Intelligente Stromnetze, sogenannte Smart Grids, vernetzen und steuern Stromerzeuger, Speicher, elektrische Verbraucher und Netzbetriebsmittel
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Ob Energiewende, Elektromobilität oder Smart Home: Intelligente Stromnetze sind das Gewebe, aus dem die Zukunft gemacht ist. Smart Grids basieren auf der engen Verzahnung von Energie- und Datennetzen, die leistungsstarke, ausfallsichere Infrastrukturen im Bereich IT und Telekommunikation erfordern. Eine der zentralen Fragen für Europa ist: Können und sollten wir uns beim Ausbau auf bestehende Kommunikationsinfrastrukturen der Telekommunikationsunternehmen stützen oder müssen neue Netze errichtet werden?
Inzwischen herrscht mehr Klarheit über diese Frage: Eine pauschale Antwort darauf gibt es jedoch nicht. Dafür existiert mit Energise innerhalb der EU jetzt die erste flächendeckende Erhebung zu Smart Grids auf Basis gemeinsam genutzter Kommunikationsinfrastrukturen. Sie enthält Grundlagen-Informationen, Einschätzungen zu Anwendungsfällen und Kooperationsmodellen für intelligente Netze aus allen 28 EU-Mitgliedsstaaten. Damit ist unter den Akteuren aus der Telekommunikationsbranche und dem Energiesektor erstmals eine umfassende EU-weite Bestandsaufnahme gelungen.
Von den Besten lernen
Die Studie war eine Art Crowd Sourcing auf EU-Ebene: Der Erfahrungsaustausch beinhaltete die Konsultation aller relevanten Stakeholder der jeweiligen Nationen. Als Konsortialführer befragte TÜV Rheinland gemeinsam mit dem Wissenschaftlichen Institut für Infrastruktur und Kommunikationsdienste (WIK) über mehr als zwei Jahre hinweg verschiedene Interessengruppen. Zu den Stakeholdern zählten die Wirtschafts- und Energieministerien der EU-Länder, die Regulierungsbehörden für Energie und Telekommunikation, die nationalen Netzagenturen sowie die großen Versorger wie Telekommunikationsunternehmen und Gerätehersteller ebenso wie Energienetzbetreiber und Forschungseinrichtungen.
Nach dem Motto "Von den Besten lernen" ermittelten die Experten konkrete Konzepte und Lösungsmöglichkeiten und brachten so mehr über die Potentiale der digitalen Netze in den einzelnen Ländern in Erfahrung. Die Erhebung umfasste aktuelle Kooperationsansätze zur Entwicklung von Smart Grids sowie Ansätze, relevante Stakeholder besser zu vernetzen und ein gemeinsames Verständnis für strategische und technische Anforderungen an Smart-Grid-Lösungen zu schaffen. Erfahrungen, von denen alle Mitgliedsstaaten der EU profitieren können.
Reale Fallstudien aus der Praxis
Das Ergebnis sind insgesamt 47 reale Fallstudien, zusammengetragen aus 17 europäischen Ländern. Sie beschreiben bestehende Kooperationsmodelle von Energie- und Telekommunikationsunternehmen, darunter die Zusammenarbeit bei der Einführung von intelligenten Stromzählern (Smart Metering), den automatisierten Betrieb von Stromnetzen oder den Aufbau einer erweiterten Kommunikationsinfrastruktur für die Bereitstellung neuer Dienstleistungen. Andere Beispiele beleuchten die Möglichkeiten der gemeinsamen Nutzung bestehender Kommunikationsinfrastrukturen oder einer gemeinsamen Neuverlegung von Datenleitungen. Die Auswertung erfasste auch die Verteilung der Geschäftsmodelle: von der kommerziellen Lösung durch die Privatwirtschaft und Öffentliche Hand bis hin zum Joint Venture oder Tochter-Gesellschaften.
Das Decision Making Toolkit
Um die Möglichkeiten der Umsetzung und Zusammenarbeit zu erleichtern, hat TÜV Rheinland im Rahmen des Energise-Projekts ein Instrument entwickelt, das Akteure aus beiden Sektoren bei Infrastrukturentscheidungen rund um das Thema Smart Grids unterstützt: ein sogenanntes Decision-Making Toolkit, in das die 47 Fallstudien eingeflossen sind.
Um die Abfrage zu erleichtern, lässt sich das Toolkit nach Anwendungsfeldern und Kooperationstypen durchsuchen und nach länder- oder unternehmensspezifischen Aspekten filtern, etwa nach dem Grad des aktuellen Smart Metering-Rollouts, dem jeweils gewählten Modell, dem geplanten Verbreitungsgrad bis 2020 oder der Finanzierung des Rollouts.
Informationen zum Energise-Projekt: http://project-energise.eu