Bauteile im Geschossbau können der Energieeffizienz dienen. Insbesondere die Geschossdecken können Rohre zum Heizen und Kühlen aufnehmen. Das erhöht die energetische Effizienz eines Gebäudes.
Wird auf jeder Etage mittels Betonkernaktivierung beheizt und gekühlt: Forschungscampus von Schneider Electric auf dem Euref-Gelände in Berlin.
Frank Urbansky
Den Beton von Geschossdecken zu nutzen ist schon geraume Zeit bauliche Praxis. "Eine Betonkernaktivierung kann auch als Bauteilaktivierung bezeichnet werden. Körper mit einer hohen Masse und einem thermisch trägen Verhalten dienen als thermisch regulierendes Element innerhalb der Gebäudehülle. Hier wirkt die hohe Masse wie ein Dämpfer, der schwankende Temperatureinflüsse abfedert. Der große Vorteil des Systems ist gleichfalls auch sein Nachteil: Will man die Temperatur verringern, dann sorgt die Trägheit des Speichers für eine sehr langsame Reaktion", beschreibt Springer-Autor Nicolei Beckmann in seinem Buchkapitel Heizungssysteme auf Seite 191 die Funktionsweise und die daraus resultierenden Vorteile, aber eben auch Einschränkungen.
Durch diese Technologie lässt sich ein Gebäude über die Decken Heizen und Kühlen. Die Kühlung muss also in Zeiten von Klimaerwärmung und sich leicht aufheizenden Betonbauten nicht mittels Kompressionskälte gewährleistet werden, für die der energetische Aufwand etwa dreimal so hoch ist wie für eine gleich große Wärmemenge.
Grundlast kann abgedeckt werden
Will man eine Bauteileaktivierung anwenden, werden in Betonbauteile wie Decken, aber auch Pfeiler und Wände Rohrsysteme innerhalb der Stahlbewehrung eingelassen. Damit erreicht man etwa 35 Watt je Quadratmeter, was jedoch nur zur Grundlastabdeckung reicht. Es bedarf also weiterer Energiequellen, die weiter unten beschrieben sind.
Auch Mini-Rohre mit maximal 10 Millimetern Außendurchmesser oder sogenannte Kapillarrohrmatten, die nicht im Bauteil, sondern direkt unter seiner Oberfläche integriert werden, sind eine Möglichkeit. Hier sind bei kurzen Reaktionszeiten bis zu 90 Watt je Quadratmeter realisierbar.
In diesen Rohrsystemen zirkuliert Wasser, das entweder Wärme aus den Bauteilen aufnimmt und damit kühlt oder eben warmes Waser zuführt und damit die Betonteile aufwärmt, also heizt.
Da dieses System wie alle Flächenheizungen am besten im niedertemperaturigen Bereich funktioniert, bietet sich als Energiequelle eine Erdwärmepumpe an. Sie kann im Winter die benötigten Wärmemengen effizient bereitstellen, im Sommer hingegen die Wärme aus dem Gebäude aufnehmen und das Erdreich damit aufwärmen, um es quasi nach der Winterperiode wärmemengenmäßig zu regenerieren und als Speicher zu nutzen. Das wiederum erhöht die Effizienz im Heizbetrieb, da das Delta, also die Differenz zwischen dem Wärmeniveau im Erdreich und der gewünschten Innentemperatur im Gebäude, kleiner ausfällt.
Kühlung fast zum Nulltarif
Der große Vorteil liegt jedoch in der Kühlung im Sommer, die es quasi zum Nulltarif gibt, sieht man von den Stromkosten für die reversibel betriebene Wärmepumpe ab. Mit Zuluft lassen sich Leistungen zwischen 60 und 80 Watt je Quadratmeter erreichen, was für eine angenehme Temperierung selbst bei Hitzetagen ausreicht. Da zudem für beide Funktionen nur ein Rohrsystem verwendet wird, erspart man sich einen zweiten Kühlkreislauf. Allerdings müssen auch hier die Erfordernisse einer installierten Raumkühlung beachtet werden, etwa zum Taupunkt.
Auch wenn die Planung einer Betonkernaktivierung umfangreiches Know-how in Planung, Installation und Betrieb erfordert, so ist dies doch eine energieeffiziente und sehr umweltfreundliche Methode.
Ein Beispiel für ein solches Gebäude findet sich auf dem Euref-Campus in Berlin, der als erstes europäisches Quartier bis 2030 CO2-frei sein will. Hier hat der französische Weltkonzern Schneider Electric ein Gebäude zu Forschungszwecken errichtet, das auf mittels Betonkernaktivierung gewärmt und gekühlt wird. "In Beton von Massivdecken eingegossene Heizrohre (Bauteilaktivierung, Thermoaktive Decken, Betonkernaktivierung) sollten besonders zum Zwischenspeichern von Umweltenergie (Oberflächennahe Geothermie) verwendet werden", beschreibt Springer-Autor Dirk Bohne in seinem Buchkapitel Wärme- und Kälteversorgungsanlagen auf Seite 313 die hier verwendete Technologie.