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30.07.2014 | Fahrzeugtechnik | Schwerpunkt | Online-Artikel

Wettrennen um das selbstfahrende Auto

verfasst von: Christiane Brünglinghaus

4:30 Min. Lesedauer

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Noch haben die Autofahrer die Hände am Steuer. Doch das könnte sich schon bald ändern: Um das Jahr 2020 wollen viele Autohersteller autonom agierende Autos auf die Straße bringen. Doch Google oder der Chiphersteller Intel könnten den traditionellen Autobauern den Rang ablaufen.

Wie ein Spielzeugauto sieht das eiförmige Gefährt aus: Klein, rund und knubbelig. Doch was nach Spielerei aussieht, ist Hightech. Denn: Der kleine Zweisitzer mit Elektro-Antrieb fährt selbst. Das autonome Auto kommt ohne Lenkrad sowie Gas- und Bremspedale aus. Ist das die Mobilität der Zukunft? Zumindest für den amerikanischen Internet-Konzern Google, der erste Prototypen seines selbstfahrenden Google-Autos bauen und diesen Sommer testen will. Vor wenigen Tagen wurde auch bekannt, das der Baidu-Konzern, das chinesische Pendant zu Google, ebenso ein autonomes Auto auf den Markt bringen will, wie "Chip online" berichtete.

Google ganz vorne beim autonomen Fahren

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Das lässt vor allem die großen Automobilunternehmen aufhorchen. Mit ihren Roboterautos machen Google und Baidu den großen Herstellern, wie Daimler, Audi oder Volvo, Konkurrenz. Mit Erfolg. Denn geht es nach einer neuen Einfluss-Studie des amerikanischen Start-Up-Unternehmens Appinions, dann ist Google der einflussreichste Autobauer, wenn es um das autonome Fahren geht. Appinions hat für die Studie "10 Most Influential Autonomous Cars Companies" hunderte Millionen Meinungen aus rund zwei Milliarden Dokumenten und Posts auf Social-Media-Plattformen von April bis einschließlich Juli 2014 analysiert.

Nach Google folgt der IT-Konzern Intel auf dem zweiten Platz des Rankings von Appinions. Der Chiphersteller Intel drängt mit seinen In-Vehicle-Lösungen immer stärker auf den Markt für Fahrassistenzsysteme und automatisiertes Fahren. Auf Rang drei folgt der erste Automobil-Hersteller, und zwar GM. Mercedes-Benz landet auf dem vierten Platz, gefolgt von Audi, Nissan, Apple, BMW, Volvo und Rio. Doch mit sechs Autoherstellern unter den Top Ten, ist klar, dass die traditionellen Autobauer im Rennen um das selbstfahrende Auto stark mitmischen werden.

Verspielt die Verkehrspolitik den Innovationsvorsprung?

Auch wenn die Einführung eines autonomen Fahrzeugs noch in der Ferne liegt, so ist deren Einsatz nur noch eine Frage der Zeit, sind sich viele Experten einig. Einige der konventionellen Autobauer, wie Nissan oder Volvo, wollen um das Jahr 2020 selbstfahrende Autos zum Kauf anbieten. Mit dem Forschungsfahrzeug S 500 Intelligent Drive zeigt zum Beispiel Mercedes-Benz schon heute, dass im Überland- und Stadtverkehr autonomes Fahren möglich ist. Und mit der Studie Mercedes-Benz Future Truck 2025 haben die Schwaben kürzlich den Prototypen eines autonom fahrenden Fernverkehrs-Lkw präsentiert. Oder BMW: Der bayerische Hersteller hat Anfang des Jahres auf der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas einen Sicherheitsassistenten gezeigt, der in anspruchsvollen Verkehrssituationen auch ohne Eingriff des Fahrers das Fahrzeug wieder auf die Spur zurückführen kann.

Rein technisch ist autonomes Fahren bereits machbar, erlaubt aber nur mit Sondergenehmigung. Deutsche Autobauer spielen zwar ganz vorne mit, aber die Verkehrspolitik verspiele den Innovationsvorsprung, sagt Ferdinand Dudenhöffer von Universität Duisburg-Essen in einem Kommentar in der Zeitschrift Wirtschaftsdienst. So führt er an, dass in Kalifornien, Florida und Nevada im September 2012 das Verkehrsrecht angepasst wurde und automatisch fahrende Autos erlaubt seien. "Die deutschen Politiker laufen hinterher. Ähnliches galt schon für die Elektromobilität. Es wird viel über technischen Fortschritt geredet, aber zu oft bleibt es beim Reden", sagt Dudenhöffer.

Taten gibt es aber doch: Ein Expertenausschuss der Vereinten Nationen hat im Mai 2014 die Wiener Konvention für den Straßenverkehr ergänzt. Danach sind Systeme zum automatisierten Fahren zulässig, wenn sie jederzeit vom Fahrer gestoppt werden können. Bislang war die Vorgabe, dass jeder Fahrer dauernd sein Fahrzeug beherrschen muss. Das Abkommen sei aber noch nicht adäquat geändert, Formalitäten würden noch fehlen.

Noch nicht alle Hürden genommen

Auf dem Weg zum vollständig autonom agierenden Fahrzeugs ist man nun etwas weiter gekommen. Doch: Der Fahrer darf sich zwar Hilfsmittel bedienen, ist aber immer noch dauerhaft für den Fahrbetrieb verantwortlich. Die Änderung ist also ein erster Schritt, mit ihr sind aber noch nicht alle Hürden genommen, wie das Unternehmen Ferchau in dem interessanten Beitrag "Revolutioniert UN-Konvention autonomes Fahren?" erläutert. Auch auf nationalstaatlicher Basis müssen entsprechende Gesetze realisiert werden, die sich auch dem Thema Datenschutz widmen müssen. Denn was mit den Daten, die sich aus der Kommunikation zwischen den Fahrzeugen oder deren Umgebung ergeben passiert, ist bislang nicht ausreichend gesetzlich geregelt. Daher forderte auch der 52. Deutsche Verkehrsgerichtstag Anfang des Jahres, dass der Austausch von Daten und Informationen aus dem Fahrzeug Regeln unterworfen werden muss. Zudem ist die Klärung von Haftungsfragen bei technischen Defekten eine weitere zentrale Herausforderung.

Und wie steht eigentlich die Bevölkerung zum Fahren ohne Fahrer? Zumindest scheinen selbstfahrende Autos in Deutschland auf großes Interesse zu stoßen. Mehr als jeder dritte Deutsche (37 Prozent) kann sich vorstellen, künftig selbst automatisiert zu fahren. Das entspricht rund 26 Millionen Bundesbürgern, wie der ITK-Branchenverband Bitkom ermittelt hat. Doch das Verhältnis von Fahrer und Auto wird sich durch das automatisierte Fahren ändern. Die Daimler und Benz Stiftung will deshalb ein Weißbuch verfassen, in dem die gesellschaftsrelevanten Fragestellungen rund um das automatisierte Fahren erörtert werden. Denn: Der Erfolg des selbstfahrenden Autos hängt auch von der Akzeptanz des Kunden ab.

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Quelle:
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