In Deutschland hat die Bedeutung des Themas Klimawandel in der öffentlichen Wahrnehmung aufgrund einer Häufung extremer Wetterlagen – wie Starkregenereignisse, Überflutungen und vor allem die extreme Hitze und Dürre – in den letzten Jahren zugenommen. Im gesellschaftlichen und politischen Diskurs wird der Notwendigkeit, stärker als bisher zum Schutz des Klimas auf eine Minderung von THG-Emissionen hinzuwirken, eine höhere Priorität beigemessen. Im vorliegenden Buch werden ausgewählte Ergebnisse des Verbundvorhabens CC-LandStraD dargestellt, das die komplexen Wechselwirkungen zwischen Klimawandel und Landnutzung sowie Landnutzungsänderungen in den Sektoren „Siedlung und Verkehr“, „Landwirtschaft“ und „Forstwirtschaft“ mit Blick auf die Minderung von THG-Emissionen analysierte.
Mit Hilfe eines interdisziplinären Modellverbundes wurden ausgewählte Maßnahmen der Landnutzung sowie Maßnahmenbündel, die im transdisziplinären Diskurs mit Akteuren diskutiert und ausgearbeitet wurden, hinsichtlich ihrer Auswirkungen untersucht, insbesondere mit Blick auf THG-Emissionen. Die Ergebnisse der modellgestützten Maßnahmewirkungsanalysen geben Anhaltspunkte zur Einschätzung der jeweiligen Einsparpotenziale und den damit verbundenen Kosten, die wichtige Faktoren für die Bewertung von Maßnahmen und Maßnahmenbündeln (Strategien) sind. Die Modelle bilden einen Stand der Technologie ab, wobei vielfältige Annahmen getroffen werden mussten, auch zu den Anpassungsmechanismen, die letztlich das Verhalten der abgebildeten Akteure widerspiegeln sollen. Die Maßnahmenbündel, sogenannte Landnutzungsstrategien, fokussierten auf Klimaschutz, Bioenergie, Natur- und Umweltschutz bzw. auf Klimaanpassung. Bei den Maßnahmewirkungsanalysen wurde von konstanten Konsumgewohnheiten ausgegangen, sodass Landnutzungsänderungen, die beispielsweise zu einer Verringerung der Nahrungsproduktion in Deutschland führen, durch entsprechende Im- oder Exporte ausgeglichen werden müssen, die in anderen Regionen der Welt zu THG-Emissionen führen (Indirect Land Use Change: ILUC). Maßnahmen im Verkehrs- oder Gebäudebereich sowie in der Tierhaltung wurden nicht adressiert.
Die Landnutzung erfüllt verschiedene gesellschaftliche Ansprüche und Funktionen, sogenannte Ökosystemfunktionen wie die Erzeugung von Nahrung und Rohstoffen, die Bereitstellung von Raum für Wohnen, Gewerbe sowie Erholung. Darüber hinaus soll die Landnutzung im Einklang mit der Natur und Umwelt erfolgen. Die Integration eines verstärkten Klimaschutzes in die Landnutzung verursacht mehr oder minder ausgeprägte Nutzungskonflikte. Im vorliegenden Buch wurden zur Darstellung, Einordnung und Bewertung dieser Nutzungskonflikte verschiedene, auch nicht-marktfähige Ökosystemdienstleistungen der Landnutzung wie die Erholungsfunktion von Landschaft auf der Basis einer umfassenden Bevölkerungsbefragung mit einem Choice-Experiment monetarisiert.
6.1 Änderung von Rahmenbedingungen nach Abschluss der Studie
Die Projektarbeiten wurden bis zum April 2016 abgeschlossen. Im Rahmen des internen Reviewprozesses für das vorliegende Buch konnten einige Anregungen zur Modifizierung und Darstellung von Modellsimulationen aufgenommen und umgesetzt werden. Eine umfangreiche Aktualisierung der Datengrundlagen erfolgte nicht, sodass die Analysen auf den zum Zeitpunkt des Projektabschlusses aktuell verfügbaren Daten basieren. Die Ergebnisse der Studie, die nicht an Gültigkeit und Aussagekraft verloren haben, werden mit Blick auf die Ableitung von Handlungsempfehlungen in den Kontext der seitdem geänderten Rahmenbedingungen eingeordnet und bewertet. Hierbei sind folgende ausgewählte Änderungen von Bedeutung:
1.
Der Preis für CO
2-Emissionszertifikate im EU-Emissionshandelssystem (EU-ETS) schwankte zwischen 2013 und Mitte 2017 um 5 € je t CO
2. Seitdem haben sich die Preise jedoch etwa verfünffacht; im April 2019 betrugen sie durchschnittlich 26 € je t CO
21. Das im Jahr 2005 in Betrieb genommene EU-ETS, in dem Stromerzeuger und energieintensive Industriebetriebe CO
2-Emissionszertifikate handeln können, war seit 2009 durch einen Überschuss an Emissionszertifikaten gekennzeichnet, sodass die Zertifikatpreise nahe 0 lagen.
2 Die EU-Kommission hat verschiedene Maßnahmen eingeleitet, um den Zertifikatüberschuss abzubauen. Unter anderem wurde ab Anfang 2018 eine Marktstabilitätsreserve aufgebaut. Zwischen 2019 und 2023 soll sich die Menge der in die Reserve eingestellten Zertifikate auf 24 % der in Umlauf befindlichen Zertifikate verdoppeln. Ab 2021 wird die Gesamtzahl der Emissionszertifikate um 2,2 % anstatt wie bisher um 1,7 % jährlich gesenkt.
3 Es ist zu erwarten, dass die Maßnahmen zu einem weiteren Anstieg der Zertifikatpreise führen, sodass die THG-Vermeidungskosten in diesem Sektor mit dem größten Einsparpotenzial (BMUB
2016) als Referenzgröße (Benchmark) dienen können.
2.
Die EU-Mitgliedstaaten haben vereinbart, dass die Wirtschaftssektoren, die nicht unter das EU-ETS fallen – wie Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft – ihre Emissionen als Beitrag zum Gesamtziel bis 2030 um 30 % gegenüber 2005 reduzieren müssen. In der im Mai 2018 angenommenen Lastenteilungsverordnung (EU
2018) wurden für alle Mitgliedstaaten verbindliche Jahresziele für die Reduzierung der THG-Emissionen im Zeitraum 2021–2030 festgelegt. Demnach müssen in Deutschland die betroffenen Sektoren ihre THG-Emissionen um 38 % mindern. Sofern es zur Erreichung der Minderungsziele für Nicht-EU-ETS-Sektoren wie der Landwirtschaft notwendig ist, darf in beschränktem Umfang auf THG-Emissionsgutschriften aus dem LULUCF-Sektor zurückgegriffen oder nicht benötigte Emissionsrechte in anderen Mitgliedstaaten zugekauft werden. Alle fünf Jahre erfolgt eine umfassende Überprüfung der Emissionsberichte der Mitgliedstaaten durch die EU-Kommission. Mitgliedstaaten, die keine ausreichenden Fortschritte machen, müssen geeignete Maßnahmenpläne zur Erreichung der Minderungsziele vorlegen.
3.
Das in der EU-Lastenteilungsverordnung 2018/842 festgelegte Minderungsziel für Deutschland hat die Bundesregierung auf die Nicht-ETS-Sektoren in Deutschland im Rahmen des Klimaschutzplans
2050 (BMUB
2016) heruntergebrochen. Die zugeordneten Minderungsziele sollen von den Sektoren eigenverantwortlich bis 2030 erfüllt werden, wozu jeweils unterschiedliche Maßnahmen vorgeschlagen wurden. Die im Übereinkommen von Paris geforderte THG-Neutralität wird es jedoch zukünftig erforderlich machen, die Gestaltungsoptionen auch in diesen Sektoren in den Klimaschutzplan einzubeziehen (BMUB
2016).
4.
Aufgrund der Klage der EU gegen die Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Verstoßes gegen die Nitrat-Richtlinie (Richtlinie 91/676/EG des Rates) wurde das Düngerecht novelliert (Europäische Kommission
2018,
2019). Die Novellierung umfasst Änderungen im Düngegesetz, in der Düngeverordnung sowie die Ermächtigungsgrundlage für die Bilanzierung von Stoffströmen. Im Wesentlichen zielen die Änderungen auf eine bedarfsorientierte Düngung und die Einhaltung von N-Düngungsobergrenzen (Einbeziehung von Gärresten, Klärschlamm, Kompost in die 170 kg N
org/ha – Obergrenze) (Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) und Bundesinformationszentrum Landwirtschaft
2018). Neben dem Ziel der Reduktion von Nitratemissionen aus der Landwirtschaft in Gewässer kann erwartet werden, dass diese Maßnahmen auch zur Reduktion von Lachgasemissionen führen werden.
6.2 Ergebnisse für den Sektor Siedlung und Verkehr
In
Deutschland wurde die Siedlungs- und Verkehrsfläche im Zeitraum von 1992 bis 2005 um rund 575.000 ha auf 4,6 Mio. ha kontinuierlich ausgedehnt. Die tägliche Flächenneuinanspruchnahme betrug in diesem Zeitraum im Mittel ca. 120 ha. Von 2005 bis 2015 wurde sie auf rund 65 ha pro Tag nahezu halbiert, sodass die Siedlungs- und Verkehrsfläche in diesem Zeitraum um etwa 300.000 ha auf 4,9 Mio. ha zunahm. Bei einer Fortschreibung der derzeitigen bzw. absehbaren gesellschaftlichen
, politischen
und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wird nach den Modellprojektionen bis zum Jahr 2030 eine Zunahme um weitere ca. 200.000 ha auf rund 5,1 Mio. ha erwartet. Dabei ist von einer Abnahme der Flächenneuinanspruchnahme auf etwa 45 ha pro Tag zum Ende des Projektionszeitraumes auszugehen (vgl. Abschn.
4.4). Trotz dieser sich bereits abzeichnenden sowie projizierten Abnahme der Flächenneuinanspruchnahme sind demnach zusätzliche Anstrengungen erforderlich, um das „30-ha-Ziel“ der Bundesregierung zu erreichen. Darüber hinaus wird bei einer Fortschreibung der derzeitigen Rahmenbedingungen ein kontinuierlicher Flächenzuwachs des Waldes von insgesamt knapp 3 % bis 2030 angenommen, wodurch sich die Waldfläche bis 2030 von 30 auf 31 % erhöhen würde.
In der Studie wurde untersucht, in welchem Umfang und mit welchen Maßnahmen sich die Neuinanspruchnahme von Flächen für Siedlung, Verkehr und Erholung reduzieren lässt und wie viel Fläche für produktive Zwecke in der Land- und Forstwirtschaft verbleibt. Nach den Ergebnissen der Wirkungsanalysen ließe sich durch eine konsequente Umsetzung von Maßnahmen, die dem Klimaschutz dienen – wie der Stärkung der Innenentwicklung, der Ausschöpfung baulicher Dichte im Neubau, der Reduktion der Flächeninanspruchnahme durch Verkehr, der Stärkung des ÖPNV oder die zusätzliche Ausweisung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten –, die Flächenneuinanspruchnahme auf 20 bis 30 ha pro Tag begrenzen. Die Maßnahmen führen ferner zu einer besseren verkehrlichen Erreichbarkeit. Dies unterstützt eine Veränderung des Modal Split und kann den hohen Anteil des motorisierten Individualverkehrs und damit beträchtliche THG-Emissionen reduzieren. Im langfristig angelegten Umbau der Siedlungs-, Gebäude- und Verkehrsinfrastruktur liegt das größte THG-Einsparpotenzial, für das im Rahmen der Studie keine Vermeidungskosten beziffert werden konnten.
Auch wenn deutschlandweit betrachtet in der Klimaschutzstrategie die Flächeninanspruchnahme deutlich reduziert werden kann, ist davon auszugehen, dass es weiterhin Regionen mit hohem Flächenzuwachs gibt. Von einem weiterhin hohen Flächenzuwachs trotz der durchgeführten Maßnahmen wird im Umland der Großstädte (v. a. Hamburg, Berlin, München), im Rheinland, der Metropolregion Rhein-Neckar und im westlichen Niedersachsen (Emsland) auszugehen sein. In weiten Landesteilen Sachsens, Sachsen-Anhalts und Mecklenburg-Vorpommerns könnte aufgrund des hohen Leerstands ein Netto-Rückbau stattfinden, der entsprechend begleitet werden muss, um die bestehenden Strukturen zu stärken. In vielen kreisfreien Städten könnte die Baulandnachfrage vollständig durch Innenentwicklung befriedigt werden. Hierzu zählen viele Städte im Ruhrgebiet (z. B. Essen, Dortmund, Herne), von denen einige aufgrund des hohen Leerstands auch Netto-Rückbau betreiben könnten (z. B. Gelsenkirchen, Bochum), aber auch andere kreisfreie Städte – vor allem solche mit Bevölkerungsrückgang – könnten ihre Außenentwicklung durch Maßnahmen der Innenentwicklung, Konzentration und Entsiegelung drastisch reduzieren, wie z. B. Offenbach, Ludwigshafen, Wuppertal, Solingen, Krefeld oder Kassel.
Eine vergleichbar hohe Verringerung der täglichen Flächeninanspruchnahme ließe sich durch ein ähnliches, allerdings auf Natur- und Umweltschutz ausgerichtetes Maßnahmenbündel erzielen, wobei der restriktivere Freiraumschutz eine hohe Wirkung erzielt. Hinsichtlich des Flächensparens sind die Maßnahmen der Natur- und Umweltschutzstrategie zwar weniger restriktiv, bewirken aber dennoch eine erkennbare Verbesserung beim Erhalt von aus naturschutzfachlicher Sicht schützenswerten Räumen.
Wird ein stärkerer Fokus auf Klimaanpassung gelegt, ginge das aufgrund der dafür notwendigen Flächenerfordernisse zu Lasten einer Verringerung der Flächenneuinanspruchnahme, die sich nur auf 40 ha pro Tag reduzieren ließe. Wichtige flächenrelevante Maßnahmen sind hierbei der Rückzug aus der Fläche (dezentrale Konzentration), Erhalt und Entwicklung innerstädtischer Freiflächen, zusätzliche Ausweisung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten und die Stärkung des Hochwasserschutzes. Eine Auflockerung der Bebauung, die Schaffung, Sicherung und klimaeffiziente Bewirtschaftung klimarelevanter Grünflächen sowie die Erhaltung, strukturelle Verbesserung und Schaffung von Luftleitbahnen (insbesondere linearer Grün- und Wasserflächen) reduzieren den innerstädtischen Hitzeinseleffekt.
6.3 Ergebnisse und Empfehlungen für die Landwirtschaft
Horst Gömann, Johanna Fick und Martin Henseler
Während die Landwirtschaftsfläche laut Liegenschaftskataster im Zeitraum von 1990 bis 2014 um 1,0 Mio. ha auf 18,5 Mio. ha zurückging, nahm die von landwirtschaftlichen Betrieben bewirtschaftete landwirtschaftlich genutzte Fläche (LF) lediglich um 0,5 Mio. ha auf 16,7 Mio. ha ab. Rund die Hälfte der Inanspruchnahme von Flächen für Siedlung und Verkehr sowie für den Ausgleich der dadurch bedingten Eingriffe in die Natur entfiel in der Summe auf Landwirtschaftsflächen, die nicht von landwirtschaftlichen Betrieben bewirtschaftet wurden. Über die tatsächliche Nutzung dieser Flächen liegen keine statistischen Informationen vor. Ihr Umfang reduzierte sich im genannten Zeitraum von 2,3 auf 1,8 Mio. ha.
Bis zum Jahr 2030 wird ein weiterer Rückgang der LF auf 16,5 Mio. ha projiziert. Unter Berücksichtigung der erwarteten Produktivitätsentwicklungen, Faktoreinsatzmengen und ökonomischen Rahmenbedingungen werden den Modellergebnissen zufolge die Anbauflächen von Weizen, Raps und Mais zu Lasten anderer Kulturen ausgedehnt. Es wird erwartet, dass der Viehbestand in Deutschland bei ca. 8 Mio. Großvieheinheiten (GVE) nahezu konstant bleibt, mit leichten Verschiebungen zugunsten von Schweinen und Geflügel.
Die THG-Emissionen in der Landwirtschaft verringerten sich im Zeitraum von 1990 bis 2014 um 18 % auf 72 Mio. t CO
2-Äqu. (BMUB
2016, S. 33), hauptsächlich infolge des Viehbestandsabbaus Anfang der 1990er-Jahre in den fünf östlichen Bundesländern. Nach der im RAUMIS-Modell vorgenommenen Systemabgrenzung, die von der Systematik in der nationalen THG-Berichterstattung abweicht, beliefen sich die THG-Emissionen im Basisjahr 2010 auf rund 73 Mio. t CO
2-Äqu. Im Vergleich dazu weisen WBAE und WBW (
2016) für das Jahr 2010 insgesamt 62,3 Mio. t CO
2-Äqu. aus; davon 24,6 Mio. t CO
2-Äqu. (39 %) für Fermentation (CH
4), 10,2 Mio. t CO
2-Äqu. (16 %) für Düngerwirtschaft (N
2O und CH
4), 24,1 Mio. t CO
2-Äqu. (39 %) für Landwirtschaftliche Böden (N
2O), 3,4 Mio. t CO
2-Äqu. (5 %) für andere CH
4-, N
2O- und CO
2-Emissionen (z. B. Kalkung, Harnstoff) (WBAE und WBW
2016, S. 19, Tab.
2.1)
Angesichts der unterstellten landwirtschaftlichen Produktionsentwicklungen bleiben die THG-Emissionen der Landwirtschaft nach den Modellergebnissen bis zum Jahr 2030 weitgehend konstant. Diese Projektionen decken sich mit den erwarteten Entwicklungen in der Thünen-Baseline 2018 (Offermann et al.
2018).
Die in der Studie hinsichtlich ihres THG-Einsparungspotenzials untersuchten wichtigsten Bereiche der landwirtschaftlichen Landnutzung sind die Nutzung organischer Böden, die Anpassung des Düngemanagements, die Substitution fossiler Energie durch Biomasse sowie die Erhaltung und Schaffung von THG-Senken. Der ebenfalls wichtige Bereich der tierhaltungsbedingten THG-Emissionen wurde im Rahmen der Studie nicht betrachtet, weil sie nur einen indirekten Einfluss über den Futterbedarf und die Nährstoffeffizienz von Wirtschaftsdüngern auf die landwirtschaftliche Landnutzung haben. Gleichwohl ist die Tierproduktion ein wesentlicher Bestandteil des Gesamtsystems Landwirtschaft und ist bei der Ableitung zu empfehlender Handlungsoptionen für einen verstärkten Beitrag der Landwirtschaft zum Klimaschutz zu berücksichtigen.
Im Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung ist für die Landwirtschaft eine THG-Emissionsminderung auf 58–61 Mio. t CO
2-Äqu., d. h. um weitere rund 17 % gegenüber dem Jahr 2014, avisiert (BMUB
2016, S. 33). Nach den Wirkungsanalysen
in dieser Studie wäre dieses Ziel durch die untersuchte klimaschutzorientierte Maßnahmenkombination einschließlich der zu berücksichtigenden iLUC-Effekte erreichbar: Eine Wiedervernässung von rund 270.000 ha landwirtschaftlich genutzter organischer Böden, eine Abgabe auf mineralischen Stickstoff zur Steigerung der Düngeeffizienz sowie die Aufforstung von rund 0,5 Mio. ha landwirtschaftlicher Grenzstandorte würden nach den Modellergebnissen die THG-Emissionen um rund 11,8 Mio. t CO
2-Äqu. verringern. Allerdings ist hierbei zu berücksichtigen, dass die anrechenbare THG-Emissionsreduktion, insbesondere der Abgabe auf mineralischen Stickstoff, geringer ausfällt als in der vorliegenden Studie, in der die Lachgas-Emissionen
auf der Basis regionalisierter Faktoren ermittelt wurden, was derzeit nicht dem internationalen Standard der THG-Berichterstattung entspricht.
Eine vergleichbare Klimaschutzwirkung könnte ebenfalls mit einer bioenergieorientierten Landnutzungsstrategie erreicht werden, bei der der Energiemaisanbau gegenüber der Referenzprojektion im Jahr 2030 noch einmal um 1 Mio. ha ausgedehnt und auf den wiedervernässten organischen Böden zusätzlich Paludikulturen angebaut werden. Die Minderungswirkung beläuft sich auf rund 14,5 Mio. t CO2-Äqu. Dem stehen negative Effekte auf die Nährstoffbelastung des Grundwassers, auf das Landschaftsbild und – je nach konkreter Ausgestaltung der Anbauverfahren – gegebenenfalls auch auf die Biodiversität auf landwirtschaftlichen Flächen gegenüber und deutlich höhere Vermeidungskosten je t CO2, sodass die Gesamtbewertung dieser Strategie ambivalent und damit aus gesellschaftlicher Sicht deutlich schlechter ausfällt als die anderen untersuchten Strategien.
In einer auf Natur- und Umweltschutz orientierten Landnutzungstrategie wurden die Auswirkungen einer Extensivierung von insgesamt 10 % der landwirtschaftlich genutzten Fläche einschließlich 270.000 ha landwirtschaftlich genutzter organischer Böden analysiert. Den mit der Extensivierung vergleichsweise geringen THG-Minderungen stehen hohe iLUC-Effekte gegenüber, sodass das in der Natur- und Umweltschutzstrategie definierte Maßnahmenbündel nur bedingt geeignet ist, die Klimaschutzziele zu erreichen.
Die Bevölkerungsbefragung ergab eine deutlich positive Bewertung für die klimaschutzfokussierte sowie die natur- und umweltschutzorientierte Strategie aus gesamtgesellschaftlicher Sicht. Die erheblichen Nutzen, die in den Dimensionen Klima- und Gewässerschutz, Landschaftsbild sowie Erhaltung und Erhöhung der Biodiversität erzielt werden können, übertreffen die jeweiligen betriebswirtschaftlichen Einbußen deutlich. Würde die umwelt- und naturschutzorientierte Strategie kombiniert mit einer Vermehrung von Waldflächen und weiteren Klimaschutzmaßnahmen, die mit Naturschutzzielen gut zu verbinden wären (beispielsweise den Anbau von Paludikulturen auf wiedervernässten Moorflächen), ergäbe sich ein noch größerer positiver volkswirtschaftlicher Gesamteffekt – dabei wäre eine vollständige Kompensation der damit verbundenen betriebswirtschaftlichen Einbußen der landwirtschaftlichen Betriebe bereits berücksichtigt.
Aus den modellgestützten Ergebnissen lassen sich folgende Empfehlungen für klimaschutzorientierte Handlungsoptionen in der Landwirtschaft ableiten:
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