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09.06.2015 | Energie | Interview | Online-Artikel

Strom in einem komplexen Markt klug beschafft

verfasst von: Sabine Voith

4 Min. Lesedauer

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Ingrid Schumacher und Philip Würfel geben im Buch "Strategien zur Strombeschaffung in Unternehmen - Energieeinkauf optimieren, Kosten senken" ein Update in Sachen Stromeinkauf. Wir sprachen mit den Autoren.

Springer für Professionals: In ihrem Buch gehen Sie auf Faktoren ein, die sich auf den Strommarkt und die beschaffenden Unternehmen auswirken. Welche sind das und warum sind sie so bedeutend?

Philip Würfel: Die sogenannte "Energiewende" stellt einen "Megatrend" mit grundsätzlichen Folgen für die Strombeschaffung dar. Darunter lassen sich verschiedene Teiltrends subsumieren. Diese sind der Ausbau der Erneuerbaren Energien, die Steigerung der Energieeffizienz, der Rückzug aus den fossil-nuklearen Erzeugungstechnologien und der Umbau von einer zentralen Versorgungsstruktur hin zu einer dezentralen.

Die Trends sind überaus bedeutend, es handelt sich um richtige "Game-Changer". Es sind keine kurzfristigen, zyklischen Marktphänomene. Diese Trends verändern vielmehr die Marktstruktur mit Auswirkungen auf alle Beteiligten sehr nachhaltig. Dies betrifft Energieversorger und deren Kundenunternehmen wie Industrie-, Handels-, Dienstleistungsunternehmen gleichermaßen.

Waren Energieversorger in der Vergangenheit reine Energielieferanten, müssen sie sich mehr und mehr zu Energiedienstleistern entwickeln. Kundenunternehmen waren früher in der Rolle der "passiven" Energieabnehmer. Heute werden Sie immer mehr in die Versorgungsstruktur eingebunden. Sie übernehmen teilweise die Rolle von Energieproduzenten und sind Partner bei der Entwicklung von neuen Dienstleistungen und Energieprodukten.

Herr Würfel, Sie gehen im Online-Artikel "Energiewende als Chance im Stromeinkauf" auf den Stromeinkauf ein. Können Sie die Herausforderungen im Stromeinkauf kurz zusammenfassen?

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Philip Würfel: Die Komplexität der Märkte hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Kundenunternehmen bieten sich eine Vielzahl an neuen Optionen zur Strombeschaffung, weitaus mehr als in früheren Jahren. Es werden neue Chancen geboten, die es zu nutzen gilt. Diese zunehmende Komplexität und die dadurch möglichen neuen Chancen verlangen von Kundenunternehmen ein höheres Maß an Kompetenz zur Strombeschaffung als bisher.

Die eingangs erwähnten Teiltrends der Energiewende verschieben beispielsweise die bisher bekannten Preisstrukturen an den Großhandelsmärkten. Dadurch eröffnen sich neue Perspektiven im Zusammenspiel von Termin- und Spotmarkt. Voraussetzung, um diese zu nutzen, ist das Verständnis dieser Mechanismen auf Seiten der Kundenunternehmen. Hierzu möchten wir unter anderem mit diesem Buch beitragen.

Ein Strombeschaffungsmodell ist wesentlich für die Strombeschaffungsstrategie, so ihre These. Was macht ein gutes Modell aus?

Ingrid Schumacher: Ein gutes Modell zeichnet sich dadurch aus, dass es die individuellen, betrieblichen Notwendigkeiten eines Unternehmens passgenau berücksichtigt. Wir skizzieren im Buch die gängigen Strombeschaffungsmodelle. Jedes Modell hat spezifische Vor-und Nachteile. Das heißt jedes beschaffende Unternehmen muss diese Vor-und Nachteile vor dem Hintergrund seines individuellen betrieblichen Chancen-Risikoprofils analysieren und entsprechend auswählen. Es gibt deshalb nicht das "eine" gute Beschaffungsmodell an sich, sondern nur das gute Beschaffungsmodell für das jeweilige beschaffende Unternehmen.

Gibt es neben dem Strombeschaffungsmodell weitere Faktoren, die zu einer ganzheitlichen Strategie zählen?

Ingrid Schumacher: Das festzulegende Strombeschaffungsmodell ist der eigentliche Kern einer ganzheitlichen Strombeschaffungsstrategie. Dieser Kern wird von weiteren Aspekten der Energiebeschaffung ergänzt. Dazu zählen eine professionelle Administration, effiziente Reportinginstrumente, vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten oder effektive und effizienten Abrechnungsstrukturen. Für jedes Unternehmen haben die einzelnen Aspekte eine unterschiedliche Gewichtung. Eine ganzheitliche Energiebeschaffungsstrategie integriert alle diese Aspekte entsprechend Ihrer individuellen betrieblichen Gewichtung und fasst sie im Sinne eines geschlossenen Ganzen zusammen.

Auch bei der Strombeschaffung geht es um Outsourcing. Wie stellt sich dies dar?

Ingrid Schumacher: In diesem Zusammenhang bedeutet Outsourcing die vollständige oder teilweise Auslagerung des Strombeschaffungsprozesses an einen externen Dienstleister. Die Frage der Zweckmäßigkeit von Outsourcing ist immer erst nach einer Abwägung des Kosten-Nutzenverhältnisses zu beantworten.

In knappen Worten: Was raten Sie energiebeschaffenden Unternehmen, die in Zeiten der Energiewende die Strombeschaffung wirtschaftlich gestalten möchten?

Philip Würfel: In knappen Worten lässt sich unser Ratschlag wie folgt zusammenfassen:
Einerseits müssen Kundenunternehmen eigene Fachkompetenz für die Energiebeschaffung aufbauen. Der Aufwand für diesen Kompetenzaufbau muss dabei im Zusammenhang zur Bedeutung der Energiebeschaffung für den unternehmerischen Gesamterfolg stehen. Andererseits können sich energiebeschaffende Unternehmen für Energieversorger bzw. einen Energiedienstleister entscheiden, der sie über den gesamten Beschaffungsprozess und über alle Aspekte der Energiebeschaffung mit einer Einschätzung der Chancen und Risiken vertrauensvoll begleitet. Das muss im Zweifel nicht immer der billigste Anbieter sein.

Die Interviewpartner
Philip Würfel ist Key-Account Manager bei der MVV Energie AG. Er ist Autor der Bücher "Strategien zur Strombeschaffung in Unternehmen - Energieeinkauf optimieren, Kosten senken" und "Unter Strom".
Ingrid Schumacher ist Key-Account Managerin bei der ista Deutschland GmbH und Autorin des Buches "Strategien zur Strombeschaffung in Unternehmen - Energieeinkauf optimieren, Kosten senken".

Das Interview führte Sabine Voith, freie Autorin, für Springer für Professionals.

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