Rollläden (links) oder bauliche Überhänge sind zwei Möglichkeiten, mit Verschattung die Sonneneinstrahlung in einen Baukörper zu reduzieren.
Frank Urbansky
Die moderne Architektur mit ihren großen Glasfronten und Stahlbeton bedingt ein Aufheizen des Baukörpers bei Sonneneinstrahlung. „Die Wärmeleitung in einem Baustoff resultiert aus der Wärmeleitung über den Feststoffanteil sowie aus Wärmeleitung, Konvektion und Strahlungsaustausch im Porenraum. Die primäre Einflussgröße ist somit die Rohdichte bzw. der Porenanteil“, beschreiben die Problematik die Springer Vieweg-Autoren Wolfgang M. Willems, Kai Schild und Diana Stricker in ihrem Buchkapitel Antworten und Lösungen auf Seite 91.
Im Gegenzug müssen diese Gebäude wieder aufwändig gekühlt werden. 600 Terrawattstunden oder 15 Prozent des gesamten deutschen Strombedarfs werden für Kühlprozesse benötigt. Deswegen ist es auch volkswirtschaftlich, aber in jedem Falle für die Energieeffizienz eines Gebäudes sinnvoll, den Einfluss der Sonneneinstrahlung so weit wie möglich zu minimieren.
Starke Aufheizung durch Glas
In Frage kommen dafür Verschattungssysteme. Sie können bei Sanierungen auch im Bestand nachgerüstet werden. Unbedingt sind sie aber bei der Planung eines neuen Gebäudes zu berücksichtigen. Dazu eine kurze Rechnung: Pro Stunde und Quadratmeter Fläche Fensterglas strahlen rund 1.000 Watt in einen Raum hinein. Im Winter kann das sehr angenehm sein, da so die Heizlast während der Sonnenscheindauer teilweise oder bei kleineren Räumen sogar komplett abgedeckt werden kann. Im Sommer jedoch wird die Hitze in solchen Gebäuden unerträglich. Denn an einer Südseite können selbst bei zwei kleineren Fenstern gut 16 Kilowattstunden einstrahlen.
Für die dann benötigte Kühlung kommen in Deutschland vorrangig Kompressionskältemaschinen zum Einsatz, die wie ein umgekehrter Kühlschrank funktionieren. Doch diese sind sehr energieintensiv und führen zu einem nicht geringen Teil zu den eingangs erwähnten Stromverbräuchen. Sinnvoller und energetisch effizienter wären Kühlsysteme, die auf kühlere Umgebungstemperaturen, etwa aus dem Erdreich oder dem Grundwasser, setzen. Diese Systeme sind wärmepumpenbasiert und können sowohl im Sommer kühlen als auch im Winter heizen.
Doch die Investitionen und Betriebskosten dafür sind hoch. Eine Verschattung, die die Kühllasten stark reduziert, ist – abgesehen von der Investition und den minimalen Stromkosten für sich automatisch einstellende Systeme – quasi zum Nulltarif zu haben. Ein weiteres Problem wird durch Verschattung ebenfalls gelöst: Die Blendwirkung der Sonne, für deren Reduzierung es sogar arbeitsrechtliche Vorschriften gibt.
Flexible Systeme nutzen
Deswegen ist es wichtig, flexible Systeme für die Verschattung je nach Sonnenstand und Jahreszeit einzusetzen. Als Vorbild für diese Systeme dienten die Fensterläden. Auch sie werden außen angebracht und bei Bedarf geöffnet oder geschlossen. Eingesetzt werden dafür heutzutage Rollläden oder außenliegende Jalousien, die anhand eigener Sensoren oder mithilfe von Wetterdaten erkennen, wann sie sich schließen oder öffnen müssen.
Eine weitere Methode sind Folien, die einen Teil der Sonneneinstrahlung filtern und so die Anti-Blend-Wirkung erhöhen. Doch dieses System ist nicht flexibel, da die Folien die ganze Zeit auf den Fenstern kleben. Das gilt auch für in der Planung bedachte architektonisch bedingte Verschattungen wie Fenstervorsprünge oder Überstände.
"Für die Variation der Kühllast können Szenarien mit unterschiedlichem Einsatz des Sonnenschutzes betrachtet werden: Niedriger Sonnenschutz (z. B. statische Verschattung) und damit hohe Kühllast im Sommer oder erhöhter Sonnenschutz (z. B. außen liegende Jalousie) und damit reduzierte Kühllast", fassen die Springer Vieweg-Autoren S. Herkel, B. Köhler und D. Kalz auf Seite 298 ihres Buchkapitels Energie – Gebäudeperformance in Planung und Betrieb optimieren die Möglichkeiten zusammen.