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04.12.2013 | Erneuerbare Energien | Schwerpunkt | Online-Artikel

PV-Strom gewinnbringend ins Versorgungsnetz integrieren

verfasst von: Sabine Voith

5:30 Min. Lesedauer

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Die Meinungen gehen auseinander, ob Solarstrom die Netzstabilität gefährdet oder sogar verbessern kann. Die Netzintegration war ein Hauptthema auf der Solarmesse SPI in Chicago. Experten präsentierten Trends in Forschung und Industrie zu diesem Thema.

Die Vertreter der Solarbranche sind überzeugt, dass Solarenergie heute eine kostengünstige Energiequelle ist. Eine gut ausgelegte Solaranlage könne das Stromnetz stabilisieren und seine Zuverlässigkeit steigern. Ein Energiemix und ein flexibles Netz seien notwendig, um mit den Schwankungen von Solarenergie umzugehen. Stets im Blick der Diskussion ist das Beispiel aus Deutschland, als Photovoltaik- und Windkraftanlagen vor einigen Monaten, über 24 Stunden gerechnet, über ein Drittel des deutschen Strombedarfs deckten und der Strompreis negativ wurde. Experten zeigten auf der Solarmesse SPI auf, wie man Solarstrom planbar ins Netz integrieren kann.

Simulationssysteme

Die Florida State Universität fokussiert sich in ihrer Forschung unter anderem auf die offensichtlichen Herausforderungen, die Solarenergie mit sich bringt:

  • Sie ist keine verlässliche Energiequelle.
  • Sie ist nicht regelbar.
  • Nicht jede Örtlichkeit ist ideal für die Energiegewinnung.
  • Sie muss für das Stromnetz kontrollierbar werden.

Um die Forschung hier voranzubringen, nutzen die Forscher, wie die Energieversorgungsunternehmen auch, Lastfluss- und quasistatische Simulationsprogramme.

Sie verfügen zusätzlich über moderne Echtzeit-Simulations-Systeme. Hierzu zählt das HIL, Hardware-in-the-Loop-System, das simulieren, prüfen und Risiken vermindern kann. Mit diesem System können beispielsweise 500 Kilowatt starke Wechselrichter dynamisch getestet werden. Sie analysieren den Strom-Spannungsverlauf um zu sehen, wie die maximale Einspeisung aussehen könnte.

Die Forscher stellen sich die Frage, wie PV helfen könnte, das Netz zu stabilisieren. Dazu schauen sie sich alle Faktoren an, die auf die Stromerzeugung und -übertragung einwirken. So erkennen sie die Stellschrauben, mithilfe derer PV die Netzspannung reduzieren kann. Jedes Versorgungsgebiet hat andere Voraussetzungen und muss individuell betrachtet werden.

Für die Energieversorger schlagen sie jedoch einen anderen Weg vor. Hier soll die Zukunft Richtung Systemplanung gehen und weg vom einzelnen Projekt. Dazu sollten sie einen Ansatz verfolgen, der mehr Mut zum Risiko zeigt. PV sollte als ein integraler Bestandteil des Stromnetzes angesehen werden, der Gewinne bringen kann, und nicht als ein volatiler Störer.

Dass PV-Strom heute bereits das Netz stabilisieren kann, zeigt der Artikel "Solarparks stabilisieren die Stromversorgung im Fehlerfall" von Springer-Redakteur Andreas Burkert.

Spannungsregelung

Netzstabilität wird sichergestellt durch die richtigen Anforderungen an den Spannungsbereich, an die Stromzufuhr- und aufnahme und den Leistungsfaktor. Es gilt diese genau zu berechnen. So führt beispielsweise jedes Kabel Strom zu, jeder Motor im Versorgungssystem verbraucht Strom.

Immer zu beachten ist die Flickerkurve, die die Versorgungsspannungsschwankungen darstellt. Anhand der Kurve wird definiert, in welcher Höhe, Dauer und Anzahl Spannungsschwankungen tolerabel sind. Ändert sich die Leistung einer Solaranlage beispielsweise um 70 Prozent, muss der Stromversorger einen Spannungswechsel von weniger als 2,5 Prozent berücksichtigen.

Für eine genaue Planung müssen die Interaktionspunkte bekannt, eine Studie zum Stromfluss vorhanden und die Komponenten ebenso wie die Kommunikationstechnologie gut gewählt sein.

Solarkraftwerke der Zukunft

Spricht man von Schwankungen in der Solarenergie, ist das Zeitfenster zu definieren, das betrachtet wird. Sieht man die Schwankungen im Bereich von Millisekunden zu Minuten, können Netzregulierungen helfen, diese auszugleichen.

Treten die Auffälligkeiten im Bereich von Stunden bis Tagen auf, sollte die Stromlast ausgeglichen werden. Dies kann durch ein Forecasting-System erreicht werden. Aber auch das Betriebsverfahren kann angepasst werden, beispielsweise durch einen Ausbau der Anlage oder häufigere Neuerungen der Systeme.

Ist eine langfristige Netzstabilität über Jahre gefragt, ist eine genaue Planung und Auslegung der Solaranlage wichtig. Hinzu kommt eine genaue Planung des Energiemixes.

Um einen Solarpark im Kraftwerksmaßstab auszulegen, bedarf es einigen Voraussetzungen, die für den Versorgungsbereich längst Routine sind, die nun aber auch Solarkraftwerke erfüllen. Dazu gehören:

  • die drei Steuermodi: automatische Spannungsregelung (AVR), Leistungsfaktor-Regelung (PF) und Blindleistungsregelung (VAr)
  • Fault-Ride-Through (FTR)
  • Leistungs-, Zufluss- und Abbruchregelung
  • Primärfrequenzregelung
  • Kurzschlusskontrolle

Wie sich mit der richtigen Technologie die Stromerzeugung steuern lässt, zeigt folgendes Beispiel: Ist ein Solarkraftwerk auf eine bestimmte Stromproduktion reguliert, kann diese bei bewölktem Wetter kurzfristig erhöht werden. Die Überschüsse gleichen die verminderten Erträge von den beschatteten Solarmodulen aus.

Die Springer-Autoren Viktor Wesselak und Sebastian Voswinckel geben im Kapitel "Photovoltaik in einem zukünftigen Energiesystem" eine kurze Übersicht zum großen Thema Netzintegration.

Wireless Technology

Mit kabelloser Technologie gibt es bereits aus anderen Industriezweigen Erfahrungen. Für den Solarbereich sollen nun auch marktreife Produkte angeboten werden. Die Gründe:

  • Die Kosten sollen gesenkt werden. Sensoren sollen Arbeitszeit und Material einsparen. Die Firma EATON spricht von einer Kosten-Einsparung von 90 Prozent.
  • Die Sicherheit soll verbessert werden. Für den Betrieb wichtige Komponenten können besser überwacht werden. Sie sind aus der Ferne steuerbar, was insbesondere für große Solarparks Vorteile bringt.
  • Der Betrieb soll effizienter werden. Eine genauere Überwachung führt zu weniger Ausfällen und dadurch zu einem besseren Betrieb des Kraftwerks.
  • Die Skalierbarkeit ist unbegrenzt. Liegen die Stromerzeugungsfelder auseinander, sollen aber zentral gesteuert werden, bietet die kabellose Technologie eine einfache Lösung.

Mit Sensoren kann eine Vielzahl an Komponenten überwacht und gesteuert werden:

  • Solarmodule und -anlagen
  • Generatoren und Wechselrichter
  • Heliostaten und Nachführsysteme
  • Motoren
  • Wetterstationen
  • Pumpen usw.

Das Nachführsystem in Echtzeit zu regeln oder die Temperatur der Module zu überwachen, kann den Ertrag von großen Anlagen maßgeblich beeinflussen. Ob sich die Erfahrungen einer intelligenten Kommunikationstechnologie aus anderen Industriebereichen in den Bereich der Photovoltaik übertragen lassen, wird sich erst in der Praxis zeigen.

Software

Wird ein Solarkraftwerk langfristig geplant, kann eine entsprechende Software helfen, die Werte im Voraus zu bestimmen. Die Softwareprodukte unterscheiden sich in der Herangehensweise wie die eingegebenen Werte berechnet werden. Welche Herangehensweise sich in der Praxis am meisten bewährt, ist noch unklar. Wichtig für eine gute Planung ist, dass die Software alle Funktionen berücksichtigt, die die verschiedenen Komponenten eines Solarkraftwerks bieten. So müssen Werte für Wechselrichter, Energiespeicher oder Nachführsysteme von der Software verwertet werden.

Die Rolle der Informationstechnologie im Energienetz der Zukunft heben die Springer-Autoren Prof. Dr. Dr. h.c. Hans-Jürgen Appelrath, Prof. Dr. Dr. E. h. Henning Kagermann und Dr. Christoph Mayer im Kapitel "Szenarien für das Future Energy Grid" unter Punkt "2.2.2 Schlüsselfaktor 2 - Verfügbarkeit einer systemweiten IKT-Infrastruktur" hervor.

Fazit

Die Kommunikations- und Informationstechnologie bekommt für die Solarsparte eine immer größere Bedeutung. Software, Sensoren, Simulations- und Regelungssysteme müssen für die Photovoltaik erst angepasst werden, auch wenn sie sich in anderen Industriezweigen bereits als eigenständige Technologien bewährt haben. Die Rolle der dezentralen Energieerzeugung nimmt zu und das Thema Netzintegration will dauerhaft gelöst und nicht ignoriert werden.

Die Springer-Autoren Martin Kaltschmitt, Wolfgang Streicher und Andreas Wiese gehen im Kapitel "Photovoltaische Stromerzeugung" unter der Überschrift "6.2.4 Netzgekoppelte Systeme" auf den Stand und die technischen Hintergründe der Netzintegration von PV in Deutschland ein.

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