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Open Access 2020 | OriginalPaper | Buchkapitel

„Es kann aber auch einmal weh tun!“

Zur besseren Verankerung von Wissenschaft in der Gesellschaft brauchen Stiftungen Mut zum Risiko, Vertrauen in die Akteure und Geduld

verfasst von : Renate Ries, Beate Spiegel

Erschienen in: Wissenschaft und Gesellschaft: Ein vertrauensvoller Dialog

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Zusammenfassung

Renate Ries und Beate Spiegel beschreiben in ihrem Beitrag „Es kann aber auch einmal weh tun!“, wie die Klaus Tschira Stiftung (KTS) Wissenschaftskommunikation und -journalismus fördert. Dies stellen die beiden Autorinnen exemplarisch an zwei Instituten dar, die beide als gemeinnützige GmbHs von der Klaus Tschira Stiftung gegründet wurden und weitestgehend von der Stiftung finanziell getragen werden. Wie entstand aus der Idee, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in ihrer Kommunikationskompetenz zu stärken, damit sie teilnehmen am Dialog mit der Gesellschaft, das Nationale Institut für Wissenschaftskommunikation (NaWik)? Wie wurde der Wunsch Wirklichkeit, Forscherinnen und Forschern eine Stimme in den Medien zu geben durch zeitnahe und verlässliche Einordnung von kontroversen Wissenschaftsthemen? So geschehen im Science Media Center Germany (SMC). Das Fazit der beiden Autorinnen: Zur besseren Verankerung von Wissenschaft in der Gesellschaft brauchen Stiftungen Mut zum Risiko, Vertrauen in die Akteure und viel Geduld. Doch nur durch die kompetente und engagierte Arbeit derjenigen, die in den Instituten für die Verwirklichung dieses Ziels arbeiten, werden schließlich aus Ideen Wirklichkeit.
Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne. Eine neue Idee wird in einer Stiftung geboren. Oder sie wird von Außenstehenden an die Stiftung herangetragen. Doch wie wird aus einem guten Gedanken ein wirkungsvolles Projekt oder gar ein erfolgreiches Institut?
Das soll hier exemplarisch an zwei Instituten der Klaus Tschira Stiftung (KTS) dargestellt werden, die im Bereich Wissenschaftskommunikation und Wissenschaftsjournalismus bundesweit aktiv sind.
Wie entstand aus der Idee, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in ihrer Kommunikationskompetenz zu stärken, damit sie teilnehmen am Dialog mit der Gesellschaft, das Nationale Institut für Wissenschaftskommunikation, kurz NaWik? Wie wurde der Wunsch Wirklichkeit, Forscherinnen und Forschern eine Stimme in den Medien zu geben durch zeitnahe und verlässliche Einordnung von kontroversen Wissenschaftsthemen? So geschehen im Science Media Center Germany, kurz SMC. Sowohl das NaWik als auch das SMC wurden als gemeinnützige GmbHs von der Klaus Tschira Stiftung (mit-)gegründet und werden maßgeblich von der Stiftung finanziell getragen. Über ihre Institute berichten Beatrice Lugger, Geschäftsführerin und Direktorin des NaWik, mit ihrem Beitrag „Verständlichkeit ist nur der Anfang“ sowie Volker Stollorz, Geschäftsführer und Redaktionsleiter des SMC, in seinem Artikel „Wir lieben Aufklärung“.
Die Klaus Tschira Stiftung (KTS) fördert Naturwissenschaften, Mathematik und Informatik und möchte die Wertschätzung für diese Fächer in der Gesellschaft steigern. Ihre Förderschwerpunkte sind Bildung, Forschung und Wissenschaftskommunikation. In diesem dritten Bereich ist die Stiftung besonders aktiv durch Einrichtungen, die sie (mit-)gegründet hat und maßgeblich fördert. Dazu gehören das Nationale Institut für Wissenschaftskommunikation (NaWik), das Science Media Center Germany (SMC) und die Heidelberg Laureate Forum Foundation (HLFF). Weiterhin fördert sie viele Projekte, um Wissenschaft in der Gesellschaft zu verankern, wie beispielsweise den KlarText-Preis für Wissenschaftskommunikation, die naturwissenschaftlichen Erlebnistage Explore Science, die Lehrer- und Schülerfortbildung Jugend präsentiert, das Portal wissenschaftskommunikation.de sowie die wissenschaftsjournalistische Ausbildung an der Deutschen Journalistenschule.
Von der Idee zum erfolgreichen Start-up – bereits vor fast 50 Jahren zeigte Klaus Tschira (1940–2015), welche Faktoren nötig sind, um einen guten Plan Wirklichkeit werden zu lassen. Klaus Tschira und vier weitere Gründer wollten Computerprogramme entwickeln, die Unternehmen bei allen betriebswirtschaftlichen und technischen Abläufen unterstützen sollten. Hierzu starteten sie die Firma SAP, heute ein Global Player im Bereich Business Software. Die Gründer gaben für dieses Unternehmen ihre gesicherten Existenzen als Angestellte auf, was sicher nicht jede ihrer Familien begrüßte.
Das Erfolgsrezept der fünf: Sie glaubten an ihre Idee, sie vertrauten wechselseitig in ihr Können und Engagement, sie hatten Geduld bei der Entwicklung ihres zunächst kleinen Unternehmens, sie gingen Bündnisse mit anderen Organisationen ein – und sie hatten den Mut, auch das Scheitern des Vorhabens in Kauf zu nehmen.
Diese Haltung bewies Klaus Tschira dann ebenso als Stifter: Er konnte eine gute Idee erkennen und anerkennen – sowohl bei seinem Stiftungsteam als auch bei Antragstellern. Und wenn er Vertrauen in das Können und Engagement der Akteure hatte, war er bereit, diese zu unterstützen. Er wusste: Menschen, die Neues wagen wollen und dafür bereit sind, „ins kalte Wasser zu springen“, benötigen schnell und verlässlich Unterstützung. Denn wer an einem neuen großen Projekt arbeitet, kann dies nur eine begrenzte Zeit neben seinem bisherigen Beruf tun. Und wer seine gesicherte Existenz aufgibt, um mit dem Aufbau eines neuen Instituts in eine ungewisse Zukunft zu gehen, benötigt eine Perspektive – für sich und andere: Mit einer Förderung von einem Jahr wird selbst der Engagierteste keine qualifizierten Mitarbeiter finden.
Wissenschaftsjournalistinnen und -journalisten, die Neues wagen, wie im Fall des Aufbaus von NaWik und SMC, brauchen den langen finanziellen Atem der Klaus Tschira Stiftung. Mit Geld allein ist es jedoch nicht getan: Die Stiftung gibt ihnen Zeit, ihre Institute zu entwickeln und unterstützt sie in Bereichen, die nicht spontan zur Kernkompetenz von Wissenschaftskommunikatoren und -journalisten gehört: kaufmännische Geschäftsführung, IT und Personalverwaltung. Denn die gute Idee kann umso besser umgesetzt werden, je professioneller die Organisation aufgebaut wird. Der inhaltliche Freiraum der Institute bleibt dabei stets erhalten.
Für alle Beteiligten heißt es zudem, geduldig zu sein. Aus der Erfahrung von mehreren KTS-Instituten oder Ausnahmeprojekten hat die Stiftung gelernt, dass in der Regel fünf Jahre nötig sind, bis „das Kind laufen gelernt hat“. Vorher wird die Arbeit der Institute nicht evaluiert. Wichtiger ist der Austausch mit den Geschäftsführenden, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, den Aufsichts- und Beratungsgremien, die Vernetzung – letztlich das ganze Repertoire der wertschätzenden Unterstützung. Auch Rückschläge müssen gemeinsam verarbeitet und neue Wege eingeschlagen werden: wenn beispielsweise Leistungsträger das Institut verlassen oder angepeilte Zusammenarbeiten mit Akteuren im Bereich von Hochschule und Wissenschaft sich nicht verwirklichen lassen. Dazu gehört vonseiten der Stiftung auch die Kenntnis von Menschen und des Umfeldes, in dem das Institut tätig ist.
„Es kann aber auch einmal weh tun!“, warnte Volker Stollorz, als er 2015 Klaus Tschira sein Konzept des Science Media Center Germany vorstellte. Damit wies der Wissenschaftsjournalist darauf hin, dass durch die Arbeit des SMC möglicherweise auch einmal schlechtes Licht auf von der Klaus Tschira Stiftung geförderte Wissenschaftler geworfen werden könnte – und damit letztlich auch auf die Stiftung selbst. Die Antwort „Das halten wir dann aus“ bekräftigte vor allem die redaktionelle Freiheit, die die Klaus Tschira Stiftung von Anfang an dem SMC zugesagt hatte.
„Um ein Kind großzuziehen, braucht es ein ganzes Dorf“, heißt es. Auch bei einem Institut bedarf es vieler Bündnispartner. Beim NaWik gehört ganz wesentlich der Gründungspartner und Mitförderer Karlsruher Institut für Technologie (KIT) dazu. Beim SMC ist die Wissenschaftspressekonferenz (WPK), der Verband der Wissenschaftsjournalisten, Mitgesellschafter. Dazu kommen jeweils weitere Förderer, Projektpartner, Zielgruppen und viele mehr. Weitere Unterstützer sind willkommen!
Den größten Wert für die Verankerung der Wissenschaft in der Gesellschaft – das über allem stehende Ziel – haben dabei die Menschen, die weder ihre eigene Karriere noch die öffentliche Wahrnehmung ihrer Organisation in den Vordergrund stellen. Sie unterstützen eine gute Idee, weil sie an deren Nutzen für die Gesellschaft glauben und aus eigener Verantwortung einen Beitrag dazu leisten möchten.
Mit der Gründung von NaWik und SMC aus einer Stiftung heraus hat die Klaus Tschira Stiftung einen weltweit einzigartigen Impuls gesetzt zur Stärkung der Demokratie durch Wissenschaftskommunikation und Wissenschaftsjournalismus. Doch nur durch die kompetente und engagierte Arbeit derjenigen, die in den Instituten für die Verwirklichung dieses Ziels arbeiten, werden aus Ideen Wirklichkeit.
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Metadaten
Titel
„Es kann aber auch einmal weh tun!“
verfasst von
Renate Ries
Beate Spiegel
Copyright-Jahr
2020
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-59466-7_7