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05.12.2017 | Erdgas | Schwerpunkt | Online-Artikel

Gaspreis könnte auf lange Sicht stabil bleiben

verfasst von: Frank Urbansky

3:30 Min. Lesedauer

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Die Abhängigkeit von russischem und norwegischem Erdgas wird in Zukunft wachsen. Das muss nicht steigende Preise bedeuten. Russland ist aus technischen Gründen auf den Absatz hierzulande angewiesen.

Die Gaspreise sind seit einigen Jahren stabil auf niedrigem Niveau. Das liegt sowohl an den Beschaffungspreisen als auch an der günstigen Besteuerung. "Der Preis für die Beschaffung und Vertrieb für Gas entsteht im Wettbewerb unter den Gasanbietern und kann unterschiedlich hoch sein, er wird als Wettbewerbsanteil bezeichnet. Die Entgelte für Netznutzung und staatlich veranlasste Abgaben kann der Lieferant nicht beeinflussen", beschreibt diese Faktoren Springer Vieweg-Autor Panos Konstantin auf Seite 463 des Buchkapitels Beschaffung leitungsgebundener Energien

Empfehlung der Redaktion

2017 | OriginalPaper | Buchkapitel

Beschaffung leitungsgebundener Energien

Ziel dieses Kapitels ist es, einen Überblick über die Energiebeschaffungsmöglichkeiten von leitungsgebundenen Energien im liberalisierten Energiemarkt zu verschaffen. Vor diesem Hintergrund werden zuerst die Grundsätze und Merkmale des  liberalisierten Energiemarktes behandelt.


Die Großhandelspreise an der Leipziger Energiebörse EEX lagen seit 2016 konstant in einer Spanne zwischen 15 und 19 Euro je Megawattstunde (MWh). Geht man vom derzeitigen Handel mit Termingeschäften aus, wird sich daran nichts ändern. Sowohl für 2019 als auch 2020 bewegen sich die Kontrakte in einem Rahmen von 17 bis 18 Euro je MWh.

Wenig Änderung bei Besteuerung

An der Besteuerung von Erdgas für Privathaushalte von derzeit 0,55 Eurocent je Kilowattstunde (kWh) wird sich wohl auch in Zukunft nichts ändern. So kommt man bundeseinheitlich auf einen Gaspreis von rund 5,86 Eurocent je kWh (Quelle: Brennstoffspiegel für Oktober 2017, gerechnet für eine Bestellmenge von 3.000 Liter Heizöl-Äquivalent – HEL).

Ein weiterer Bestandteil sind die Netzentgelte. Derzeit teilen sich rund 16 Fernleitungsnetzbetreiber in zwei Marktgebieten den Ferntransport. Davon beliefert werden rund 800 Verteilnetzbetreiber. Auch der Anteil der Netzentgelte am Erdgaspreis ist seit Jahren stabil und liegt aktuell bei rund 25 Prozent des gesamten Gaspreises

Deutliche Veränderungen sind jedoch bei den Bezügen zu erwarten. Bisher wird Deutschland vor allem aus Russland (35 Prozent), Norwegen (34 Prozent) und den Niederlanden (29 Prozent) beliefert. Die Niederlande fallen als Exporteur mittelfristig aus, da die Felder in der Nordsee nahezu erschöpft sind. Diese Ausfälle können nur von Russland und Norwegen kompensiert werden. Doch wird dadurch auch der Gaspreis steigen, da ja monopolartige Zustände auf Importeursseite zu erwarten sind?
Eher nicht. Und das hängt mit einer Besonderheit des hiesigen Erdgasmarktes zusammen. Russisches Gas kommt via Pipelines nach Europa. Nord Stream 2, das gerade in der Planung ist, wird diese Mengen deutlich erhöhen. Erdgas etwa aus dem Jamalfeld kann nur via Pipeline nach Europa befördert werden. Der Weg nach Asien wäre zu lang.
Als Alternative käme nur verflüssigtes Erdgas (LNG) in Frage. Doch Russland selbst verfügt über keinerlei LNG-Kapazitäten. Und: Eine Verflüssigung von Erdgas, bei der 25 Prozent des Gases allein für den Prozess und die Kühlung benötigt werden, lohnt sich erst ab einer Pipelinelänge von über 4.000 Kilometern.

Asien für LNG attraktiver

Aber auch durch das LNG selbst ist keine Preissteigerung am hiesigen Markt zu erwarten. Größte Exporteure sind derzeit die USA und Bahrein. Die liefern ihr LNG lieber nach Asien, insbesondere China, weil hier deutlich höhere Preise zu erzielen sind. Das liegt wiederum daran, dass Russland dorthin aus ostsibirischen Feldern nur sehr wenig via Pipeline liefern kann, folglich auf den europäischen Absatz angewiesen ist. Das wiederum hält die Preise hierzulande niedrig und macht einen Export von LNG nach Europa für die Anbieter unattraktiv.

Dennoch macht diese Situation die Lage für die EU, die nach einem einheitlichen Energiebinnenmarkt strebt, nicht einfacher. So scheiterte etwa die von der EU vorgegebene 50 prozentige Befüllung der Opal-Pipeline, die an Nord Stream 1 angeschlossen ist, durch nichtrussische Mitbewerber schlicht daran, dass es keine Anbieter gab. Letztlich durfte Gazprom auch die restlichen Kapazitäten nutzen – auch das ist ein Zeichen für die wachsende Abhängigkeit von russischem Erdgas. Mit steigenden Preisen ist deswegen – siehe oben – dennoch nicht zu rechnen.

"Der internationale Gashandel ist dank LNG zwar inzwischen auch global geworden. Da 70 Prozent der grenzüberschreitenden Erdgaslieferungen aber per Pipeline erfolgen, unterliegen die an den Handelspunkten (Hubs) gebildeten Erdgaspreise stärker regionalen Einflüssen. Von der globalen Liquidität des Ölhandels ist der Gashandel weit entfernt", beschreibt genau diesen Zusammenhang Springer Gabler-Autor Claus Bergschneider auf Seite 67 seines Buchkapitels Entwicklungen auf dem internationalen Gasmarkt.

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