E-Mobilität ist ein wichtiger Baustein für das Gelingen der Verkehrswende. Ausreichend Strom aus nachhaltigen Quellen die Grundvoraussetzung dafür, meint Jörg Rückauf, CEO der Hirschvogel Group, im Interview.
Jörg Rückauf, CEO der Hirschvogel Group
Hirschvogel
springerprofessional.de: Wir stehen derzeit vor riesigen Herausforderungen wie Begrenzung des Klimawandels oder beispielsweise Unsicherheiten bei Energieversorgung und Lieferketten. Wie muss vor diesem Hintergrund Mobilität neu gedacht werden und was heißt das für die Automobilbranche?
Rückauf: Mit Blick auf den Klimawandel geht das Denken mittel- bis langfristig nicht nur in Richtung CO2-freier Antriebssysteme, sondern berücksichtigt auch Themen wie die vernetzte Mobilität bis hin zur individuellen Verknüpfung von Verkehrsmitteln beispielsweise mithilfe digitaler Services. Dabei wird das Auto, auch wenn es batterieelektrisch betrieben ist, nicht mehr die dominierende Rolle von heute haben. Es wird in Zukunft ein zwar immer noch wichtiger, aber nur ergänzender Teil in den Mobilitätsketten zur Sicherstellung individueller Mobilität sein, wobei seine Bedeutung auf dem Land weiterhin größer bleibt als in der Stadt. Die aktuellen Lieferkettenprobleme, verbunden mit Importabhängigkeiten beispielsweise bei Batterien, und die speziell in Deutschland wettbewerbsverzerrenden, hohen Energiepreise schwächen die Autoindustrie beziehungsweise die Fertigungsstandorte hier vor Ort. Das fördert Produktionsverlagerungen ins Ausland. Hinzu kommt der in Europa schwächelnde Absatzmarkt. Dass Hirschvogel international aufgestellt ist, kommt uns vor diesem Hintergrund zugute.
Wir brauchen laut Bundesminister Habeck bis 2030 rund 600 TW/h und bis 2045 rund 1000 TW/h Strom an Primärenergie, um die Energiewende umzusetzen – basierend auf regenerativer Stromerzeugung. Wie soll das ohne Speicherung beziehungsweise PtL/PtG funktionieren?
Solange grundlastfähige erneuerbare Projekte stark limitiert sind und speicherbare regenerative Energie nur eingeschränkt zur Verfügung steht, wird Erdgas als Brückenenergie benötigt. Mit dem Ausbau der erneuerbaren Erzeugungskapazitäten im Bereich Wind und Sonne stellt sich die Frage, wie bei Überkapazitäten Energie für die spätere Nutzung gespeichert werden kann. Die Umwandlung via Elektrolyse in Wasserstoff ist derzeit noch nicht wirtschaftlich. Die Speicherung in Batterien ist möglich, doch diese sind in energieintensiven Unternehmen mit hohen Leistungsspitzen nur begrenzt einsetzbar. Es braucht also neben dem Ausbau der Erneuerbaren dringend wirtschaftliche und technische Lösungen für die Energiespeicherung.
Thema Infrastruktur: Es wird immer deutlicher, dass wir die erforderliche Ladepunktzahl für die politischen Ziele nicht zur Verfügung stellen können. Was wären denn die erforderlichen Initiativen, um das dennoch zu erreichen?
Laut VDA steigt die Zahl der öffentlich zugänglichen Ladepunkte in Deutschland wöchentlich um etwa 540. Um das Ziel von 1 Million Ladepunkten in 2030 zu erreichen, wären 2200 neue Ladepunkte pro Woche nötig. Das ist wahrscheinlich nur zu schaffen, wenn der Gesetzgeber Kommunen stärker in die Pflicht nimmt sowie Planungs- und Genehmigungsprozesse beschleunigt.
Lesen Sie das gesamte Interview mit Jörg Rückauf im ATZextra Elektromobilität.