Windkraftanlagen haben es schwer. Die Politik behindert den Ausbau an Land. Bürgerinitiativen protestieren. Eines der Argumente ist der Infraschall. Doch der ist kein Störfaktor.
Im Windpark Wilstedt wurden mehrmals und über Jahre hinweg die Schallfrequenzen gemessen. Infraschall stellt demnach keine Belastung dar.
wpd windmanager
Gegner von Windkraftanlagen bringen in letzter Zeit verstärkt das Argument des zu hohen Infraschalls ins Spiel. "Über den Umfang der menschlichen Gehörleistung hinaus erstreckt sich die Beschäftigung mit Luftschall heute weit in den Infraschall- und den Ultraschallbereich und in Signalstärken weit unterhalb der menschlichen Hörschwelle und oberhalb der Schmerzgrenze", beschreibt Springer-Vieweg-Autor Erhard Werner in seinem Buchkapitel Wandler für Luftschallmessungen auf Seite 2 das derzeitige Forschungsfeld.
Dabei ist Infraschall Bestandteil des normalen Schalls. Vom menschlichen Gehör kann er aufgrund des niedrigen Frequenzbereiches von 0,6 bis 1,5 Hertz nicht wahrgenommen werden – und steht deshalb im Verdacht, quasi im Verborgenen gesundheitsschädlich auf die Anwohner in der Nähe von Windparks zu wirken.
Langzeitmessungen im Windpark
Wissenschaftler haben nun versucht zu ergründen, ob es etwas damit auf sich haben kann. Das Verbundprojekt "Objektive Kriterien zu Erschütterungs- und Schallemissionen durch Windenergieanlagen im Binnenland" (kurz: TremAc) vermaß daher die Schallemissionen im Windpark Wilstedt in Niedersachsen. Diese allererste Langzeit-Schallstudie kam zu dem Schluss, dass es keinen Zusammenhang zwischen seismischen Wellen oder Infraschall und Belästigung gibt.
An dem Forschungsprojekt beteiligten sich das Karlsruher Institut für Technologie, die Universität Stuttgart, die Technische Universität München, die Universität Bielefeld, die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und Mesh Engineering. Anlagenhersteller Enercon unterstützte die Studie, ebenso der Betriebsführer des Windparks wpd windmanager.
Schon 2012 bis 2014 wurde der Windpark auf Infraschall und Bodenerschütterungen untersucht. Im Ergebnis wurde er mit Zackenbändern an den Rotoren ausgerüstet, um die Schallemissionen zu reduzieren. 2018 wurden die Untersuchungen vertiefend wiederholt und die Ergebnisse im November 2020 veröffentlicht.
Anwohner nehmen subjektive Belastung wahr
Dazu erfolgten nicht nur Messungen, sondern auch die Anwohner wurden befragt. Die von ihnen beschriebenen Symptome konnten nur subjektiv auf den Betrieb der Anlage zurückgeführt werden. "Die tieffrequenten Schallamplituden, die sich dem Anlagenbetrieb zuordnen ließen, waren äußerst gering", so Johannes Pohl, Diplom-Psychologe am Institut für Psychologie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. "Und auch die gemessenen Bodenschwinggeschwindigkeiten wiesen Amplituden auf, welche um ein Vielfaches unterhalb der Spürbarkeitsgrenze des Menschen liegen. Dies macht es unwahrscheinlich, dass diese Wellenarten Stresseffekte auslösen oder ein Grund für erlebte Belästigungen sein können."
"Das Thema Infraschall wird sehr subjektiv wahrgenommen und die Diskussionen auf sehr emotionaler Ebene geführt", so Daniel Kurreck, Regionalleiter von der wpd onshore GmbH & Co. KG, der den Windpark Wilstedt bereits seit Jahren im Rahmen einer Erweiterungsplanung von Seiten der wpd betreut. Mit den Ergebnissen als Grundlage soll das Thema nun auf sachlicher Ebene weiter diskutiert werden.
Weitere Forschungen würden hierfür allerdings nötig sein, um einerseits eine noch windparkspezifischere Datenbasis zu schaffen und um andererseits die physikalischen und psychologischen Faktoren, die zu einer Belästigung beitragen können, besser zu verstehen, so Pohl.
Doch auch das dürfte letztlich zu kaum anderen Ergebnissen führen. "Wegen der im Rahmen der Baugenehmigung einzuhaltenden Abstände infolge der Vorgaben der TA Lärm gehen damit keine wissenschaftlich eindeutig quantifizierbaren Belastungen für den Menschen durch Infraschall aus. Auch die Tierwelt wird – nach gegenwärtigem Kenntnisstand – durch Infraschall nur wenig belastet", beschreibt den diesbezüglichen Wissensstand ein Autorenkollektiv um Martin Kaltschmitt in seinem Buchkapitel Stromerzeugung aus Windenergie auf Seite 557.