"Wachstum wird von fünf Faktoren bestimmt"

Nachhaltiges Wachstum im Mittelstand ist kein Selbstläufer. Vielmehr braucht es neben strategischen Überlegungen grundlegende Kulturveränderungen. Welche Faktoren noch dafür sorgen, das KMU prosperieren, erklären Daniel B. Werner und Helen Kuhnle im Gespräch.

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Springer Professional: Sie definieren in Ihrem Buch eine Gleichung für Wachstum. Wie lautet sie und wie unterscheidet sie sich von anderen Ansätzen?

Daniel B. Werner und Helen Kuhnle: Unsere langjährige Erfahrung in der Zusammenarbeit mit vielen Mittelständlern und Scale-ups hat gezeigt, dass Wachstum den ultimativen Erfolgsindikator darstellt und von fünf Faktoren bestimmt wird: Geschäftsmodell, Organisationsstruktur, Kundenzentrierung, Fähigkeiten und Haltung. Diese Faktoren unterteilen sich in eine kulturelle und eine strategische Dimension. Im Gegensatz zu anderen Ansätzen, die meist sehr eindimensional sind und den Gesamtkontext des Unternehmens außer Acht lassen, berücksichtigen wir die kulturelle und strategische Perspektive gleichermaßen. Ganz nach dem Zitat von Peter F. Drucker "culture eats strategy for breakfast" stehen die kulturellen Faktoren im Nenner, da sie die entscheidende Rolle spielen. Daher setzen wir auch im Alltag häufig an der richtigen Haltung sowie den nötigen Fähigkeiten an und nutzen diese dann gezielt bei der Umsetzung der strategischen Faktoren.

Lassen Sie uns die fünf Faktoren dieser Gleichung kurz durchgehen. Welche Rolle spielt das Geschäftsmodell für nachhaltige Wachstum? 

Das Geschäftsmodell ist die Grundlage für optimales Wachstum. Es ergibt sich aus der internen und externen Analyse sowie der Zielsetzung des Unternehmens. Da die meisten Unternehmen bereits ein funktionierendes Geschäftsmodell haben, geht es hier vielmehr darum, es an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen, um auch in Zukunft bestehen zu können. Dies wird durch den Abgleich der aktuellen Situation mit den langfristigen Zielen und einem daraus erstellten Maßnahmenplan ermöglicht. Die Beantwortung der zwölf strategischen Schlüsselfragen spielen in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle.

Wieso müssen Unternehmen auch die Organisationsstruktur im Blick haben?

Die Organisationsstruktur legt Rollen, Regeln und Verantwortlichkeiten fest. Sie bestimmt also vor allem, wie Ziele in dem jeweiligen Unternehmen erreicht werden. Wichtig ist, dass die Struktur an die wachstumsorientierte Strategie angepasst wird. So können Teams effektiv zusammenarbeiten, Prozesse werden optimiert und das Unternehmen gewinnt an Geschwindigkeit. Mit anderen Worten eine Win-Win-Win-Situation.

Und welchen Beitrag leistet die Kundenzentrierung?

Heutzutage reicht es nicht mehr aus, ein gutes Produkt oder eine gute Dienstleistung anzubieten. Kunden erwarten ein außergewöhnliches und individuelles Kundenerlebnis. Dieses Erlebnis erstreckt sich vom ersten Kontakt bis weit nach dem Kaufvorgang. Durch die Betrachtung der Customer Journey, entsprechenden Kundenbefragungen und der rigorosen Fokussierung auf den Kunden kann der Erfolg eines Unternehmens entscheidend beeinflusst werden.

Fehlen noch Haltung und Fähigkeiten. Welche Weichen müssen Unternehmen hier stellen, um besser zu wachsen und warum? 

Fähigkeiten definieren, inwiefern Menschen das Wachstum des Unternehmens vorantreiben können. Daher sind entsprechende Kompetenzen essenziell, um Veränderungsmotivation herzustellen und Wachstum zu ermöglichen. Skill-Gap-Analysen, das Auflösen von Silos sowie smartes Change Management und die richtige Mitarbeitermotivation stellen vier relevante Hebel dar. Die Haltung und Überzeugungen der Menschen in Ihrem Unternehmen sind ebenso ein großer Bestandteil der kulturellen Dimension und damit entscheidend für den Erfolg der in der Strategie festgelegten Maßnahmen. Nur durch das richtige Mindset, einer fundierten Unternehmenskultur und einem psychologisch sicheren Umfeld kann Wachstum in Unternehmen stattfinden.

An welchen Faktoren hapert es Ihren Erfahrungen nach am meisten – insbesondere im Mittelstand?

Ein großes Thema sind häufig die Fähigkeiten der Mitarbeitenden. Durch aktuelle Organisationsstrukturansätze wie single-threaded Leadership und agile Teams werden einzelne Personen und ihre Fähigkeiten immer wichtiger. Daher setzen wir uns im Leistungsbereich Strategie auch gezielt mit Skill-Gap Analysen und individuellen Recruiting-Strategien auseinander. Hier geht es jedoch nicht nur darum, auf fehlende Fähigkeiten aufmerksam zu machen, sondern vielmehr die Fähigkeiten der vorhandenen Beschäftigten gezielt einzusetzen, fehlende Fähigkeiten durch Aus- und Weiterbildungen zu erarbeiten und gegebenenfalls neue Arbeitnehmende einzustellen, um die entsprechenden Lücken füllen können.