Die Verflüssigung von Erdgas kostet viel Energie, dafür lässt es sich anschließend über weite Strecken transportieren. Um LNG dauerhaft kalt zu halten, muss regelmäßig Gas aus den Tanks entnommen werden.
Schiff für den Transport von LNG
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LNG ist die Abkürzung für Liquefied Natural Gas, auf Deutsch also verflüssigtes Erdgas. Für die Herstellung von LNG wird das Gas direkt am Gas- oder Ölfeld bei Atmosphärendruck unter seine Siedetemperatur von -161 °C heruntergekühlt, wodurch es in den flüssigen Zustand übergeht. Durch die Verflüssigung sinkt das Volumen des Erdgases um das 600-fache im Vergleich zur gleichen Menge im gasförmigen Zustand. In einem mehrere Tage dauernden Pumpprozess wird das LNG anschließend auf Schiffe mit sehr gut isolierten Kugeltanks verladen. Das Gas lagert darin annähernd unter Atmosphärendruck.
An den Zielhäfen, den sogenannten Hubs, wird das LNG entweder in Tanks gepumpt, die mindestens 100.000 m3 groß sind und in denen das LNG bei Atmosphärendruck lagert, oder es wird direkt regasifiziert und mithilfe von Großkompressoren in Gasfernleitungen eingespeist. Für die Regasifizierung nutzt man zumeist Meereswasserwärme oder sehr großer Verdampfungsanlagen. Das LNG kann zudem mit Tankwagen weiter transportiert werden, in naher Zukunft möglicherweise auch mit Kesselwagen auf der Schiene. Der Weitertransport per Schiff steht bislang nicht zur Diskussion. Weitere Hintergründe erläutert Werner Hermeling in den Kapiteln LNG und dessen Thermodynamik und LNG – von der Quelle zum Endkunden des Buchs Handbuch für den LNG- und CNG-Praktiker.
Verflüssigung kostet bis zu 20 % der Energie
Für die Verflüssigung muss die Temperatur des Erdgases auf höchstens -161 °C herabgesenkt werden. Konventionelle Kältemaschinen auf Basis von Kühlsolen oder Kältemitteln kommen für derart tiefe Temperaturen nicht mehr in Frage. Stattdessen bedient man sich eines Kreislaufprozesses, in dem sich das Gas durch Kompression, Wärmeabführung und Entspannung (Joule-Thomson-Effekt) immer weiter abkühlt. Dabei wird das Gas zunächst komprimiert, wodurch es sich erhitzt. Die Kompressionswärme wird unter konstantem Druck abgeführt, zu Beginn des Proezsses noch mithilfe von Kältemaschinen. Das komprimierte, abgekühlte Gas wird anschließend mithilfe von Expansionsturbinen entspannt, wodurch die Temperatur weiter sinkt. Im Gegenstrom kühlt das entspannte, kalte Gas dann das komprimierte, heiße – es ersetzt also nach und nach die Kältemaschine – und wird erneut komprimiert. Der Kreislauf wird so lange fortgesetzt, bis das Erdgas in den flüssigen Zustand übergeht. Man spricht dann von einem tiefkalt verflüssigten Gas.
Der gesamte Prozess ist energieintensiv: 10 bis 20 % des Gesamtenergiegehalts des Gases wird für die Kompression verbraucht, wie Hermeling im Kapitel Die wichtigsten thermodynamischen Prozesse in der Herstellung, dem Transport und der Lagerung von LNG erklärt. Die entstehende Kompressionswärme lässt sich Hermeling zufolge nicht prozessrelevant zurückgewinnen.
Kühlung durch Entnahme von Gas
LNG-Tanks auf Schiffen oder in den Hubs werden mithilfe von Dämmmaterialien oder Vakuumschichten thermisch isoliert. Jedoch kann die Isolierung nicht vollständig verhindern, dass Wärme über die Außenwand in den Tank eindringt. Um das Gas dennoch kühl zu halten, bedient man sich der adiabaten Kühlung. In einem adiabaten Prozess wird Kälte weder zu- noch abgeführt. Stattdessen macht man sich die Kühlwirkung bei der Verdunstung von Flüssigkeit zu Nutze. Im vakuumisolierten Tank stehen Flüssigkeit und Gas im thermodynamischen Gleichgewicht. Wird dem Tank Gas entnommen, so verdampft ein Teil des LNG und entzieht der Flüssigkeit dabei Wärme. Durch Entnahme dieses sogenannten Boil-off-Gases kann Flüssiggas über lange Zeiträume kühl gehalten und gelagert werden, während zugleich der zulässige Tankdruck nicht überschritten wird. Das entnommene Gas wird dem Schiffsmotor als Treibstoff zugeführt oder erneut verflüssigt, entweder für die Nutzung im Schiffsdieselmotor oder für die Rückführung in den LNG-Tank.