Im neuen Erweiterungsbau des Umweltbundesamtes Dessau wird auch die Heizung smart und zentral gesteuert.
Anderhalten Architekten
Die IFA 2016 hat es in Berlin wieder eindrucksvoll bestätigt. An der Vernetzung des trauten Heims, aber auch des Bürogebäudes oder der Produktionshalle führt kein Weg vorbei. Die Heizung spielt in den Überlegungen der Entwickler und Planer eine entscheidende Rolle. Ist sie doch, im Gegensatz zu den strombasierten Technologien, in der Lage, tatsächlich Energie zu sparen. Denn sie kann das Fehlverhalten von Mietern oder Mitarbeitern in Bezug auf die Heizungssteuerung ausgleichen. "Bei bekannten Raumparametern und physikalischen Daten kann beispielsweise die Wärmekapazitat gegenüber dem Außenraum ermittelt werden, um Einschaltpunkte der Heizung zu optimieren", erklärt Springer Autor Bernd Aschendorf dies im Buchkapitel "Gateways auf der Basis von Multifunktionssystemen" auf Seite 193.
Eine digitale Heizung wird in ein Kommunikationsnetz wie dem Internet oder einem internen Netz entweder via Funk oder per Kabel eingebunden. Funktionen wie Witterungsführung, Raumtemperatur-, Trinkwarmwasser-Temperaturregelung, Heizkurveneinstellung und Schaltzeiteneinstellung kann in der smarten Variante auch der Mieter der Hausbesitzer selbst einstellen. Alle relevanten Funktionen und Parameter können in Echtzeit entweder numerisch oder als Grafik angezeigt werden.
Mehr Transparenz beim Verbrauch
Severin Beucker vom Berliner Borderstep-Institut rechnet mit Einsparungen von bis zu 30 Prozent im Mietwohnbereich. An einigen Objekten in Berlin, die er wissenschaftlich begleitete, wurde dies schon erreicht. Nötig waren eine Schulung der Mieter im Umgang mit der digitalisierten Heizung. 85 Prozent von ihnen konfigurierten im Anschluss ihre Heizung selbst. Doch das große Einsparpotenzial ist nicht das einzige. Bekommt der Mieter sonst nur einmal im Jahr eine Heizkostenabrechnung, kann er nun konsequent und wetterbereinigt seine tagesaktuellen Verbräuche mit denen der Vorjahre vergleichen. Vermieter und Energielieferanten hingegen können via Displays, mit denen die Heizungen gesteuert werden, Services anbieten bis hin zur Abrechnung.
In Nichtwohngebäuden mehr zu holen
Noch höher sind die möglichen Einsparungen via digitalisierte Heizung in Nichtwohngebäuden, meint Andreas H. Holm, Professor für Bauingenieurwesen an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in München. Insbesondere in Häusern mit ständigem Wärmebedarf sind vielfältige Methoden der Wärmeeinsparung möglich, die der Verwendung digitaler Technologien noch vorausgehen sollten. Bei Gebäuden mit nur teilweisem und stundengenauem Wärmebedarf, etwa Schulen oder anderen öffentlichen Einrichtungen, sind die möglichen Einsparungen via digitalisierter Heizung jedoch deutlich größer.
Beim neuen Erweiterungsbau des Umweltbundesamtes (UBA) in Dessau wurde genau deswegen eine zentrale Lösung installiert. Diese eignet sich generell für größere Immobilien, in denen viele Menschen arbeiten. Das System mindert menschliche Fehler zentral ab. Für ein solches System ist geschultes Facility Management vonnöten, während das Smart Home die Analyse übernimmt. Verglichen mit anderen, konventionellen Gebäuden, die bis 100 Kilowattstunden an Wärme im Jahr je Quadratmeter verbrauchen, sind dies beim UBA-Erweiterungsbau nur 14 Kilowattstunden pro Quadratmeter Netto-Grundfläche und Jahr.
Die Notwendigkeit der Heizungsdigitalisierung beschreiben die Springer Autoren Luciana Löbe und Heidi Sinning anhand des folgenden, nicht selten anzutreffenden Kosumententyps in ihrem Buchkapitel "Energiekonsumverhalten privater Haushalte und energieeffiziente Bestandsentwicklung" auf Seite 680: "Der klimabelastende Verhaltenstyp achtet weder beim Kauf noch in seiner Wohnung auf Verbrauchswerte von Strom, Heizenergie oder Warmwasser. Das Thermostat seiner Heizung wird selten reguliert. Und auch unter geöffnetem Fenster im Winter bleibt der Heizkörper aufgedreht."