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13.01.2015 | Fahrzeugtechnik | Schwerpunkt | Online-Artikel

Elektroautos haben Imageproblem

verfasst von: Christiane Brünglinghaus

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Die Zahl der neu zugelassenen Elektroautos in Deutschland ist weiterhin sehr gering. Ein Grund: Elektroautos wecken kaum Emotionen. Ein weiterer Grund: Autobauer produzieren an den Kundenbedürfnissen vorbei.

Elektroautos besitzen bei Autofahrerinnen und -fahrern in Deutschland ein besonders "grünes" Image, wecken bisher allerdings kaum Emotionen. In der Continental-Mobilitätsstudie 2015 bewertet eine klare Mehrheit rein elektrisch betriebene Fahrzeuge als besonders umweltfreundlich (72 Prozent), wobei Elektroautos allenfalls lokal emissionsfrei fahren - vor allem, wenn man den immer noch hohen Braunkohle-Anteil an der Bruttostromerzeugung bedenkt.

67 Prozent der Autofahrer bewerten E-Autos als vernünftig, kaufentscheidende Imagefaktoren wie Fahrspaß (26 Prozent), attraktives Design (26 Prozent) und Sportlichkeit (23 Prozent) sind hingegen nur schwach ausgeprägt. Zusätzlich zu den höheren Anschaffungskosten im Vergleich zu konventionell betriebenen Fahrzeugen dämpft das unausgewogene Image die Erwartungshaltung der Autofahrer hinsichtlich einer eigenen Nutzung. Daneben hemmen weiterhin die bekannten Schwierigkeiten wie geringe Reichweite, lange Ladezeiten und unzureichende Infrastruktur den Kaufanreiz.

Für die Continental-Mobilitätsstudie 2015 hat das Markt- und Sozialforschungsinstitut infas im Auftrag des Automobilzulieferers Continental Autofahrer in Deutschland und den USA sowie in Frankreich, Japan und China befragt. Darüber hinaus wurden Experten aus Wissenschaft und Automobilindustrie interviewt.

Vernünftig, aber langweilig

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Im Vergleich zur Continental-Mobilitätsstudie 2011 rechnen über alle Altersgruppen hinweg deutlich weniger Autofahrer damit, mittelfristig (vier bis zehn Jahre) ein reines Elektroauto zu nutzen. So sanken die Erwartungswerte in der Gruppe der 16- bis 30-Jährigen von 47 auf 34 Prozent und in der Gruppe der 31- bis 59-Jährigen von 46 auf 35 Prozent. Darüber hinaus stabilisiere sich bei Autofahrern ab 60 Jahren und damit in der kaufkraftstarken und sehr autoaffinen Bevölkerungsgruppe eine Haltung auf einem Niveau von 40 Prozent. Bei jungen Autofahrern wuchs gleichzeitig in den vergangenen drei Jahren die Anzahl derjenigen stark (von null auf 20 Prozent), die auf ein E-Auto nur dann umsteigen würden, wenn Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor nicht mehr zur Verfügung stehen.

"Nach dem Boom vor einigen Jahren befinden sich reine Elektroautos aktuell in einer Imagefalle", bewertete José Avila, Continental-Vorstandsmitglied und Leiter der Division Powertrain, die Studienergebnisse. In der Hybridisierung sieht er jedoch einen Ausweg: "Zunehmende Hybridisierung inklusive der 48-Volt-Technik wird der Elektromobilität den Weg bereiten. Sie ermöglicht ein vernünftiges Kosten-Nutzen-Verhältnis und erlaubt es Autofahrern zudem, erste Erfahrungen mit Elektromobilität zu sammeln."

Avila: Hybridisierung als Ausweg

Auch in Bezug auf die Entwicklung des Images von E-Fahrzeugen zeigte sich Avila zuversichtlich: "Hybridfahrzeuge können Akzeptanz für Elektroautos schaffen. Autofahrer haben die Möglichkeit, in Hybridfahrzeugen streckenweise rein elektrisch unterwegs zu sein und den damit verbundenen Fahrspaß zu erleben." Avila sah sich von den Studienergebnissen insgesamt bestätigt, sowohl weitere Verbrauchspotenziale bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor zu erschließen und gleichzeitig die Strategie der schrittweisen Elektrifizierung des Antriebsstrangs konsequent voranzutreiben.

Weitere Kaufanreize soll das Elektromobilitätsgesetz der Bundesregierung schaffen, das dieses Jahr in Kraft treten soll. Kern des Gesetzes sind Sonderrechte für Elektroautos: Fahrer von E-Autos können dann Privilegien wie etwa reservierte Parkplätze in Anspruch nehmen.

Nach Angaben der Jahresbilanz des Kraftfahrt-Bundesamtes zu den Neuzulassungen 2014 wurden im vergangenen Jahr lediglich 8.522 Elektroautos neu zugelassen. Bei den Hybridautos waren es 27.435 Fahrzeuge.

Autobauer produzieren an Kundenbedürfnissen vorbei

Eine Analyse des Beratungsunternehmens Kienbaum zeigt einen weiteren Grund auf, warum Elektromobilität in Deutschland nach wie vor nicht ins Rollen kommt. Eine entscheidende Ursache sei, dass die Automobilkonzerne an den Kundenbedürfnissen vorbeiproduzieren.

Für das vergangene Jahr zählte der Verband der Automobilindustrie (VDA) zwar 17 neue Serienmodelle. Dieses Jahr sollen noch einmal zwölf weitere hinzukommen. Entscheidend ist aber laut Analyse, dass sich das Angebot im Bereich Elektromobilität genau gegenteilig zur Nachfrage verhält. Der breite Markt für Elektromobilität entwickle und etabliere sich durch zwei Fahrzeugsegmente, weil in diesen Segmenten die Nachfrage am höchsten sei: Dies sind erstens kleine, innovative und dennoch preisgünstige, rein batterieelektrische Fahrzeuge, die als sogenanntes Purpose Design eigens für die Elektromobilität konstruiert werden. Und zweitens Firmenwagen im Oberklasse-Segment im Conversion Design.

"Das große Problem: Das Angebot auf dem E-Mobility-Markt ist genau gegenteilig zur Nachfrage. Bei den kleinen, rein batteriebetriebenen Autos finden wir Conversion Designs wie den E-Up und den Smart vor und im Firmenwagensegment gibt es so gut wie gar keine deutschen Plug-in-Hybride", sagt Harald Proff, Leiter der Kienbaum Global Practice Group Automotive.

Die Kienbaum-Analyse zeigt außerdem, dass die Autobauer verstärkt rein elektrische Fahrzeuge im mittleren Segment anbieten wie den E-Golf, die B-Klasse oder den A3-etron. Für die Segmentkunden in dieser mittleren Preisklasse sei Elektromobilität aber noch überhaupt kein Thema, sagt Proff. Sein Rat: Die Autobauer sollten schnellstmöglich ihr Segment-Angebot umstellen.

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