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28.07.2020 | Energiespeicher | Schwerpunkt | Online-Artikel

Wie viel erneuerbaren Strom das Netz verkraftet

verfasst von: Frank Urbansky

2:30 Min. Lesedauer
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Der Anteil des erneuerbaren Stroms im Netz steigt kontinuierlich. Schon seit Beginn der Einspeisung wurde immer wieder über daraus resultierende Blackouts diskutiert. Doch die Gefahr ist eher gering.

Die Energiewende beinhaltet drei wichtige Komponenten. "Das energiepolitische Zieldreieck aus Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Umweltverträglichkeit bleibt die zentrale Orientierung der deutschen Energiepolitik", beschreibt diese Springer-Autor Franz Joos in seinem Buchkapitel Die Energiewende – Handicap oder Chance? auf Seite 64.

Empfehlung der Redaktion

2019 | OriginalPaper | Buchkapitel

Die Energiewende – Handicap oder Chance?

Der Monitoring-Prozess „Energie der Zukunft“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie überprüft regelmäßig den Fortschritt der Zielerreichung und den Stand der Umsetzung der Maßnahmen zur Energiewende mit Blick auf eine sichere, wirtschaftliche und umweltverträgliche Energieversorgung, um bei Bedarf nachsteuern zu können. Drei Aspekte stehen im Mittelpunkt.

Kritiker der Energiewende beschwören die Gefahren eines Blackouts, wenn grundlastfähige Erzeuger wie Kohle- (bis 2038) oder Atomkraftwerke (bis 2022) vom Netz gehen und die volatil einspeisenden Energiequellen aus Wind- und Solarstrom stetig zunehmen.

Schon über die Hälfte EE-Strom im Netz

Doch die Gefahr ist gering. Das zeigen die Erfahrungen des Netzbetreibers 50Hertz, der im Osten Deutschlands und damit in dem Gebiet mit der höchsten Einspeisungsquote von erneuerbaren Energien aktiv ist. In seinem Gebiet, das in etwa die ehemalige DDR inklusive Gesamt-Berlin sowie Hamburg abdeckt, werden bereits 56,5 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien gehändelt. In ganz Deutschland liegt die Quote bei gut 38 Prozent. Der Stromverbrauch beträgt im Netz von 50Hertz 96,8 Terawattstunden. Dabei werden 49 Terawattstunden mehr ex- als importiert.

Der Betreiber konstatiert trotz der weiter wachsender Anteile keine Zunahme an Störfällen. Schon 2021 wird der Anteil von Strom aus Wind und Sonne in diesem Netz bei 65 Prozent liegen – ein Ziel, das die Bundesregierung für Deutschland als Ganzes erst für 2030 anpeilt. Möglich ist ein Wachsen dieser Bilanz aber nur durch neue Stromleitungen, die auch durch das 50Hertz-Gebiet von den Windkraftstandorten im Norden über Thüringen zu den industriellen Zentren im Süden verlaufen. Deswegen mussten auch die konventionellen Kraftwerke, im 50Hertz-Gebiet ausschließlich auf Kohle und Erdgas beruhend, seltener hoch- und runtergefahren werden. Die Kosten für Redispatches, also die netzstabilisierenden Eingriffe etwa durch das An- und Abschalten von Verbrauchern oder Erzeugern, reduzierten sich um die Hälfte auf etwa 100 Millionen Euro.

Dennoch wird in Zukunft die Frage zu klären sein, wie die Grundlast bei einem sehr hohen Anteil an erneuerbaren Energien zu sichern ist. Offshore-Windparks können zwar aufgrund der kontinuierlichen Winde in Küstennähe eine gewisse Grundlast sichern. Doch von der Bundesnetzagentur werden sie nicht als grundlastfähig eingestuft. In Frage kommen für die nächsten Jahrzehnte voraussichtlich nur Gaskraftwerke, wenn die Bundesregierung weiter am Atomaussteig festhält.

Konventionelle Kraftwerke noch lange nötig

Interessant wird es, wenn ab 2050 alle fossilen Energieträger weitgehend ersetzt sein sollen. Hier würden bei volatilen Energiequellen nur große Speicher helfen – entweder Pumpspeicherkraftwerke oder etwa das Gasnetz, das Wasserstoff aus überflüssig produziertem EE-Strom aufnimmt. Doch die Potenziale beider Speichersysteme sind in Deutschland gering. Von der Bundesregierung wird die Frage nach geeigneten Speicher-Technologien in keiner Weise beantwortet. Dabei ist gerade sie zentral für das Gelingen der Energiewende. "Insbesondere in Situationen, in denen nicht nur über Stunden, sondern über Tage und Wochen die EE-Kraftwerke wetterbedingt deutlich zu wenig Strom produzieren, ist ein Reservesystem zwingend erforderlich, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten: eben ein System aus konventionellen, steuerbaren Kraftwerken", beschreibt das aktuelle Dilemma Springer-Autor Thomas Unnerstall in seinem Buchkapitel Versorgungssicherheit auf Seite 29.

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