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17.06.2015 | Fahrzeugtechnik | Schwerpunkt | Online-Artikel

Stimmen zum E-Gipfel: Förderung von E-Autos

verfasst von: Christiane Brünglinghaus

6 Min. Lesedauer

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Bundeskanzlerin Angela Merkel hat auf der Nationalen Konferenz der Bundesregierung zur Elektromobilität in Berlin finanzielle Hilfen für Elektromobilität in Aussicht gestellt. Allerdings sei laut Merkel noch unklar, wie die Förderung genau aussehen werde. Stimmen zur E-Auto-Förderung.

Deutschland werde um eine weitergehende Förderung nicht herumkommen, "obwohl wir schon einiges gemacht haben", sagte Merkel anlässlich der Nationalen Konferenz Elektromobilität. Deutschland müsse seine Anstrengungen erhöhen. Dies mache nicht zuletzt der Vergleich mit anderen Ländern deutlich. Die stärksten Absatzraten hätten Elektrofahrzeuge in Ländern mit staatlicher Förderung. Die Kanzlerin verwies dabei auf Norwegen und die Niederlande. "Wir werden alle Instrumente studieren und in diesem Jahr entscheiden." Die Form der Anreize ließ sie jedoch offen.

Die Bundesregierung hat sich vorgenommen, bis 2020 eine Million Elektroautos auf die Straße zu bringen. Doch Deutschland hinkt diesen Ansprüchen hinterher. Der Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Sigmar Gabriel, sagte anlässlich der Konferenz: "Wir haben bei der Elektromobilität in den vergangenen Jahren bereits Einiges erreicht, aber es gibt auch ganz klar weiterhin Nachholbedarf. Die Wirtschaft hat eine Reihe innovativer Elektrofahrzeuge entwickelt und auf den Markt gebracht, aber der Markthochlauf muss schneller voranschreiten.“

Marktwirtschaftliche Anreize

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Wobei die Bundesrepublik durchaus als Leitanbieter bezeichnet werden kann: Derzeit sind 19 Serienmodelle deutscher Hersteller in den Autohäusern, bis Ende des Jahres sollen weitere zehn folgen. Nur bei den Verkäufen hapert es: Aktuell sind hierzulande nur gut 22.000 Fahrzeuge mit Elektroantrieb unterwegs, geht aus den Zahlen des Kraftfahrtbundesamtes hervor. Als problematisch gelten vor allem die hohen Anschaffungskosten, die geringe Reichweite der E-Autos und die fehlende Infrastruktur.

Neue Impulse soll hier das im März beschlossene Elektromobilitätsgesetz (Emog) schaffen. Es gewährt elektrisch betriebenen Fahrzeugen Sonderrechte im Straßenverkehr, wie besondere Parkplätze an Ladestationen, ein Reduzieren von Parkgebühren oder die Möglichkeit, auf Busspuren zu fahren. Doch viele Verbände kritisierten in der Vergangenheit, dass ein Nutzen für die Umwelt durch das Emog nicht gegeben sei. Andere Anreizmöglichkeiten wie Kaufprämien für Privatleute lehnt die Bundesregierung hingegen ab. Der Verband der Internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK) befürwortet hingegen Kaufanreize, die für Privatkunden die Preisdifferenz zu herkömmlichen Antrieben reduzieren sollen. "Elektrofahrzeuge müssen mit einem Betrag von mindestens 5000 Euro gefördert werden", so VDIK-Präsident Volker Lange. Allerdings stellt sich hier die Frage nach der Gerechtigkeit: Sie würde einseitig nur wenigen privilegierten Autokäufern zu Gute kommt. Daher lehnt zum Beispiel der ADAC eine solche Prämie ab.

Im Gespräch sind derzeit noch steuerliche Sonderabschreibungen für Firmenwagen mit Elektroantrieb. Ein Maßnahme, die neben dem ADAC auch der VDA begrüßt. Der Verband der Automobilindustrie plädiert für eine 50-Prozent-Abschreibung im ersten Jahr für elektrische Firmenwagen. VDA-Präsident Wissmann: "Es wäre wünschenswert, dass sich Bund und Länder hierzu noch möglichst vor der Sommerpause verständigen. Denn solche Abschreibungsmöglichkeiten sind für Fuhrparkmanager ein überzeugendes Argument, E-Modelle in ihren Unternehmensflotten einzusetzen."

Wie sinnvoll sind Förderungen?

Allerdings: Eine Studie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) aus dem Mai hat die Annahme widerlegt, dass vor allem große Unternehmen, mit großen Fahrzeugflotten, die Treiber der Elektromobilität darstellen würden. Die gewerblichen E-Fahrzeug-Nutzer sind mehrheitlich kleine Unternehmen mit maximal 49 Mitarbeitern und neun Fahrzeugen (inklusive dem E-Auto). Auch spielen externe Anreize, wie die Befreiung von der Kfz-Steuer oder kostenloses Parken und Aufladen eine untergeordnete Rolle. Was hingegen zum E-Auto-Kauf bewegt: Günstigere Energiekosten pro Kilometer und der Fahrspaß am Elektroantrieb, den auch Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt auf dem E-Gipfel gefordert hat.

Spannend ist auch folgendes Ergebnis der DLR-Studie: Weder private noch gewerbliche Nutzer messen Lademöglichkeiten im öffentlichen Straßenraum viel Bedeutung zu. Dementsprechend nutzen die meisten die Lademöglichkeiten zu Hause, am Arbeitsplatz oder auf dem Betriebsgelände. Vorherrschend ist allerdings der Wunsch nach Schnellladepunkten im (halb-)öffentlichen Raum. Im Rahmen des Projekts Slam sollen bis zum Jahr 2017 bis zu 400 AC- und DC-Schnellladesäulen quer durch die Bundesrepublik aufgestellt werden. Die DLR-Studie wirft zumindest die Frage auf, ob politische Forderungen mit denen der Lebenswirklichkeit der ersten E-Auto-Nutzer wirklich zusammenpassen.

Lesen Sie mehr zur ICCT-Studie, die staatliche Kaufanreize für Elektroautos international untersucht hat, auf Seite 2.

Internationale Analyse staatlicher Förderung: kein eindeutiges Bild

Wenn es um den Erfolg von Elektroautos geht, wird gerne auf Norwegen verwiesen. Das Land ist laut einer aktuellen Studie der unabhängigen Forschungsorganisation International Council on Clean Transportation (ICCT) ein gutes Beispiel für einen Markt, wo hohe Steueranreize zu höheren Zulassungen von Elektrofahrzeugen führen. Unter anderem fällt in dem skandinavischen Land die Mehrwertsteuer von 25 Prozent weg. Doch die staatliche Förderung hat diesen Erfolg teuer erkauft. Dem Staat sind dadurch Steuereinnahmen in Millionenhöhe verloren gegangen. Die Regierung will die Zuschüsse daher wieder zurückschreiben, wie der Spiegel berichtete. Auch das Bild, dass der ICCT in seiner internationalen Analyse der vielfältigen staatlichen Förderungen zeichnet, ist sehr heterogen. Einen eindeutig positiven Nutzen dieser Maßnahmen lässt sich nicht belegen.

Die Wirtschaftlichkeit von Elektroautos lässt sich aber auch ohne staatliche Subventionen verbessern. Das sagt zumindest das Energie- und IT-Unternehmen Lichtblick. "Ein E-Auto kann über 1000 Euro im Jahr erlösen, wenn seine Batterie das Stromnetz stabilisiert", erklärt Lichtblick-CEO Heiko von Tschischwitz anlässlich des E-Gipfels. "Das Prinzip ist einfach: Stabilisiert die Batterie das Netz, fallen wie bei Pumpspeicher-Kraftwerken keine Netzentgelte und Abgaben an. Nutzt der Verbraucher den gespeicherten Strom zum Fahren oder in seinem Zuhause, zahlt er natürlich wie gewohnt alle Zusatzkosten", erläutert von Tschischwitz.

NABU schlägt Elektromobilitätsfond vor

Für den Naturschutzbund Deutschland (NABU) ist die Elektromobilität alleine sowieso kein Allheilmittel: "Das Elektroauto ist längst nicht die Lösung aller unserer Mobilitätsprobleme. Viel zu hoher Flächen- und Ressourcenverbrauch sowie Lärm bleiben bestehen. Aber ohne mehr Elektromobilität wird es auch nicht gehen. Deshalb brauchen wir finanzielle Anreize für Niedrigemissionsfahrzeuge und gleichzeitig eine Sonderabgabe auf besonders klimaschädliche Autos", so NABU-Verkehrsexperte Daniel Rieger. Die von der Bundesregierung geplante Sonderabschreibung für Elektroautos lehnt der NABU ab, da sie vor allem eine versteckte Kaufprämie für Elektroautos sei und vom Steuerzahler finanziert werde. Stattdessen schlägt der NABU einen Elektromobilitätsfonds vor, der sich aus einer Abgabe für besonders klimaschädliche Pkw speist und den Kauf besonders effizienter Fahrzeuge subventionieren könnte.

Henning Kagermann, Vorsitzender der Nationale Plattform Elektromobilität (NPE) und acatech-Präsident, ist weiterhin von der Elektromobilität überzeugt: "Unabhängig davon, wie schnell Deutschland den Markt aufbaut, wird Elektromobilität kommen. Die Preise für die Fahrzeuge werden weiter sinken, die Reichweite wird steigen. In wenigen Jahren werden wir einen Durchbruch sehen. Wir werden uns nur dann nachhaltig als Leitanbieter behaupten, wenn wir auch an die Spitze der Leitmärkte vorrücken."

Wie genau das funktionieren soll, bleibt abzusehen. Letztendlich muss sich das Elektroauto wegen seiner Qualitäten durchsetzen, nicht aufgrund von Subventionen. Es muss schlichtweg sinnvoller sein als die etablierte Konkurrenz.

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