Die Novelle des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bringt zahlreiche Änderungen mit sich. So können nun Industrieanlagen schneller genehmigt werden.
Der Deutsche Bundestag hat der Novelle des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) zugestimmt. Damit sollen insbesondere Anlagen für Erneuerbare Energien schneller und einfacher genehmigt werden können, aber auch andere Industrieanlagen, die einer Genehmigung nach dem BImSchG bedürfen. Im Interview erklärt Dennis Kümmel, Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Experte für Umweltrecht und Erneuerbare Energien bei der Kanzlei FPS, welche Konsequenzen sich aus der Novelle ergeben.
Springerprofessional.de: Stellt die Novellierung des BImSchG tatsächlich eine Verbesserung gegenüber der vorherigen Situation dar und wenn ja, woran lässt sich dies festmachen?
Dennis Kümmel: Die Novelle enthält einige wichtige Verbesserungen, die das Verfahren für die Antragsteller erleichtern und beschleunigen können. Ein Baustein ist die Digitalisierung. Der elektronische Antrag wird zum Standard, die Papierakte zum Auslaufmodell. Der Erörterungstermin, bei dem Argumente für und gegen das Projekt ausgetauscht werden, kann durch eine Online-Konsultation ersetzt werden. Diese Möglichkeit wurde während der Corona-Pandemie als Ausnahme eingeführt und wird nun zur Regel.
Darüber hinaus wurde das Verfahren gestrafft. Wenn Fachbehörden, so wie die für Denkmalschutz, ihre Stellungnahmen nicht zeitnah abgeben, kann die Genehmigungsbehörde allein entscheiden oder einen externen Gutachter beauftragen – auf Kosten der Fachbehörde. Die Genehmigung muss je nach Komplexität des Vorhabens innerhalb von drei bis maximal zehn Monaten erteilt werden. Dauert es länger, wird die Behörde schadensersatzpflichtig, etwa für entgangenen Gewinn. Deutliche Erleichterungen gibt es beim "Repowering", wenn also eine alte Windenergieanlage durch eine neue, leistungsstärkere ersetzt wird. Die Genehmigungsbehörde muss sich auf einen Vorher-Nachher-Vergleich beschränken, sie prüft also nur die zusätzlichen Auswirkungen der neuen Anlage. Schließlich soll die Genehmigungsbehörde einen externen Projektmanager beauftragen, der die notwendigen Verfahrensschritte vorbereitet bzw. durchführt und damit die Mitarbeiter der Behörde entlastet.
Wie haben Ihre Kunden bisher reagiert?
Natürlich gibt es eine gewisse Skepsis bei den Unternehmen, da seit der Wiedervereinigung ein Beschleunigungsgesetz das andere jagt, ohne dass die Verwaltungsverfahren spürbar schneller geworden wären. Andererseits wird gelobt, dass an den richtigen Stellen angesetzt wird, nämlich bei der Beteiligung der Fachbehörden und beim Projektmanagement.
Wie könnte ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren aussehen?
Nach meiner Erfahrung sind die meisten Verzögerungen auf Personalmangel und fehlende oder schlecht zugängliche Informationen zurückzuführen. Die Novelle setzt daher an den richtigen Stellen an. Durch den obligatorischen Projektmanager werden die Fachleute in den Behörden von administrativen und organisatorischen Aufgaben entlastet und können sich auf ihre Kernkompetenz konzentrieren. Elektronische Antragsunterlagen können leichter verteilt und zugänglich gemacht werden als kistenweise Aktenordner. Zudem können sie in Zukunft mittels künstlicher Intelligenz ausgewertet werden, was ein großes Beschleunigungspotenzial haben könnte.
Welche zeitlichen Vorteile, bezogen auf verschiedene Branchen, könnte das bringen?
Die Neuregelungen haben das Potenzial, die Genehmigungsverfahren insbesondere für Windenergieanlagen um mehrere Monate zu verkürzen. Dies gilt insbesondere in den Bundesländern, in denen die Verfahren bisher sehr lange dauern. Nach einer Studie der "Fachagentur Windenergie an Land e.V." aus dem Jahr 2023 beträgt die durchschnittliche Verfahrensdauer für die Genehmigung von Windenergieanlagen im schnellsten Bundesland 12,6 Monate, während das langsamste Bundesland durchschnittlich 33,7 Monate benötigt. Es ist zu erwarten, dass sich diese Differenz durch die Neuregelung deutlich verringert.
Werden dadurch Beteiligungs- und Einspruchsmöglichkeiten reduziert?
Die Beteiligungs- und Einwendungsmöglichkeiten werden nur geringfügig geändert. Auf Bekanntmachungen in den örtlichen Tageszeitungen wird künftig verzichtet. Die Nachbarn müssen sich im Internet informieren. Außerdem müssen Eilanträge gegen Windenergieanlagen innerhalb eines Monats nach Genehmigung beim Verwaltungsgericht eingereicht und begründet werden.
Vita
Dennis Kümmel ist Rechtsanwalt im Frankfurter Büro der Kanzlei FPS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH & Co. KG. Als Fachanwalt für Verwaltungsrecht berät er zum Bau-, Umwelt- und Energierecht.