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18.05.2018 | Energie | Kommentar | Online-Artikel

Neuaufstellung von Eon und RWE schafft neue Großstrukturen

verfasst von: Frank Urbansky

3:30 Min. Lesedauer

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Mit ihrem gegenseitigen Tausch von Firmenteilen finden "E.ON" und RWE keine Antwort auf die Energiewelt von morgen. Diese wird dezentral und digital sein. Größe ist kein bestimmendes Moment mehr.

Die Neuaufstellung der beiden Energiekonzerne Eon und RWE stellt den Strommarkt in Deutschland auf den Kopf. Zum einen entsteht ein Großkonzern (Eon), der wohl 40 Prozent des Endkundengeschäfts sowie zwei Drittel der Verteilnetze beherrschen wird, zum anderen ein weiterer Großkonzern (RWE), der ein Großteil seiner bisherigen fossilen mit erneuerbaren Erzeugungskapazitäten koppelt. Viele Experten sehen darin eine bedenkliche Anhäufung von Kapazitäten, die nicht nur dem Kartellrecht zuwiderläuft.

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Nach Schätzungen von Experten laufen deutschlandweit in den Jahren 2010 bis 2016 etwa 8 000 der insgesamt rund 14 000 Konzessionen im Strombereich aus (Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft. Baden-Württemberg, 2012). Das sind fast 60 % aller Stromnetzkonzessionen, über die in einem relativ kurzen Zeitfenster entschieden werden muss. 


Dabei versuchen die Konzerne etwas, was wenig erfolgversprechend wirkt: das Hinüberretten von Größe in eine dezentrale und digitalisierte Energiewelt. Sicher – beim Netzbetrieb wird sich an den sehr zentralen Strukturen wenig ändern. Derzeit teilen sich vier Übertragungsnetzbetreiber und gut 900 Verteilnetzbetreiber, darunter Eon als Platzhirsch, den Markt auf. Das Stromnetz ist eine physikalische Notwendigkeit, um die kein Stromproduzent, sei er auch noch so klein, herumkommt. Zudem ist dieser Bereich staatlich geregelt und verspricht immer sicheren Gewinn.

Netz allein reicht nicht

Doch Margen im Netzbetrieb, so hoch sie auch sein mögen, können nicht das restliche Geschäft von Eon finanzieren. Dieses müsste auf eigenen Beinen stehe. Gerade bei der beherrschenden Stellung des Unternehmens im Endkundenmarkt für Strom kommen da jedoch Zweifel auf. Derzeit wird im Stromhandel mit Endkunden kaum Geld verdient. 

Auch hier tummeln sich - analog den Netzbetreibern – neben 900 Anbietern, meist Stadtwerke und Regionalversorger, noch viele kleine Newcomer. Diese können aufgrund ihrer Strukturen, aber eben auch durch das Fehlen defizitärer alter Erzeugungsstrukturen, wesentlich schneller am Markt reagieren und mit einer geringeren Marge auskommen. Sie müssen nichts gegenfinanzieren und entwickeln schon heute Tarife, die den Wünschen der Kunden nach mehr Flexibilität entgegenkommen. Beispiele sind Wärmepumpenstrom oder günstige Angebote nachts – alles Tarife, die die alten Anbieter über die letzten zwei Jahrzehnte wegen Unrentabilität geschliffen haben.

Zudem – und das kann man auf jeder energiewirtschaftlich orientierten Messe landauf, landab beobachten – drängen junge Startups mit teils simplen Lösungen für uralte Probleme auf die Energiemärkte. Ein Beispiel dafür ist die Ableserei der Stromdaten. Zwar wird die mit dem Smart Meter Rollout digitalisiert. Bis das ins letzte Eigenheim vorgedrungen ist, werden noch gut sieben Jahre ins Land gehen. 

Gerade diese Daten sind aber das Gold der Energiewirtschaft von morgen. Denn sie geben nicht nur Auskunft über Verbräuche, sondern auch über Lastsenken- und Spitzen, über Reserven in der Erzeugung, in Netzen und Speichern. Erst das wird einen zukünftigen Strommarkt mit überwiegend erneuerbaren Energien möglich machen – und interessante, weil auskömmliche Tarife ermöglichen, etwa in Kopplung mit dem Regelenergiemarkt. 

Antworten auf Digitalisierung

RWE verfolgte hier mit seiner Tochter Innogy einen interessanten Ansatz, der ein Komplettpaket von digital überwachter Erzeugung bis hin zum Smart Home liefern soll. Doch Innogy hatte einen Geburtsfehler: Das Unternehmen konnte sich nie aus der Konzernstruktur mit seinen langwierigen Entscheidungen lösen. Dennoch erwirtschaftete das Unternehmen kontinuierlich Gewinne, wenn auch kleine. Nun geht die Zukunftsoption an Eon, wo man Innogy einst als scharfen Konkurrenten für die eigenen Konzernbemühungen in Richtung Digitalisierung sah.

Was wird passieren?

Eons Bemühungen, und dafür muss man kein Wahrsager sein, werden auf dem Gebiet der Digitalisierung erlahmen. Nicht, weil Innogy übernommen wurde und so quasi ein großer Konkurrent fehlt. Sondern weil – egal, wie die Strukturen aussehen – sich die Innogy-Teile in einer altbekannten Konzernstruktur wiederfinden, mit langen Entscheidungswegen und vielen Gründen der Verweigerung, warum dies und jenes nicht zu machen ist. Genau das hat Innogy schon bisher das Leben schwer gemacht.
So werden RWE und Eon weiter Dinosaurier der Energiewirtschaft bleiben. Eon hat mit dem Abstoßen seiner fossilen und atomaren Kraftwerkssparte in Uniper zwar einen etwas moderneren Anstrich bekommen. Doch beim Überleben in der Energiewelt von morgen wird das kaum helfen.

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