In Industrie und Gewerbe werden Hochtemperaturspeicher benötigt. Eine Lösung, bei der Windstrom in Stahlkernen gespeichert wird, soll nächstes Jahr in Schleswig-Holstein an den Start gehen.
Schema eines Stahlspeichers, wie er bereits praktisch eingesetzt wird.
lumenion.com
Für Hochtemperaturprozesse in der Industrie müssen in Zukunft verstärkt entsprechende Speichermöglichkeiten geschaffen werden, damit auch hier die Energiewende gelingen kann. "Bei Hochtemperaturspeichern wird beispielsweise mit einer elektrischen Widerstandsheizung und einem Heißluftstrom Vulkangestein auf eine Temperatur von mehreren hundert Grad Celsius erhitzt", beschreibt Springer-Gabler-Autor Tim Wawer in seinem Buchkapitel Verbrauch, Erzeugung und Speicherung von Elektrizität auf Seite 66 ein mögliches Verfahren.
Möglich wäre auch die Nutzung von Stahlkernen. Eine entsprechende Technologie hat das Berliner Unternehmen Lumenion entwickelt. Mit Hilfe von Strom wird der Kern aufgeheizt. Energie wird im sogenannten Heizregister in Wärme umgewandelt und ein gasförmiges Wärmeübertragungsmedium aufgeheizt.
Rückverstromung denkbar
Das wiederum umströmt die Stahl-Rundstäbe. Thermische Energie wird konvektiv in den Speicherkern übertragen. Dieser nimmt die Wärme gleichmäßig und schnell auf. Die Temperaturkurve steigt linear von mindestens 170 °C auf bis zu 650 °C an. Ein Ventilator sorgt für eine permanente Luftumwälzung. Die Ausspeicherung erfolgt genau umgekehrt. Bei größeren Anlagen wäre auch eine Dampfturbine zur Rückverstromung denkbar. Geladen wird in 4 bis 6 Stunden, entladen in 24 Stunden. Der Wirkungsgrad liegt nach Unternehmensangaben bei 90 bis 95 Prozent.
In einer Anlage im Bottroper Weg in Berlin wurden für den Kern Rundstäbe mit 40 Millimetern Durchmesser gewählt. Diese sind in einem Fischgrätenmuster zu beiden Seiten einer Mittelstange angeordnet. Der Speicher verfügt über eine Kapazität von 2,4 MWh und versorgt 400 Wohnungen mit Wärme.
Derzeit ist mit 20 MWh eine deutlich größere Anlage in Planung. Die Bio-Frost Westhof, Europas größte Bio-Frosterei, will an ihrer neuen Produktionsstätte in Friedrichsgabekoog in Dithmarschen, Schleswig-Holstein, einen solchen Speicher nutzen. Gespeist werden soll er aus lokalem Windstrom.
Öko-Wärme für Biogemüse
Die Prozesswärme aus dem Speicher soll zum Schälen und Blanchieren von Biogemüse dienen und beweisen, dass energieintensive, industrielle Prozesse in der Lebensmittelproduktion dank effizienter Speicherlösungen CO2-frei und netzdienlich betrieben werden können. Damit sollen 6,75 GWh Erdgas ersetzt und dadurch das Äquivalent von circa 1.670 Tonnen CO2 eingespart werden.
Solche Speicher-Technologien werden in Zukunft eine größere Rolle in der Energiewende spielen. "Soweit sich künftig Hochtemperaturspeicher […] als marktfähig erweisen sollten, erscheint eine Einbeziehung dieser Techniken in das Power-to-Heat-Konzept interessant. Hierbei wäre auch eine teilweise Rückverstromung denkbar, da dabei exergetisch wertvolle Hochtemperaturwärme gespeichert werden kann", liefert Springer-Vieweg-Autor Martin Dehli in seinem Buchkapitel Energiespeicherung auf Seite 291 die Begründung.