Am Karlsruher Institut für Technologe entsteht im Forschungsprojekt NECOC eine Versuchsanlage zur Umwandlung von CO2 aus der Umgebungsluft in festen Kohlenstoff.
In dieser Versuchsanlage soll ein neuer Prozess zur Reduktion von CO2 in der Atmosphäre erprobt werden.
Moritz Leg
Die Abscheidung von Kohlenstoffdioxid (CO2) aus der Luft ist einer der Wege, um die Treibhausgasemissionen zu reduzieren. "Ein bisher öffentlich wenig debattierter Ansatz ist dabei die Entfernung von CO2 aus der Atmosphäre, so genannte „Negative Emissionen“ oder „Carbon Dioxide Removal“ (CDR). Neue Technologien zum Zweck der CO2-Entfernung sind mit spezifischen Chancen und Risiken verbunden", erläutern die Springer-VS-Autoren Autoren Matthias Holenstein, Christoph Beuttler, Anna-Lena Köng und Somara Gantenbein in ihrem Buchkapitel Public Deliberation zu Klimarisiken und Negativen Emissionen. Möglichkeiten und Grenzen der Partizipation auf Seite 73 dieses Thema.
Am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) wird schon seit Jahren zu diesem Thema geforscht. Aktuell entsteht im Forschungsprojekt NECOC (für NEgative CarbOn dioxide to Carbon) eine weltweit einzigartige Versuchsanlage im Containermaßstab. Sie soll aus dem in der Umgebungsluft enthaltenen CO2 das hochreine Kohlenstoffpulver „Carbon Black“ produzieren. Das wiederum kann industriell als Rohstoff genutzt werden, etwa in der Elektro-, Druck-, oder Bauindustrie. In drei Jahren soll das Projekt abgeschlossen sein.
Schädliches zu Nützlichem
In der Versuchsanlage werden folgenden Prozessschritte miteinander kombiniert: Mithilfe eines Adsorbers wird CO2 zunächst aus der Umgebungsluft gefiltert (Direct-Air-Capture-Verfahren, DAC). Danach wird es zusammen mit erneuerbarem Wasserstoff in einem mikrostrukturierten Reaktor in Methan und Wasser umgewandelt. Das erzeugte Methan dient dabei als Kohlenstoffträger für den weiteren Prozess und wird in einen mit flüssigem Zinn befüllten Blasenreaktor geleitet. In den aufsteigenden Methanblasen kommt es zur Pyrolysereaktion, bei der Methan in seine Bestandteile zerfällt: Wasserstoff und fester Kohlenstoff in Form von mikrogranularem Pulver, dem Carbon Black.
"Wir kennen die einzelnen Bausteine gut, allerdings haben wir sie noch nie im Verbund in einer integrierten Anlage realisiert", so NECOC-Projektkoordinator Benjamin Dietrich vom TVT. "Das ist eine Weltpremiere." Die Integration der Prozessbausteine und die Prozessführung seien entscheidend für die Energieeffizienz des Verfahrens und die Qualität des Produkts Carbon Black.
Fester Kohlenstoff leicht zu handeln
In diesem Endprodukt läge auch der entscheidende Vorteil gegenüber den bisher vorgeschlagenen Konzepten zur Reduzierung von atmosphärischem CO2, etwa Carbon-Capture-and-Storage-Methoden (CCS), bei denen die Speicherung von CO2 in tiefen Gesteinsschichten vorgesehen ist. Fester Kohlenstoff sei viel weniger komplex in der Handhabung als CO2 und sogar als Rohstoff nützlich. Bislang wurde Carbon Black im Übrigen hauptsächlich aus fossilem Erdöl hergestellt. "Insofern ist das Verfahren in mehrfacher Hinsicht ein technologischer Ansatz für eine nachhaltige Zukunft: Es kombiniert den direkten Beitrag zur Lösung des Klimaproblems mit einem Baustein einer postfossilen Rohstoffversorgung", so Dietrich.
Die Versuchsanlage wird auf dem Gelände des KIT errichtet. Ziel ist es, den Betrieb über einen längeren Zeitraum zu demonstrieren. In zukünftigen Ausbaustufen wird dann sowohl die Leistungsfähigkeit pro Container gesteigert als auch der parallele Betrieb vieler Anlagen möglich. "Die Entwicklung der Methanpyrolyse als CO2-armes Produktionsverfahren für Wasserstoff erscheint besonders aussichtsreich, wenn die dabei entstehenden Koppelprodukte ohne CO2-Emission nutzbar sind", benennt Springer-Vieweg-Autor Günter Harp in seinem Buchkapitel Technologien zur Produktion von Wasserstoff für die Herstellung synthetischer Kraftstoffe auf Seite 305 die Perspektiven dieser Technologie.