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05.11.2020 | Energie + Nachhaltigkeit | Schwerpunkt | Online-Artikel

Kunststoffe lassen sich effizienter zu Rohöl recyceln

verfasst von: Frank Urbansky

3 Min. Lesedauer

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Häufig werden Kunststoffabfälle nur verbrannt. Neben der energetischen Nutzung weist die Verflüssigung zu einem weiterverarbeitbaren Crude deutliche Vorteile gegenüber mineralischem Rohöl auf.

Kunststoffe lassen sich auf recht einfache Art verflüssigen und damit in den Ausgangszustand des Grundstoffs zurückversetzen, aus dem sie erzeugt wurden. "Ein aktuelles Beispiel für einen Pyrolyseprozess ist das ReOil-Verfahren […], welches sich gerade im Pilotbetrieb in der Raffinerie Schwechat befindet ]…]. Ein flüssiges, hochsiedendes Raffinerienebenprodukt fungiert hierbei als Lösungsmittel, um die Viskosität und Wärmeleitfähigkeit der Kunststoffschmelze zu verbessern", benennen die Springer-Autoren A. Lechleitner, D. Schwabl, T. Schubert, M. Bauer und M. Lehner in ihrem Zeitschriftenbeitrag Chemisches Recycling von gemischten Kunststoffabfällen als ergänzender Recyclingpfad zur Erhöhung der Recyclingquote ab Seite 53 ein Beispiel für eine industrielle Anwendung.

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Chemisches Recycling von gemischten Kunststoffabfällen als ergänzender Recyclingpfad zur Erhöhung der Recyclingquote

Kunststoffabfälle, speziell Verpackungsabfälle, liegen oft als Gemische mit hohem Verschmutzungsgrad vor. Die werkstoffliche Verwertung wird dadurch enorm erschwert, da die Sortierung und Reinigung dieser Fraktionen in vielen Fällen nicht ökonomisch sinnvoll oder technisch umsetzbar sind. 

In der Raffinerie wurde gemeinsam vom Betreiber OMV und dem Kunststoffspezialisten Borealis ein Verfahren entwickelt, bei dem die Kunststoffabfälle unter moderatem Druck und bei etwa 400 °C verflüssigt werden. Dieses ReOil genannte Verfahren beruht also auf einem Pyrolyseprozess. Im Endeffekt entstehen aus den sehr langkettigen Kohlenwasserstoffen der Kunststoffe deutlich kürzere und eben flüssige Kohlenwasserstoffe – ein synthetisches Crude, kurz SynCrude, das Rohöleigenschaften aufweist und direkt in der Raffinerie gemeinsam mit mineralischem Rohöl zum Einsatz kommen kann.

Lösungsmittel verringert Viskosität

Eine Besonderheit gegenüber anderen Verfahren ist der Einsatz eines heißen Lösungsmittels, um die Viskosität zu reduzieren. Das verbessert die Wärmeübertragung und erhöht die Energieeffizienz des Verfahrens. Zudem wird dadurch erst ein Transport der sehr zähen Kunststoffmasse durch die Rohre möglich.

2013 wurde zunächst eine Versuchsanlage mit einer Kapazität von 5 Litern je Stunde in einem Labor errichtet. 2018 folgte eine weitere Anlage in der OMV-Raffinerie in Schwechat mit 100 Litern je Stunde. Sie läuft 10 bis 20 Stunden am Tag und liefert Erfahrungswerte für den 24/7-Betrieb. Sie ist aber nur ein Schritt zu einer größeren Anlage, die 2.000 Kilogramm je Stunde oder 200.000 Tonnen je Jahr verarbeiten kann.

Das Umweltbundesamt stellte bei einer Untersuchung der Anlage fest, dass "durch die Substitution von klassischem Rohöl durch synthetisches Rohöl im Raffinerieprozess eine Reduktion von ca. 45 Prozent der Treibhausgasemissionen bei einem ca. 20 Prozent geringeren Energieeinsatz möglich" sei. Nach Angaben der OMV bildet der Prozess einen geschlossenen Kreislauf.
Ein Vorteil des Verfahrens liegt in der hohen Energiedichte der Kunststoffe, die eine hohe Ausbeute ermöglichen. Aus einem Kilogramm Kunststoff kann etwa ein Liter Kraftstoff hergestellt werden. Zudem sind die Transportwege der Kunststoffabfälle innerhalb eines Landes deutlich kürzer als die des Rohöls aus den Fördergebieten nach Europa. Und: Da Kunststoffe generell schwefelfrei sein müssen, ist das daraus erzeugte Crude ebenfalls schwefelfrei, was die Verarbeitung vereinfacht.

Nur Abfälle als Ausgangsstoff

Doch woher kommt der Grundstoff, also die Plastikabfälle, für dieses Verfahren? Für Polyethylenterephthalat (PET) existiert ein flächendeckendes Recycling-Modell. Jedoch werden die Flaschen meist wieder zu Kunststoffen verarbeitet. PET eignet sich zudem nur bedingt für die Pyrolyse, da dieser Kunststoff Sauerstoff enthält, was dem Verfahren abträglich ist. Besser eignen sich Polyethylen, Polypropylen oder Polystyrol, die von Recyclern bezogen werden und ihr Leben als Verpackung oder Dämmstoff hinter sich haben.

Diese Technologie wird zukunftsfähig sein. "Dass erst ein Rohstoffmix aus Biomasse, Reststoffen und Kohlenstoffdioxid eine nachhaltige Alternative zu fossilen Kohlenstoffquellen ergibt, ist auch das Ergebnis einer Studie, die vorschlägt, bis 2050 Biomasse, Kunststoffabfälle und Kohlenstoffdioxid zu den drei wesentlichen Rohstoffen der deutschen Chemieindustrie zu entwickeln", benennt dies Springer-Autor Manfred Kircher in seinem Buchkapitel Den Übergang in die Bioökonomie gestalten ab Seite 120.

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