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12.11.2024 | Energiewende | Schwerpunkt | Online-Artikel

Energetischer Zustand eigener vier Wände unbekannt

verfasst von: Frank Urbansky

4 Min. Lesedauer

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Eine aktuelle Umfrage unter mehr als 2.000 Eigentümern von Ein- und Zweifamilienhäusern zeigt, dass viele Hausbesitzer den energetischen Zustand ihrer Immobilien überschätzen oder diesen gar nicht genau kennen.

Fehleinschätzungen über den energetischen Zustand der eigenen vier Wände führen häufig dazu, dass notwendige energetische Sanierungsmaßnahmen ausbleiben. Unsicherheiten auf politischer Ebene und unzureichende Informationen verstärken dieses Problem.

Mehr Förderung, höhere Verlässlichkeit

Eine von der Initiative Klimaneutrales Deutschland (IKND) und der Repräsentanz Transparente Gebäudehülle (RTG) in Auftrag gegebene Studie zeigt nun deutlich den großen Handlungsbedarf, den dieses Unwissen verursacht. Besser gestaltete Förderprogramme, verlässliche politische Rahmenbedingungen und klarere Informationen seien dringend erforderlich, um Hausbesitzer zur energetischen Modernisierung zu motivieren.

Die Studie offenbart interessante Fakten zum Thema. Einerseits ist der Anteil derjenigen, die den Energiestandard ihrer Häuser glauben zu kennen, von 33 % im Jahr 2022 auf 45 % gestiegen. Andererseits schätzen viele Eigentümerinnen und Eigentümer den tatsächlichen Zustand ihrer Immobilie falsch ein: Nur 13 % der Befragten ordnen ihre Häuser in die niedrigen Effizienzklassen E bis H ein. Laut Wirtschaftsministerium entsprechen jedoch etwa 68 % der Immobilien tatsächlich diesen schlechteren energetischen Standards.

Besonders auffällig ist, dass rund 80 % der Hausbesitzer, die in den letzten Jahren keine Sanierung vorgenommen haben, fälschlicherweise glauben, ihr Haus befinde sich in einem guten Zustand.

Auch die Bereitschaft, in naher Zukunft Sanierungen durchzuführen, ist gesunken: Im Jahr 2022 planten noch 18 % der befragten Eigentümer eine energetische Modernisierung innerhalb der nächsten zwölf Monate, während diese Zahl im Jahr 2024 auf 12 % zurückging. Verantwortlich dafür sind vor allem finanzielle Unsicherheiten, die gestiegenen Baukosten sowie die teils hitzige politische Diskussion um das Gebäudeenergiegesetz (GEG).

Bereitschaft weiter vorhanden

Die Umfrage zeigt jedoch, dass eine grundsätzliche Bereitschaft zur Sanierung weiterhin vorhanden ist, sofern die Rahmenbedingungen stimmen. So empfinden 55 % der Hausbesitzer die derzeitigen staatlichen Förderprogramme als unattraktiv, während mehr als 70 % eine Modernisierung erwägen würden, wenn die Fördermöglichkeiten attraktiver gestaltet wären. Handwerker bleiben dabei mit 72 % die wichtigste Informationsquelle für Hausbesitzer, während Energieberater und öffentliche Beratungsstellen weniger in Anspruch genommen werden.
 

Politische Unsicherheiten stellen neben den gestiegenen Zinsen und Baukosten ebenfalls ein Hindernis für Sanierungsprojekte dar und sorgen dafür, dass die Sanierungsrate ein historisches Tief erreicht hat. Dabei könnte eine gesteigerte Sanierungsrate nicht nur den Klimaschutz voranbringen, sondern auch der Bauwirtschaft wichtige Impulse geben. Thomas Drinkuth, Leiter der Repräsentanz Transparente Gebäudehülle, betont, dass für 70 % der bisherigen Nicht-Sanierer eine verbesserte Förderung entscheidend wäre. Diese Zahl sieht er als klare Aufforderung an die Bundesregierung, die Förderung attraktiver und verlässlicher zu gestalten.

Klimaziele gefährdet

Da der Gebäudesektor in Deutschland etwa 40 % der CO2-Emissionen verursacht, ist die energetische Sanierung entscheidend für den Klimaschutz. Hausbesitzer sind in der Verantwortung, ihre Immobilien zukunftssicher zu machen, um steigenden Energiekosten und der CO2-Bepreisung zu begegnen. Carolin Friedemann, Geschäftsführerin der Initiative Klimaneutrales Deutschland, sieht, dass die Sanierungsquote erheblich gesteigert werden muss, um die Klimaziele zu erreichen. Von politischer Seite sind klare und verlässliche Rahmenbedingungen erforderlich, um den Eigentümern die nötige Planungssicherheit zu bieten. Die Bereitstellung umfassender Beratungs- und Informationsangebote, besonders durch regionale Beratungsstellen, die ein hohes Maß an Vertrauen genießen, ist ebenfalls essenziell.

Die Studie gibt drei konkrete Handlungsempfehlungen:

  1. Attraktivere Förderprogramme, die auf die Bedürfnisse der Eigenheimbesitzer zugeschnitten sind und einkommensschwache Haushalte besonders ansprechen.
  2. Umfassende Beratung und Unterstützung durch integrierte Beratungsstellen, die Eigentümer während des gesamten Sanierungsprozesses begleiten sollen – ein Konzept, das die EU im Rahmen ihrer Gebäuderichtlinie bereits als "One-Stop-Shops" fördert.
  3. Langfristige Planungssicherheit durch stabile politische Rahmenbedingungen, die die durch das GEG entstandenen Unsicherheiten beseitigen.

Einbruch beim Absatz moderner Heizsysteme

Vor diesem Hintergrund meldet der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) für das dritte Quartal 2024 einen signifikanten Rückgang im Absatz von Wärmeerzeugern. Im Vergleich zum Vorjahr sanken die Verkaufszahlen um 48 %; besonders betroffen sind Wärmepumpen, deren Absatz um 52 % zurückging. Das Regierungsziel, jährlich 500.000 Wärmepumpen zu installieren, scheint dadurch in weite Ferne zu rücken. Auch Biomasse-Heizungen verzeichnen einen Rückgang von 61 %. Für das gesamte Jahr wird mit einem Absatz von etwa 740.000 Wärmeerzeugern gerechnet, davon 200.000 Wärmepumpen.

Etwa 10 Millionen der rund 21,6 Millionen Heizungen in Deutschland gelten als veraltet. Jetzt sei nach BDH-Meinung ein guter Zeitpunkt für eine Heizungsmodernisierung, da der Staat Investitionen mit bis zu 70 % fördere. Es sei wichtig, die Bevölkerung stärker über technische Möglichkeiten und Förderungen zu informieren – eben auch eine Empfehlung der Umfrage.

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