Ein Heizstab in diesem Warmwasserspeicher wird durch den Strom einer hauseigenen PV-Anlage betrieben, indem nur der überschüssige Strom zum Heizen des Kessels genutzt wird.
Frank Urbansky
Power to Heat, auch PtH oder P2H genannt, könnte ein Puzzleteil sein, das das Speicherproblem der Energiewende und die fluktuierende Einspeisung von Wind- und Sonnenstrom ausgleichen kann. "Gasbetriebene Hausheizungssysteme sind üblicherweise mit einem entsprechend dimensionierten Warmwasserspeicher ausgestattet. Dies ermöglicht u. a. einen pulsierenden Betrieb der Gastherme, um den wenig effizienten Teillastbetrieb zu vermeiden. Würde man im Warmwasserspeicher eine elektrische Zusatzheizung installieren, könnte diese – zeitlich steuerbar – bei Stromüberangebot und damit geringen Strompreisen die Laufzeit der Gastherme reduzieren und damit Erdgas substituieren; das mit einem Wirkungsgrad nahe 100 %", beschreiben das Prinzip Springer Vieweg-Autoren Philip Witte und Martin Kaltschmitt ab Seite 75 ihres Buchkapitels Stromerzeugung aus Wind und Sonne – Erzeugungscharakteristik und Aspekte einer Integration ins Versorgungssystem.
Selbstredend gilt es auch für andere Arten fossiler Heizungen mit Warmwasserspeicher, also Heizöl, Flüssiggas oder Kohle.
Tauchsieder als Prinzip
Das Prinzip ist denkbar einfach und fußt auf dem allseits bekannten Tauchsieder: Ein Heizstab, der in den Warmwasserspeicher integriert ist, bezieht via intelligenter Steuerung immer dann Strom aus dem Netz oder einer hauseigenen Photovoltaikanlage, wenn Überlastung droht und der Strom entweder nicht genutzt oder die Anlage abgeregelt werden müsste. Diese Regelleistung kann am Regelenergiemarkt extra vergütet werden. Wermutstropfen: Dessen Preise sind derzeit im Keller.
Die Steuerungen sind dafür bereits in der Praxis erprobt – sowohl für Strom aus dem Netz als auch aus eigenen PV-Anlagen. Derzeit will der Energiedienstleister und Betreiber eines virtuellen Kraftwerks ARGE Netz zusammen mit dem Institut für Wärme und Oeltechnik in Schleswig-Holstein einen Feldversuch mit 200 Heizungsbesitzern starten, wo das Prinzip flächendeckend angewandt und ein signifikanter Beitrag zum Regelenergiemarkt geleistet werden kann. Als Gegenleistung stehen zwei Windturbinen mit 2,5 Megawatt Leistung bereit.
Denn eine Teilnahme am Regelenergiemarkt ist erst ab einer Leistung von fünf Megawatt möglich. Eine Einzelheizung bringt es auf etwa 20 Kilowatt. Deswegen ist der Zusammenschluss in einem virtuellen Kraftwerk nötig. Auf Schleswig-Holstein fiel die Wahl auch deshalb, weil hier im Schnitt 25 Prozent des Windstroms bereits abgeregelt werden müssen, da er nicht zu anderen Verbrauchern aufgrund von Netzengpässen transportiert werden kann.
Volkswirtschaftlich sinnvoll
Volkswirtschaftlich ist eine Verwendung des überschüssigen Stroms ebenfalls empfehlenswert. 2015 wurden 4.700 Gigawattstunden Strom abgeregelt und dafür 488 Millionen Euro an die Produzenten als Entschädigung bezahlt. 2016 waren es in den ersten drei Quartalen knapp 2.600 Gigawattstunden. Eine endgültige Bilanz steht noch aus. Hinzu kommt ein klimatischer Faktor: Windstrom fällt insbesondere in den windstarken Wintermonaten an – gerade dann, wenn der größte Heizbedarf vorhanden ist, aber auch die konventionellen Kraftwerke wegen Strom- und Fernwärmeversorgung volle Last fahren.
In Einzelanlagen wurde das System bereits getestet. Es funktionieren sowohl der Bezug von ansonsten abgeregeltem Strom als auch die Einsparung fossiler Brennstoffe und damit von Kosten. Auch großindustrielle Anwendungen existieren, etwa bei Stadtwerken in Norddeutschland, die damit Fernwärmenetze befüllen. Nach Berechnungen des AGFW, Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und KWK, gibt es 20 PtH-Anlagen in Deutschland mit mehr als fünf Megawatt Leistung.
Wirtschaftlich ist das allerdings bisher noch nicht. Und eines darf nicht vergessen werden: "Ein Potential für P2H besteht ausgehend von der Stromangebotsseite nur, wenn überschüssiger Strom im Netz vorhanden ist", bringt es Springer Vieweg-Autor Dominik Eller auf Seite 10 seines Buchkapitels Grundlagen Power-to-Heat auf den Punkt. Strom, der nicht überschüssig ist, wäre mit Power to Heat verschwendet.