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27.11.2018 | Entrepreneuership | Interview | Online-Artikel

"Den Beruf Unternehmer kann man nicht lernen"

verfasst von: Andrea Amerland

3:30 Min. Lesedauer

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Interviewt wurde:
Friedemann Stracke

Friedemann Stracke ist Geschäftsführer der Personaldiagnostik Stracke GmbH.

Springer-Autor Friedemann Stracke ist in einer Studie der Frage nachgegangen, was Gründer auszeichnet. Ein Ergebnis: Entrepreneure haben tatsächlich bestimmte Charaktereigenschaften. Welche das sind, erklärt er im Interview mit Springer Professional.

Sie haben in einer Studie die Persönlichkeitsmerkmale von Unternehmensgründern untersucht. Wie sind Sie dabei vorgegangen? 

Unsere Idee war, das wertvolle Erfahrungswissen von Persönlichkeiten, die einen unternehmerischen Lebensweg beschritten haben, einzubeziehen. Wir hatten das Privileg, mit 25 der renommiertesten und erfahrensten Unternehmerpersönlichkeiten aus einer großen Bandbreite an Branchen sprechen zu können. Zum anderen wollten wir einen objektivierenden Maßstab zugrunde legen. So haben insgesamt 126 Gründer den Predictive Index, ein qualitativ besonders geeignetes Persönlichkeitsverfahren für das berufliche Umfeld, durchgeführt. Auf diese Weise können wir die Persönlichkeit eines Unternehmers mit den grundlegenden Antrieben auf einer tieferen Ebene verstehen lernen. 

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Deutschland ist weit entfernt, ein Gründerland zu sein. Umso mehr ist unternehmerischer Geist in deutschen Firmen begehrt. 


Was ist dran am Unternehmer-Gen? Haben erfolgreiche Gründer besondere Eigenschaften? 

Es sieht so aus, dass man den Beruf Unternehmer nicht lernen kann und auch Umfeldbedingungen nicht die entscheidende Rolle spielen. So bleibt die Persönlichkeit der zentrale Faktor. Die Untersuchung zeigt, dass es eine große Bandbreite an unternehmerischen Persönlichkeiten gibt, die sich erfolgreich einem unternehmerischen Weg verschrieben haben. Es gibt Unternehmer, die im Grunde aus ihrer Persönlichkeit heraus einfach Unternehmer werden mussten. Es gibt aber auch Gründer, die sich zu Beginn auch gut einen Weg als Angestellter hätten vorstellen können. 

Was treibt Gründer an?

Die Untersuchung zeigt, dass Gründer ein überragend hohes Bedürfnis nach Autonomie und Selbstbestimmung in sich spüren. In Kombination mit einem hohen Maß an innerer Spannung, aber auch an innerer Freiheit, ergibt sich eine außergewöhnliche Charakteristik. Es zeigt sich klar, dass diese Antriebe bei einem Unternehmer sehr deutlich wirken und diese auch oft in einer bemerkenswerten Konsequenz gelebt werden. So können wir aufgrund unserer Erkenntnisse erkennen, wer aufgrund seiner Persönlichkeit eine  günstige Ausgangslage für unternehmerisches Denken und Handeln in sich trägt. Wir können aber auch Hinweise geben, welche Rahmenbedingungen beachtet werden müssten, wenn jemand Unternehmer werden möchte, aber nicht diesem Profil entspricht. Werden diese ignoriert, ist die Erfolgsaussicht gering. Wir haben auch begonnen, Start-up-Gründer einzubeziehen und können leichte Verschiebungen feststellen. 

Unternehmerische Persönlichkeiten für das Unternehmen zu gewinnen, endet oft im Desaster, schreiben Sie in Ihrem Buch. Was läuft da falsch?

Die starke Sehnsucht von Unternehmen, unternehmerische Persönlichkeiten aufzunehmen, die die Transformation oder gar Disruption im Unternehmen betreiben oder beschleunigen sollen, führt tatsächlich oft im Ergebnis zum Desaster. Entweder werden solche Persönlichkeiten wieder ausgestoßen oder sie verabschieden sich selbst, oft mit erheblichen Kollateralschäden. Dabei wird meist außer Acht gelassen, dass eine Organisation vorbereitet werden muss für eine unternehmerische Kultur. Häufig sind diese Organisationen in eine hochadministrative Richtung entwickelt, Prozesse gehen vor Ideen, Hierarchie vor Kompetenz, Angst vor Mut, Loyalität zum Chef vor persönlicher Freiheit. Also müsste als erstes begonnen werden, die Organisation unternehmerischer auszurichten. Auch dies erkennen inzwischen viele Unternehmen. Sie machen daraus in der Regel eine Kampagne, erwarten von den bisherigen Managern, dass sie sich neu erfinden, am besten ab Morgen.

Wie kann unternehmerischer Geist in Organisationen entdeckt und gefördert werden? 

Unser Ansatz ist, anstatt eines groß angelegten Change-Projekts, im täglichen Tun viele kleine Dinge permanent zu verändern. Für eine tiefgreifende kulturelle Veränderung gibt es keinen Schnellkurs. Man kann sich jeden Tag in ganz vielen Punkten für oder gegen unternehmerisches Arbeiten entscheiden und dadurch die Ausgangssituation für unternehmerisches Wirken verbessern oder verschlechtern. 

Was heißt das konkret?

Dazu gehört unter anderem: Wie sehr gebe ich der Individualität Raum oder glaube, alles regeln beziehungsweise standardisieren zu müssen. Welche Regeln helfen einer Organisation: Stützen sie die Hierarchie oder beanspruchen sie Achtsamkeit und Verständigung? Werden Fragen nach dem Warum gestellt und erlaubt oder nur nach dem Wie? Werden große Aufgaben vergeben oder das Unternehmen immer kleinteiliger organisiert? Lässt man denken, zum Beispiel über Berater oder denkt man selbst? Steht der Kunde tatsächlich an erster Stelle, vor dem Geschäft und dem Chef oder sagt man es nur? Wenn Geschäftsführungen sich an diesen Kategorien orientieren, wird sich die Organisation zu einem unternehmerischen Ort entwickeln, der anziehend wird für unternehmerische und integre Persönlichkeiten.

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