Kunststoffe sind hochmolekulare (makromolekulare oder polymere) organische Werkstoffe, die synthetisch aus niedermolekularen Verbindungen („Monomere“) oder durch chemische Veränderung von hochmolekularen Naturstoffen (in erster Linie Cellulose) hergestellt werden. Ausgangsstoffe sind vor allem Erdöl, Erdgas und Kohle, aus denen zusammen mit z. B. Luft, Wasser oder Kochsalz reaktionsfähige Monomere entstehen.
Jede Kunststoff-Analyse beginnt man mit verschiedenen Vorproben. Neben der Feststellung einiger typischer Merkmale wie Löslichkeit, Dichte, Erweichungs- und Schmelzverhalten spielt besonders das Verhalten beim Erhitzen im Glühröhrchen (Pyrolysetest) und in der offenen Flamme (Brennprobe) eine wichtige Rolle. Falls damit nicht bereits eine sichere Aussage möglich ist, prüft man dann auf die Anwesenheit der neben Kohlenstoff und Wasserstoff vorkommenden sogenannten Heteroelemente Stickstoff, Halogene (besonders Chlor und Fluor) sowie Schwefel (Kapitel 4).
Die beschriebenen einfachen Vorproben reichen nicht immer aus, um einen unbekannten Kunststoff sicher zu erkennen. In diesem Fall lassen sich chemische Reaktionen zur Identifizierung nicht umgehen. Als erstes wird auf die sog. Heteroelemente geprüft; hierunter versteht man die außer Kohlenstoff und Wasserstoff anwesenden anderen Elemente wie Stickstoff (N), Schwefel (S), Chlor (Cl), Fluor (F), Silicium (Si) und ggf. Phosphor (P). Leider gibt es bisher keine einfach auszuführende direkte Methode zum sicheren Erkennen von Sauerstoff (O), so dass hierauf qualitativ nicht geprüft werden kann.
Auf der Basis der beschriebenen Vorproben und unter Mitbenutzung einiger spezifischer Reaktionen lassen sich die meisten technisch wichtigen Kunststoffe durch einfache Trennungsgänge erkennen. Zunächst wird auf Heteroelemente (Kapitel 4) geprüft, sodann auf die Löslichkeit in verschiedenen Lösemitteln (siehe Abschnitt 3.1), und gegebenenfalls werden noch weitere charakteristische physikalische Größen bestimmt oder chemische Reaktionen durchgeführt.
Die in diesem Abschnitt beschriebenen Reaktionen eignen sich als Vorproben für bestimmte Kunststoffgruppen, aber auch zur Prüfung auf spezifische Spaltprodukte einiger Kunststoffe, z. B. Phenole oder Formaldehyd.
Die vorangehenden Kapitel betreffen ganz vorwiegend die Analyse der wichtigsten heute im Gebrauch befindlichen Kunststoffe, die fast alle erst im 20. Jahrhundert entstanden sind. Aber bereits vorher fanden natürliche Harze wie Bienenwachs, Bernstein, Kopale, Guttapercha oder Schellack sowie Bitumen, Horn und Schildpatt und die aus Cellulosederivaten (Cellulosenitrat und -acetat) oder aus Bluteiweiß (vor allem als Bois Durci) oder Milcheiweiß (Kasein) gewonnenen Materialien vielfältige Anwendung.
In den vorangegangenen Kapiteln dieses Buches werden einfache Verfahren zum Erkennen von Kunststoffen beschrieben, die in der Regel ausreichen, eine unbekannte Probe einer bestimmten Kunststoffklasse zuzuordnen. Selbstverständlich lassen sich aber mit den hierzu verwendeten, meist sehr einfachen Methoden insbesondere bei kompliziert aufgebauten Kunststoffen nur orientierende Informationen erhalten. Weitergehende Aussagen erfordern sehr viel aufwendigere Analysen (Tabelle 8.1), die nur von erfahrenen Spezialisten durchgeführt werden können.