Process Mining bietet Energieunternehmen eine Lösung, um ihre Prozesse effizienter und transparenter zu gestalten. Rudy Kuhn, Lead Transformation Advisor bei Celonis, erklärt im Interview, wie das konkret geht.
Rudy Kuhn ist Lead Transformation Advisor bei Celonis.
Celonis SE
springerprofessional.de: Wo sehen Sie den größten Bedarf an Automatisierung und digitalen Lösungen bei Ihren Kunden?
Rudy Kuhn: Das Marktumfeld verändert sich heute schneller als je zuvor. Unternehmen müssen auf globale, wirtschaftliche und politische Ereignisse reagieren. Kundenerwartungen steigen, neue Technologien entwickeln sich und Nachhaltigkeitsziele werden ehrgeiziger. All das erzeugt eine gewisse Unberechenbarkeit. Der größte Hebel für Veränderung liegt in den Prozessen. Prozessoptimierung und -automatisierung bieten den schnellsten Weg zur Wertschöpfung.
Wie wirken sich volatile Märkte wie die für Energie und geopolitische Unsicherheiten auf Energieunternehmen aus?
Nach Jahren der Stabilität sind wir jetzt mit einer ungewissen Zukunft konfrontiert. Die Weltwirtschaft ist im Umbruch, Lieferketten und Energieversorgung sind durch Krisen wie den Krieg in der Ukraine und klimatische Extreme gefährdet. Energieunternehmen müssen sich auf Versorgungsunsicherheiten und Störungen in der Lieferkette einstellen. Es gibt eine große Nachfrage nach Lösungen, um Prozesse zu optimieren, Resilienz aufzubauen und auf Preissteigerungen reagieren zu können. Der anhaltende Fachkräftemangel zwingt Unternehmen außerdem dazu, effizientere Prozesse zu gestalten, um auch mit weniger Personal leistungsfähig zu bleiben.
Welche Herausforderungen sind Ihnen bei Kunden aufgrund von Rohstoffkosten und Lieferkettenunterbrechungen begegnet?
Ein häufiges Problem ist die mangelnde Transparenz durch fragmentierte Systeme und Datensilos, die Ineffizienzen verursachen. Beispielsweise erschwerte bei Neste, einem führenden Unternehmen für nachhaltige Kraftstoffe, der komplexe Order-to-Cash-Prozess die Rechnungsstellung. Durch Process Mining und Echtzeit-Transparenz konnten wir Engpässe identifizieren und den Cashflow deutlich verbessern.
Wie hilft Process Mining, diese Probleme zu lösen?
Process Mining ermöglicht einen vollständigen Überblick über ihre End-to-End-Prozesse. Die Celonis-Technologie funktioniert wie ein Röntgengerät für Prozesse, das Engpässe und Kosten sichtbar macht. Ein digitaler Zwilling der Prozesse zeigt Abhängigkeiten und ineffiziente Schritte auf, so dass Unternehmen ihre Abläufe optimieren und profitabler werden können. Zudem unterstützt Process Mining andere KI-Anwendungen, indem es präzise Empfehlungen für Prozessverbesserungen liefert.
Was erwarten Ihre Kunden von Process Mining in Bezug auf Kostensenkungen und Prozessoptimierung?
Sie erwarten konkrete Verbesserungen. Beispielsweise konnten wir für Neste den Cashflow um 55 Millionen Euro pro Monat steigern und bei einem Energieriesen Materialeinsparungen von 100 Millionen US-Dollar erzielen. Solche Erfolge wecken natürlich Erwartungen.
Kann Process Mining Ausfallzeiten und Wartungskosten reduzieren?
Ja, das ist ein wesentlicher Vorteil unserer Technologie. Durch die Priorisierung von Wartungsarbeiten und die genaue Abstimmung von Stammdaten und Materialplanung konnten wir einem führenden Energieunternehmen helfen, Instandhaltungskosten um 20 Prozent und Ausfallzeiten um 15 Prozent zu reduzieren.
Inwieweit trägt Process Mining zu nachhaltigeren Geschäftsprozessen bei?
Effizientere Prozesse bedeuten oft einen geringeren Ressourcenverbrauch. Ineffizienzen aufzudecken hilft Unternehmen, Kosten zu senken und nachhaltiger zu wirtschaften. Beispielsweise konnte ein Stahlhersteller durch Optimierung der Fahrzeugauslastung über 4.500 Tonnen CO₂ einsparen.
Wie hilft Process Mining bei der Erfüllung regulatorischer Anforderungen?
Es bietet Echtzeit-Transparenz, wodurch Risiken frühzeitig erkannt und präventive Maßnahmen ergriffen werden können. Das erleichtert Dokumentation und Berichtspflichten erheblich. Gerade beim Lieferkettengesetz unterstützt Process Mining Unternehmen dabei, ihre Lieferketten gesetzeskonform, ethisch und nachhaltig zu gestalten.
Welche Einsparungen sind durch Process Mining in der Beschaffung möglich?
Das Einsparpotenzial variiert je nach Unternehmen. Zum Beispiel konnte bp durch Process Mining rund 800 Millionen US-Dollar bei den Beschaffungskosten sparen.