderstellen und hin zu einer „Pay-for-Perfomance-Haltung“. Netzwerke, sektorenübergreifende medizinische Versorgung bei hoher Qualität, Zentrenbildung und digitale, offene Gesundheitsplattformen bilden die Grundlagen auf dem Weg zum integrativen Gesundheitscampus.
Enrico Jensch
Kapitel 6. Wertschöpfung mittels integriertem Versorgungsmanagement
Zusammenfassung
Eine immer knapper werdende Personalressource auf der einen und eine rasante Zunahme von Therapiemöglichkeiten auf der anderen Seite begründen die Notwendigkeit einer deutlichen Steigerung der Wertschöpfung für die zukünftige Leistungserbringung. Es besteht also großer Änderungsbedarf für eine zukunftsfähige Gesundheitsversorgung 2030. Im Folgenden sollen Möglichkeiten der integrierten Versorgung für deren Realisierung vorgestellt und diskutiert werden – und zwar in der Reihenfolge von der hausinternen Instrumenten- hin zur Systemebene. Konkret geht es um das Pathway Management sowie drei weitere Ansätze, die als Instrumente des Managed Care anzusehen sind: das Case Management, das Disease Management und das Integrated Delivery System.
Axel Paeger
Kapitel 7. Teilhabeorientierte Rehabilitation der Zukunft – auf Datenevidenz basierend, entgrenzt und in sektorenübergreifende Versorgungsplattformen integriert
Zusammenfassung
In einer alternden Gesellschaft mit einem großen Bedarf an Arbeitskräften ist es Auftrag der Rehabilitation, der Bevölkerung eine maximale Teilhabe am Erwerbs- und Sozialleben zu ermöglichen. Jedoch wird die Rehabilitation in ihrer Wirkmächtigkeit und in ihrer Rolle im Gesundheitssystem bisher unterschätzt und in ihrer versorgungspolitischen Konzeption, als in der Regel singuläre Intervention im Anschluss an eine Akutversorgung oder als Heilverfahren, inadäquat eingesetzt. Gleichzeitig gibt es eine strukturelle Überversorgung, die jedoch bisher nicht in einem Qualitätswettbewerb zu besseren Ergebnissen geführt hat. Das Potenzial der Rehabilitation zur Entfaltung ihres Auftrags in der Ermöglichung einer maximalen Teilhabe, liegt 1) in einer zeitlichen und räumlichen Entgrenzung der Interventionsmöglichkeiten der Rehabilitation, 2) in der Nutzung digital gesteuerter, für den einzelnen Patienten auf Basis von Datenevidenz individualisierter Versorgungspfade, sowie 3) in der Integration der Rehabilitation in angrenzende Sektoren, durch Weiterentwicklung der Leistungserbringer zu sektorenübergreifenden Versorgungsplattformen.
Benedikt Simon, André M. Schmidt
Kapitel 8. Exzellenz durch Versorgungsketten und Spezialisierung
Zusammenfassung
Der Gesetzgeber fordert eine Konzentration von stationären Leistungen an größeren Einheiten. Gleichzeitig fehlen Fachkräfte, um dieselbe Anzahl von stationären Betten und Versorgungsstrukturen in ländlichen Regionen dauerhaft sicherzustellen. Daraus kann nur eine teilweise Verlagerung von Leistungen in andere Bereiche der Versorgung und, zumindest durch die Konzentration in Zentren, eine Reduktion von Krankenhäusern folgen. Komplexe Krankheitsbilder, die aufgrund der älterwerdenden Bevölkerung zunehmen werden, müssen in hoch spezialisierten stationären Einheiten versorgt werden. Durch die Verschiebung im Fallspektrum wird die Fallschwere im stationären Setting weiter ansteigen. Es kann somit nicht in allen Bereichen mit einer weiteren Verkürzung der Liegezeiten gerechnet werden. Der Anteil der intensivmedizinischen Betten an der Gesamtbettenzahl wird sukzessive ansteigen, je mehr leichte Fälle ausgelagert werden. Dadurch wird auch in den Kliniken die Arbeit der Fachkräfte komplexer werden, deren Anzahl ebenso steigen muss. Grundsätzlich stellen sich für Klinikbetreiber in Anbetracht der vorausgehenden Ausführungen zwei mögliche Modelle dar. Die reine Konzentration auf die stationäre Leistungserbringung und damit verbunden das Wachstum in einem schrumpfenden Markt – eine Option für hochspezialisierte Kliniken und Universitätskliniken. Alle anderen Anbieter müssen sich mit der Abbildung einer gesamten Versorgungskette beschäftigen – ob mit oder ohne Partner. Dies hat insbesondere für Patient*innen, Arbeitnehmer*innen und die gesamte Gesundheitsregion Vorteile. Die Vergütung solcher Angebote ist bisher nicht geregelt, sondern nur über Verträge nach § 140 a SGB V abbildbar. Mittelfristig könnten regionale Gesundheitsbudgets eine Lösung sein.
Johannes Danckert, Stefanie Kolbe
Kapitel 9. Gesundheitsversorgung 2030 – Impulse eines Komplexträgers im Sozial- und Gesundheitswesen
Zusammenfassung
Aus Sicht eines freigemeinnützigen Komplexträgers im Sozial- und Gesundheitswesen braucht es für eine positive Entwicklung der Gesundheitsversorgung in den nächsten zehn Jahren in Deutschland die Beachtung von vier verschiedenen Aspekten: Das Gesundheitswesen sollte sich konsequent an den Bedürfnissen der Menschen ausrichten, auf die Vernetzung der Anbieter von Gesundheitsdienstleistungen setzen, die Spezialisierung der Anbieter auf bestimmte fachspezifische Angebote fördern und durch Digitalisierung eine integrierte Versorgung ermöglichen. Die besondere Verantwortung der Komplexträger bestünde dann darin, diese integrierte Versorgung über den Gesundheitsbereich hinaus bei der Betreuung und Pflege von Senioren und Menschen mit Behinderung zu realisieren. Politik und Kostenträger müssen die für die Umsetzung nötigen organisatorischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen herstellen. Dann lässt sich die positive Vision der Gesundheitsversorgung 2030 verwirklichen.
Mathias Hartmann, Ina Strickstrock
Kapitel 10. Das öffentliche/kommunale Krankenhaus – künftige Rolle in der Gesundheitsversorgung
Zusammenfassung
Die Rolle der kommunalen Krankenhäuser in der Gesundheitsversorgung ist seit Jahren immer wieder Gegenstand teils emotional geführter Diskussionen, die sich mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten, fehlender Effizienz, der drohenden/tatsächlichen Schließung von Standorten oder Abteilungen und der Einflussnahme unterschiedlicher Interessengruppen befassen.
Norbert Köneke
Kapitel 11. Die Zukunft der stationären Versorgung: wie die intersektorale Transformation der Standorte gelingen kann
Zusammenfassung
Die Krankenhausstruktur in Deutschland wird einen tief greifenden Wandel erfahren, der vor allem struktureller Natur sein wird. Dieser Wandel wird voraussichtlich gravierender als die bisher durch die Einführung des Fallpauschalensystems erlebten Veränderungen. Hiervon wird sowohl die Finanzierungs- als auch die Angebotsstruktur sowie die Art der Leistungserbringung betroffen sein. Die fortschreitende Digitalisierung wird diese Entwicklung einerseits ermöglichen und andererseits auch vorantreiben. Wer sich hierauf nicht rechtzeitig einstellt, wird Schwierigkeiten haben „vor der Welle“ zu bleiben, anstatt von ihr ergriffen zu werden. Die Strukturdiskussion wird sich nach Abebben der Coronapandemie aufgrund der sich abzeichnenden Finanzierungsengpässe noch verschärfen. Es geht u. a. darum, die Rolle der stationären Leistungserbringer neu zu definieren, die sich zukünftig mehr als kooperativer Bestandteil eines intersektoralen Versorgungsnetzwerkes mit übergreifenden Angeboten sehen werden. Im vorliegenden Kapitel werden die zu erwartenden Veränderungen beleuchtet und das intersektorale Modell des Medizincampus als ein möglicher Baustein der intersektoralen Transformation stationärer Einrichtungen erörtert.
Jörg Noetzel
Kapitel 12. Organisatorische und bauliche Modernisierung als Voraussetzung einer zukunftsfähigen, sektorenübergreifenden Versorgung
Zusammenfassung
Die steigende Höhe der Gesundheitsausgaben auf der einen Seite und die sinkende Anzahl an Krankenhäusern als ein Beispiel für stationäre Leistungserbringer auf der anderen Seite machen deutlich, dass der wirtschaftliche Druck auf stationäre Leistungserbringer steigt. Gleichzeitig nehmen jedoch die Herausforderungen und Trends wie beispielsweise der demografische Wandel, die Individualisierung, Finanzierung oder auch die Abnahme stationärer Fälle zu. Vor diesem Hintergrund ist eine Ausrichtung der stationären Leistungserbringer auf eine nachhaltig stabile Gesundheitsversorgung von großer Bedeutung. Eine Stellschraube, um dem gerecht zu werden und eine sektorenübergreifende Versorgung zum Wohle der Patient*innen gewährleisten zu können, ist die Durchführung organisatorischer und baulicher Modernisierungsmaßnahmen stationärer Leistungserbringer. Maßnahmen wie die Bündelung von Kompetenzen in medizinischen Zentren, die Ausweitung ambulanter Angebote (z. B. durch medizinische Versorgungszentren (MVZ) oder ambulante spezialfachärztliche Versorgung (ASV)) sowie die Kooperation mit Akteuren anderer Sektoren (z. B. Rehabilitationseinrichtungen) können entscheidend zur Sicherung einer zukunftsfähigen Gesundheitsversorgung beitragen. Ergänzt werden müssen diese Maßnahmen durch bauliche Neustrukturierungen (z. B. Schaffung der entsprechenden Räumlichkeiten) sowie eine Modernisierung der medizinischen Infrastruktur, um ein ganzheitlich stimmiges Konzept umzusetzen.
Alexander Hewer, Janina Schulz
Kapitel 13. Gesundheitsdaten als digitaler Kraftstoff der Zukunftsmedizin
Zusammenfassung
Die Medizin wird in zehn Jahren eine gänzlich andere sein als heute. Und dies liegt nicht nur an technologischen, sondern auch an gesellschaftlichen Entwicklungen wie etwa dem steigenden Durchschnittsalter der Bevölkerung in den Industrieländern, einem sich verändernden Anspruchsverhalten an die medizinische Dienstleistung, aber auch an der sich bereits deutlich abzeichnenden finanziellen Limitierung der staatlichen Gesundheitssysteme. Für die Medizin werden sich weitere Handlungsfelder eröffnen, die bis 2030 das Wirkungsspektrum signifikant erweitern und vielleicht sogar bis dahin die klassische Rolle des Krankenhauses als „Werkstatt“ mehrheitlich eingenommen haben. Medizin wird allumfassend und – im positiven Sinne – die Menschen lebenslag begleiten. Die Nutzung und Interpretation von Daten ist dafür Grundvoraussetzung. Das Smart Hospital setzt Daten ein, um die bislang starren Grenzen zwischen ambulanter und stationärer Versorgung, zwischen vor- und nachgelagerter Versorgung aufzubrechen. Das Smart Hospital ist somit nicht nur ein modernes, vernetztes und innovatives Krankenhaus – es ist auch „Systemkopf“ und Schaltzentrale innerhalb des Gesundheitswesens. Die Digitalisierung ist dabei aber kein Selbstzweck, sondern stellt das Wohlergehen des Menschen in den Mittelpunkt – als Patient und als Mitarbeiter.
Jochen A. Werner
Kapitel 14. Die Psychiatrie – haben wir den Mut für einen großen Schritt?
Zusammenfassung
Innerhalb von zehn Jahren stiegen die Fehlzeiten am Arbeitsplatz aufgrund psychischer Erkrankungen um 64,2 %. Längst haben psychische Diagnosen an Häufigkeit viele andere überholt. Parallel dazu fand in den Kliniken der Psychiatrie und Psychosomatik ein Bettenaufbau um 15 % (ca. Zehntsd.) statt. Die Frage nach der Versorgungsstruktur der Psychiatrie und Psychosomatik im Jahre 2030 ist gleichzeitig auch die Frage an die Gesellschaft, wie sie dieser Entwicklung begegnen und wie sie mit psychisch Erkrankten in ihrer Mitte umgehen will. Die Reaktion auf zunehmende psychische Erkrankungen darf und kann nicht eine Hospitalisierung großer Teile der Gesellschaft sein. Dies ist weder medizinisch, noch (volks-)wirtschaftlich oder aus Gründen gesellschaftlichen Miteinanders eine Lösung. Psychiatrie und Psychosomatik alleine werden nicht alle Antworten geben können. Sie sind aber sehr wohl schon jetzt in der Lage, die Bausteine für eine Versorgung inmitten der Gesellschaft bereitzustellen.
Matthias Keilen
Kapitel 15. Spezialisierung, Privatisierung, Digitalisierung
Drei Thesen zur Krankenhauslandschaft 2030
Zusammenfassung
Das deutsche Gesundheitswesen zählt zu den besten der Welt. Seine Kliniken stehen allerdings unter immensem Druck und deren wirtschaftliche Lage verschlechtert sich zunehmend. Die Autoren werten vier Studien zur Entwicklung der Krankenhauslandschaft bis ins Jahr 2030 aus und formulieren auf Basis ihrer Kernaussagen eigene Thesen. Demnach werden drei Faktoren das deutsche Krankenhaus zukünftig prägen: die Spezialisierung, die Privatisierung und die Digitalisierung.
Nicolas Krämer, Florian Friedel
Kapitel 16. Arbeitsteilung zwischen Praxen und Krankenhäusern 2030 – aus der Sicht niedergelassener Ärzte
Zusammenfassung
Das Gesundheitswesen in Deutschland bleibt hinter seinen Möglichkeiten zurück, solange eine effiziente Zusammenarbeit der Versorgungsebenen nicht gelingt. In der ambulanten Versorgung bedarf es einer Patientensteuerung, um die Rolle des Hausarztes als primären Ansprechpartner, Versorgungskoordinator und Spezialisten für die Behandlung von chronischen Erkrankungen und Multimorbidität zu stärken. In der stationären Versorgung müssen strukturelle Reformen erfolgen, um die Zahl der Standorte zu reduzieren. Dies kann Personalknappheit, Qualitätsdefizite und wirtschaftliche Risiken in der stationären Versorgung mindern und ermöglicht eine effizientere Arbeitsteilung mit dem ambulanten Sektor. Die begonnene Reform der Akut- und Notfallversorgung liefert dafür ein Muster und schafft neue Voraussetzungen für eine funktionsfähige Steuerung der Primärinanspruchnahme. Parallel müssen neue intermediäre Versorgungsstrukturen gefördert werden. Eine effiziente Arbeitsteilung muss durch Änderungen in der Planung, im Leistungsrecht und in der Vergütung unterstützt werden, die dazu dienen, das erhebliche ambulante Potenzial in der stationären Versorgung in Deutschland auszuschöpfen.
Burkhard John, Dominik von Stillfried
Kapitel 17. Auf dem Weg von der kalten zur strukturierten Transformation der Krankenhausversorgungslandschaft in Deutschland?
Zusammenfassung
Die Krankenhauslandschaft in Deutschland befindet sich in einer kalten Transformation. Diese beruht überwiegend auf einer markt- und wettbewerblichen Steuerung mit lokalpolitischer Einflussnahme. Übergeordnete versorgungsökonomische Zielsetzungen setzen sich nur selten durch. Die Dynamik der Transformation wird durch die notwendige Digitalisierung, die weitere Ökonomisierung und die zunehmende Ambulantisierung des ersten Gesundheitsmarktes beschleunigt. Der Wechsel zu einer strukturierteren Transformation ist notwendig, um diese Entwicklungen sowie die demografischen und ökonomischen Herausforderungen ohne enorme Belastungen der Beitrags- und Steuerzahler oder Qualitätsverluste zu bewältigen. Um dabei die Subsidiarität und Trägervielfalt, die das deutsche Sozial- und Gesundheitssystem über 100 Jahre stabilisiert und weltweit führend gemacht hat, zu erhalten, sind gleiche Bedingungen für öffentliche, freigemeinnützige und private Träger zu schaffen. Bund und Länder sind gefordert, grundsätzliche Entscheidungen zur zukünftigen Krankenhausfinanzierung und -planung zu treffen.
Jens Hayer, Jens Dreckmann, Harald Schmitz
Kapitel 18. Der Patientennutzen im Fokus – Kooperationen und Kompetenzen neu denken
Zusammenfassung
Der Beitrag beleuchtet die Frage, wie die stationäre Gesundheitsversorgung in Deutschland bis zum Jahr 2030 gestaltet werden muss, um den Patientennutzen zu erhöhen und einen verantwortungsvollen Umgang mit knappen Ressourcen zu finden. Am Beispiel des Innovationsfondsprojektes ERIC (Enhanced Recovery after Intensiv Care) entwirft der Beitrag die Zielvorstellung einer gestuften Versorgung, die anhand von bundeseinheitlichen Kriterien zwischen Grund-, Regel- und Maximalversorgern differenziert und diesen eindeutige Versorgungsaufträge zuweist. Die gezielte Kooperation der einzelnen Versorgungsstufen ist somit zentral für die Versorgung der Patientinnen und Patienten. Die Versorgungsqualität in jeder Stufe wird durch verbindliche Qualitätsstandards gesichert und transparent gemacht; Behandlungs- und Versorgungspfade werden integriert betrachtet. Eine so ausgerichtete Versorgung wird den Patientennutzen durch eine Bündelung der Kompetenzen, eine Stärkung der Kooperation und einen neuen Wettbewerb um Qualität erhöhen. Wie die Rahmenbedingungen der Gesundheitsversorgung dafür angepasst werden müssen, skizziert der zweite Teil des Beitrags.
Mani Rafii, Kathrin Szostak, Johanna Heppe, Nicole Höckendorf
Kapitel 19. Separierung und Konzentration – das aktuelle Modell „Allgemeinkrankenhaus“ ist nicht zukunftsträchtig
Zusammenfassung
Willkommen im Zeitalter des medizinischen Fortschritts und der Präzisionsmedizin! Neue Technologien ermöglichen die individuelle und zielgerichtete Behandlung von Patienten. Doch warum stehen die aktuellen Geschäftsmodelle im Gesundheitswesen still? So ist das Allgemeinkrankenhaus seit jeher ein Haus für alles. Hier werden in den verschiedenen, nach medizinischen Fachrichtungen organisierten Abteilungen sowohl Routine-, als auch Nichtroutineleistungen durchgeführt. Die Behandlungsprozesse sind dabei grundverschieden zu organisieren und kaum miteinander zu vereinbaren. Damit stellt deren Koexistenz eine aus Managementsicht komplexe Herausforderung dar. Um allen Patienten die bestmögliche Versorgungsqualität zu ermöglichen, sind organisationale Änderungen erforderlich. Als ein Lösungsansatz wird die Reorganisation von Allgemeinen Krankenhäusern diskutiert, wo eine Separierung von nichtkomplexen und komplexen Patienten vorgenommen wird. Eine Studie zeigt, welche positiven Qualitätseffekte mit einer solchen Reorganisation erzielt werden können und geht dabei auf patientengruppenspezifische Besonderheiten ein.
Ludwig Kuntz, Ines Marina Niehaus
Kapitel 20. Die Pandemie als Chance zur Neuausrichtung der Gesundheitsversorgung 2030
Zusammenfassung
Das deutsche Gesundheitswesen und insbesondere die stationären Leistungserbringer haben sich während der ersten Covid-19-Welle robust gezeigt und als krisenfest erwiesen. Der z. T. drastische, aber gleichzeitig unspektakulär verlaufende Rückgang von Leistungsinanspruchnahme während des ersten Lockdowns und danach hat jedoch Fragen der Überversorgung aufgeworfen und zu einer grundlegenden Diskussion rund um Fehlanreize des Vergütungssystems geführt. Eine zukunftsweisende regulatorische Weiterentwicklung sollte die richtigen Anreize durch Erstattung und Investitionsfinanzierung setzen und dabei die Leistungsempfänger in den Mittelpunkt stellen. Wenn das Ziel der Gesundheitsversorgung 2030 eine gesunde Population, das im Bedarfsfall beste medizinische Angebot, echter Qualitätswettbewerb, unternehmerische und strategische Investitionsentscheidungen sowie eine langfristige Finanzierbarkeit des Systems ist, dann muss eine „Grundformel“ definiert werden, die sich durch Wertorientierung (wertorientierte Vergütung) über Einzelinteressen hinwegsetzt. Das Ergebnis einer konsequenten Wertorientierung im Sinne der Gesundheitsversorgung 2030 lässt sich entlang von sechs strategischen Elementen beschreiben. Diese Elemente sind: Versorgungsregionen und -populationen, Leistungsangebot, Wettbewerb und Differenzierung, IT-System- und Datenstandards, (digitale) Innovation sowie Nachwuchs und werden im Folgenden erläutert.
Zun-Gon Kim, Daniel Huber
Title
Zukunft der Gesundheitsversorgung
Editors
Dr. Benedikt Simon
Dr. Nicolas Krämer
Copyright Year
2021
Electronic ISBN
978-3-658-33007-1
Print ISBN
978-3-658-33006-4
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-33007-1

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