Energie lässt sich am effizientesten dezentral erzeugen und verbrauchen. Ein Quartier bietet sich dafür an. "Die Wohnung soll das Klima retten, Gesundheitsstandort sein, Pflegeheime ersetzen und dies alles bei möglichst sinkenden Mieten. Um diese komplexe Problematik zu lösen, ist eine stärkere Vernetzung der einzelnen politischen Ressorts, um in einer ganzheitlichen Betrachtung Lösungen und Unterstützungsmöglichkeiten für die Wohnungswirtschaft zu finden, nötig. Sinnfällig ist deshalb, die Bereiche Energie, Barrierearmut/-freiheit und Zugang zu den Wohnungen (Thema Fahrstühle) sowie Wohnumfeld in Quartierskonzepten mit integrierten Versorgungssettings zu beachten", beschreibt Springer Gabler-Autor Axel Viehweger auf Seite 270 seines Buchkapitels Ein Plädoyer für bezahlbares Wohnen nicht nur das energetische Problemfeld.
Landauf, landab gibt es schon viele Quartierslösungen, die darauf abzielen, die Verteilverluste mit Hilfe von Energienetzen so gering wie möglich zu halten. Das trägt zur Energieeffizienz bei.
Lokale Energiegemeinschaft als Kern
Forscher des Instituts für Vernetzte Energiesysteme des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) wollen nun noch einen Schritt weitergehen. Gemeinsam mit 20 Partnern entwickeln sie das Energetische Nachbarschaftsquartier (ENaQ) auf einer Teilfläche des ehemaligen Fliegerhorst-Geländes in Oldenburg. Es soll nicht nur energieeffizient sein, sondern auch klimaneutral.
110 Wohneinheiten aus Bestand und Neubau werden mit rund 26,4 Millionen Euro entwickelt. Davon werden 18 Millionen Euro durch das Förderprogramm "Solares Bauen / Energieeffiziente Stadt" abgedeckt. Insgesamt sollen auf dem Gelände 950 Wohnungen entstehen.
Kern des Projektes ist die lokale Energiegemeinschaft und die Frage, wie diese konzipiert sein muss, um sowohl sozial als auch wirtschaftlich zu funktionieren und zusammenzuhalten. Auch für Energiedienstleister muss das Projekt langfristig attraktiv und betriebswirtschaftlich tragbar sein. Dafür sorgen soll ein auf Teilhabe ausgelegtes Labor für Smart-City-Technologien.
Das Quartier soll mittels lokal erzeugter Energie versorgt werden. Wesentlich dabei ist die gekoppelte Erzeugung von Strom, Wärme und Kälte (KWKK) sowie deren Verbindung mit der Mobilität. Auch der Energietausch der Nachbarn untereinander soll gefördert werden. Gebildet werden dafür Energiegenossenschaften, die Anwohner als Energieproduzenten und Verbraucher mittels Anreizmodellen mit einbeziehen.
Die Forscher selbst wollen innerhalb des Projektes die komplette Energieversorgung mittels Simulationen planen. Als Komponenten kommen Solaranlagen inklusive PV-Wechselrichtern, Batteriesysteme als Heimenergiespeicher oder die Batteriesysteme von Elektrofahrzeugen in Frage. Ein Fokus wird auf Lösungskonzepten für kritische Netzsituationen liegen, um die Versorgungssicherheit im Quartier sicherzustellen.
GroKo will Quartiere unterstützen
Solche Quartierskonzepte können sich in der kommenden Legislaturperiode weiterer politischer Unterstützung erfreuen. Im Koalitionsvertrag von Union und SPD heißt es gezielt dazu: "Wir werden Wärmespeicher insbesondere für Quartiers- und Siedlungslösungen unterstützen. […] Wir wollen für die Erreichung der Klimaziele und zur Beschleunigung der Energiewende im Wärmesektor die Energieeffizienz und den Einsatz erneuerbarer Energien im Gebäudebereich weiter voranbringen. Dabei gelten für uns weiterhin die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit, der Technologieoffenheit, der Vereinfachung sowie der Freiwilligkeit. Die anzustrebenden CO2-Einsparungen können auch auf Quartiersebene bilanziert werden."
"Die dezentrale Energieversorgung darf allerdings dabei nicht im Gebäude steckenbleiben, sondern der Fokus wird auf dem Quartier liegen. Wer die Energiewende im Gebäudebereich will, muss die lokale Stromerzeugung und -nutzung unterstützen", beschreiben auf Seite 77 des Buchkapitels Mieterstrom – Chancen und Risiken für die Wohnungswirtschaft die Springer Vieweg-Autoren Ingrid Vogler sowie Iris Behr die grundsätzliche Richtigkeit dieses Ansatzes.