Gerade in der Wohnungswirtschaft wird die Nutzung von Abwärme immer interessanter. Oftmals helfen dabei moderne Lüftungsanlagen, in die bereits Wärmetauscher oder Wärmepumpen integriert sind.
Zentrale Anlage zur Abwärmerückgewinnung, die im Keller installiert wurde. Die Zuluft wird angesaugt und via Wärmetauscher vorgewärmt in das Gebäude geblasen.
Daikin
Abwärme als Energiepotenzial wurde jahrzehntelang vernachlässigt. "Derzeit geht weit mehr als die Hälfte der weltweit eingesetzten Primärenergie in Form von Abwärme verloren. Konzepte und Technologien zur Energierückgewinnung bieten neue Möglichkeiten zu Ressourcenschonung, Umwelt- und Klimaschutz", beschreibt Springer Vieweg-Autor Ulrich Projahn auf Seite 773 seines Buchkapitels Grundlagen der Abwärmenutzung die aktuelle Situation.
Gerade in Wohnungen und in der Wohnungswirtschaft gibt es deswegen immer mehr Anlagen, die Abwärme gewinnen und in den Wärmekreislauf zurückführen. Dies ist auch bitter nötig. Denn etwa drei Viertel des Energiebedarfs in privaten Haushalten sowie rund 60 Prozent in der Wohnungswirtschaft werden für Heizungswärme und Warmwasser benötigt. Verschiedene Technologien helfen, diesen Bedarf durch Abwärmenutzung zu minimieren. Sie werden im Folgenden kurz vorgestellt.
Kontrollierte Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung
Bei diesen Anlagen, auch Wohnungslüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung (WRG) genannt, wird die warme Fortluft meist mit Kreuzgegenstrom-Wärmetauschern abgekühlt und die so gewonnene Wärme direkt wieder in den Wärmekreislauf des Gebäudes zurückgeführt. So können etwa 90 Prozent der Wärme genutzt werden, die sonst im wahrsten Sinne des Wortes in die Luft geblasen worden wären. Die Systeme funktionieren hygienisch einwandfrei, die Wartung ist problemlos. Lediglich die Luftfeuchte in den so klimatisierten Räumen sinkt, da diese mit nach außen transportiert wird. Hier können allerdings Enthalpie-Wärmetauscher Abhilfe schaffen oder spezielle Geräte, die die Luftfeuchtigkeit im Gebäude via Lüftung regulieren.
Diese Art der Abwärmerückgewinnung kann sowohl dezentral als auch zentral für ein ganzes Wohngebäude mit mehreren Wohneinheiten installiert werden.
Bei einer dezentralen Installation befinden sich je ein Zu- und Abluftgerät in jedem Raum an geeigneter Stelle nahe der Außenwand oder am Fenster. Die Luftdurchlässe sind im Gerät integriert. Die Abwärme dient dabei direkt der Erwärmung der kalten Zuluft von außen. Solche Geräte haben einen geringen Installationsaufwand und eignen sich auch für die Sanierung von größeren Wohngebäuden.
Bei zentralen Installationen befindet sich das Zu- und Abluftgerät an zentraler Stelle, etwa im Keller, auf dem Dachboden oder in einem anderen geeigneten Raum. Abluftdurchlässe finden sich in allen Räumen, in denen Wärme und Feuchtigkeit entsteht, also Bad und Toilette sowie Küche. Dort wird mittels Ventilator die Abwärme und die Luftfeuchtigkeit entzogen. Die Zuluftdurchlässe hingegen sind in den Wohn- und Schlafräumen angebracht und sorgen dort für ständig frische, aber via Wärmetauscher auch angenehm temperierte sowie gefilterte Luft. Der Installationsaufwand ist hier deutlich größer.
Wärmepumpe nutzt Fortluft
Installiert werden kann in den Fortluftkanal hinein auch eine Wärmepumpe. Die arbeitet durch die relativ hohen Temperaturen in der Fortluft sehr effizient.
Da sie ein etwa drei- bis viermal größeres Energieniveau erzeugen kann als die Umgebungstemperatur, die sie nutzt, können solche Anlagen auch der Warmwasserbereitung dienen. Besonders effizient ist diese Kombination im Sommer, wenn die Lüftungsanlage die Räume kühl hält und somit das Temperaturniveau der Fortluft sehr hoch ist.
Neue Variante: VRF
Relativ neu ist in diesem Zusammenhang die VRF-Technologie (für Variable Refrigerant Flow oder variabler Kältemittelstrom). Im Gegensatz zu den Wärmetauschern wird die Wärme- oder Kälteenergie nicht auf Wasser, sondern vom Kältemittel direkt auf die Luft übertragen. Genutzt wird dabei die Direktverdampfung, wie sie etwa aus Luft/Wasser-Split-Wärmepumpen bekannt ist. Auch sie können für die Abwärmegewinnung genutzt werden. Da diese Technologie jedoch nur über große Leistungsbereiche verfügt, eignet sie sich eher für Industrie- oder Bürogebäude.
Doch die Abwärmenutzung in Wohngebäuden muss nicht auf die dort entstehende Wärme beschränkt bleiben. "Die Nutzung der vorhandenen Wärme- und Kälteversorgungsinfrastrukturen oder von Abwärme aus benachbarten Gebäuden und Produktionsstätten für neue oder zu renovierende Gebäude kann eine wirtschaftliche und effiziente Option sein", beschreiben die Springer Vieweg-Autoren S. Herkel, B. Köhler und D. Kalz auf Seite 266 ihres Buchkapitels Energie – Gebäudeperformance in Planung und Betrieb optimieren einige Möglichkeiten, zu denen es auch heute schon praktische Beispiele gibt.