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27.06.2016 | Fahrzeugtechnik | Nachricht | Online-Artikel

Mercedes-AMG GT R: mit 430 kW und Rennsporttechnik

verfasst von: Christiane Brünglinghaus

8 Min. Lesedauer

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Mit dem Mercedes-AMG GT R gibt es das Rennstreckenmodell AMG GT3 nun für den Einsatz auf der Straße. Der AMG GT R kommt mit 430 kW und jeder Menge Motorsport-Technik 2017 auf die Straße.

Noch nie hat Mercedes‑AMG so viel Motorsport-Technik in ein Serienfahrzeug integriert wie in den neuen AMG GT R. Das Frontmittelmotorkonzept mit Transaxle, der 430 kW starke V8-Biturbomotor, das modifizierte Fahrwerk, die neue Aerodynamik und der intelligente Leichtbau bilden die technischen Grundlagen des straßentauglichen Ablegers des Mercedes-AMG GT3. Die Markteinführung beginnt in Europa im März 2017.

Das dritte Mitglied der AMG-GT-Familie markiert die neue Speerspitze des AMG-Modellangebots. Der AMG GT R wurde gezielt für den Einsatz auf der Rennstrecke konzipiert. In die Entwicklung sind die Erfahrungen aus den Motorsporteinsätzen im AMG GT3 Kundensport und der Deutschen Tourenwagen Masters eingeflossen. Werte wie 3,6 Sekunden für den Sprint von null auf 100 km/h und die Höchstgeschwindigkeit von 318 km/h versprechen schnelle Runden auf der Rennstrecke.

4,0-l-V8-Biturbomotor mit 430 kW

Der 4,0-l-V8-Biturbomotor leistet im AMG GT R 430 kW (585 PS) und damit 55 kW (75 PS) mehr als die bisherige Topmotorisierung im GT S. Das maximale Drehmoment von 700 Newtonmetern steht von 1900 bis 5500/min zur Verfügung. Das Leistungsgewicht beträgt 2,66 Kilogramm pro PS.

Die Leistungssteigerung wurde mithilfe neuer Turbolader mit einer geänderten Verdichterbearbeitung und kleinerer Wastegate-Steuerdose sowie einer schärferen Applikation der Motorsteuerung erreicht. Der Ladedruck der Turbolader stieg im Vergleich zum AMG GT von 1,2 auf 1,35 bar. Hinzu kommen optimierte Auslasskanäle sowie eine modifizierte Verdichtung. Der gesamte Verbrennungsprozess wurde neu abgestimmt.

Eine darauf angepasste Applikation der Fahrpedalkennlinie, des Ladedruckaufbaus sowie der Getriebeparameter soll dafür sorgen, dass der Motor noch spontaner auf Lastwechsel anspricht und die Schaltungen noch schneller umgesetzt werden. Das Zweimassenschwungrad wiegt 0,7 Kilogramm weniger als beim AMG GT S.

Im AMG 4,0-l-V8 kommt die bewährte Biturboaufladung zum Einsatz, bei der die beiden Lader nicht außen an den Zylinderbänken, sondern dazwischen im Zylinder-V angeordnet sind - Fachleute sprechen vom "heißen Innen-V". Dieses Grundprinzip der neuen AMG-V8-Familie wurde beim AMG GT R weiter optimiert. Der maximale Ladedruck beträgt 1,35 bar, die Turbolader erreichen eine maximale Drehzahl von 186.000 Umdrehungen pro Minute.

Um auch bei hohen Außentemperaturen eine optimale Leistungsausbeute zu erzielen, setzt Mercedes-AMG eine indirekte Luft-Wasser-Ladeluftkühlung ein. Zudem soll die Kombination aus Biturbo-Aufladung und Benzin-Direkteinspritzung mit strahlgeführtem Brennverfahren den thermodynamischen Wirkungsgrad und die Leistung erhöhen.

Auch das Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe in Transaxle-Anordnung an der Hinterachse haben die AMG-Entwickler mit Eingriffen in die Hard- und Software überarbeitet und damit noch rennstreckentauglicher gemacht. Mithilfe des AMG Dynamic Select Controllers kann der Fahrer den AMG GT R individuell auf seine Wünsche einstellen. Zur Wahl stehen: "C" (Comfort), "S" (Sport), "S+" (Sport Plus) und "I" (Individual). Das Fahrprogramm "Race" passt die Schaltstrategie des Doppelkupplungsgetriebes optimal an die Bedürfnisse eines Rennstreckeneinsatzes an. Das Getriebe des Mercedes-AMG GT R wurde gemeinsam mit Getrag entwickelt.

Aktives Aerodynamik-Profil im Unterboden und aktives Luftregelsystem

Im Mercedes-AMG GT R kommt ein aktives Aerodynamik-Profil zum Einsatz, das sich fast unsichtbar im Unterboden vor dem Motor verbirgt. Dieses rund zwei Kilogramm leichte Carbon-Element fährt bei einer Geschwindigkeit von 80 km/h im Race-Modus automatisch circa 40 Millimeter nach unten aus und verändert den Luftstrom deutlich. Dadurch wird der sogenannte Venturi-Effekt erzeugt, der den Wagen zusätzlich an die Fahrbahn saugt und den Auftrieb an der Vorderachse bei 250 km/h um rund 40 Kilogramm reduziert.

Fährt das elektrisch angetriebene Profil aus, öffnet sich gleichzeitig die Abluftöffnung des Motorkühlers im Bug und leitet die Luftströmung gezielt in Richtung des doppelten Heckdiffusors. Dieser wird dadurch ebenfalls optimal angeströmt. Das erhöht die Fahrstabilität der Hinterachse und reduziert das Temperaturniveau der Hotspots im Heckbereich. Gleichzeitig sorgt das Aerodynamik-Paket für eine optimierte Bremsenkühlung, indem es mehr kalte Luft gezielt zu den Radschüsseln leitet. Zum Schutz gegen Beschädigungen ist das Bauteil federnd aufgehängt und kann daher bei Bodenwellen nach oben ausweichen.

Daneben verbessert das aktive Luftregelsystem die Aerodynamik des AMG GT R: Dabei handelt es sich um senkrechte Lamellen, die sich im unteren Bereich direkt hinter der Frontschürze verbergen. Diese Lamellen werden elektronisch gesteuert und lassen sich per Elektromotor in circa einer Sekunde öffnen und schließen, um den Luftstrom und damit die Aeroperformance zu verbessern.

Alle aerodynamischen Maßnahmen zusammen erhöhen den Bodenkontakt bei Höchstgeschwindigkeit um 155 Kilogramm im Vergleich zum AMG GT.

AMG-Gewindefahrwerk

Speziell für den AMG GT R wurde das neue AMG-Gewindefahrwerk entwickelt. Wie im professionellen Motorsport kann der Fahrer sein persönliches Set-up wählen und die Federbasis mechanisch stufenlos einstellen. Damit lassen sich das Nick- und Wankverhalten sowie die Traktion des AMG GT R gezielt beeinflussen, um sie den eigenen Bedürfnissen oder der jeweiligen Rennstrecke anzupassen.

Das Gewindefahrwerk ist mit der stufenlosen, adaptiven Verstelldämpfung AMG Ride Control kombiniert. Das System wird elektronisch geregelt und passt die Dämpfung automatisch an jedem Rad jeweils der aktuellen Fahrsituation, der Geschwindigkeit und dem Fahrbahnzustand an.

Außerdem kann der Fahrer per Tastendruck in der AMG Drive Unit oder über die AMG Dynamic-Select-Fahrprogramme die Charakteristik der adaptiven Verstelldämpfung anpassen. Drei Stufen stehen parat: "Comfort", "Sport" und "Sport Plus".

Aktive Hinterachslenkung

Im neuen AMG GT R ist serienmäßig eine aktive Hinterachslenkung verbaut, die erstmals bei einem Mercedes-AMG-Modell zum Einsatz kommt.

Beim AMG GT R ersetzen zwei Lenkungsaktuatoren die konventionellen Spurlenker der Hinterachse. Herzstück des Systems sind zwei elektromechanische Aktuatoren (Elektromotoren mit Spindeltrieb), die keine mechanische Verbindung zum Lenkrad haben. Dieses „By-wire“-System verstellt elektronisch gesteuert die Hinterräder in einem vordefinierten Kennfeld. Die Spurwinkeländerung beträgt beim AMG GT R maximal 1,5 Grad am Hinterrad.

Bis Tempo 100 km/h werden die Hinterräder in entgegengesetzter Richtung zu den Vorderrädern eingeschlagen. Dies entspricht einer virtuellen Verkürzung des Radstandes. Fährt der AMG GT R schneller als 100 km/h, schlägt das System die Hinterräder parallel zu den Vorderrädern ein. Dies entspricht einer virtuellen Verlängerung des Radstandes und verbessert die Fahrstabilität. Gleichzeitig baut sich bei Richtungswechseln die Seitenkraft an den Hinterrädern deutlich schneller auf, was die Reaktion auf Lenkbefehle beschleunigt.

AMG Traction Control

Im ESP-Off-Modus kann der Fahrer mit einer weiteren Lösunf das Fahrverhalten des AMG GT R noch individueller beeinflussen. Die neue AMG Traction Control stammt ebenfalls direkt aus dem Motorsport. Sie ermöglicht es dem Fahrer, den Schlupf an der angetriebenen Hinterachse in neun Stufen vorzuwählen, und zwar wie im aktuellen AMG GT3 isoliert sie nur den Antriebsschlupf ohne die Stabilisierung durch das ESP. Dazu sind entsprechende Kennfelder in der Fahrzeugelektronik programmiert.

Die AMG-Entwicklung arbeitet vorausschauend mithilfe eines virtuellen µ(mü)-Simulators sowie weiterer Daten, die von einem Steuergerät in Sekundenbruchteilen verarbeitet werden. Abhängig von der gewählten Stufe der AMG Traction Control wird der maximal zulässige Antriebsschlupf der Hinterräder berechnet. Wenn die Räder beim Beschleunigen diesen Schlupfwert erreichen, wird die Motorleistung von der Traktionskontrolle so moduliert, dass der Wert nicht überschritten wird und das Fahrzeug mit diesem vorgegebenen Schlupf weiterbeschleunigt. Darüber hinaus wird auch die Wirkungsweise der elektronischen Differenzialsperre in die Verstellbarkeit eingeschlossen. Die Regelung geschieht daher ohne Verzögerung und erhöht so das Fahrvergnügen und die Performance weiter.

AMG Lightweight Performance

Bei der Struktur des AMG GT R setzt Mercedes-AMG auf einen intelligenten Materialmix. Chassis und die Karosserie sind aus Aluminium in verschiedenen Legierungen gefertigt, der Heckdeckel aus Stahl und das Front-Deck aus Magnesium. Der gewichtsoptimierte Spaceframe besteht aus Aluminium-Druckguss und -Strangpressprofilen.

Im Rahmen der AMG-Lightweight-Performance-Strategie tragen zahlreiche weitere Maßnahmen zur Gewichtsreduktion bei. Carbon kommt beispielsweise als Material für die vorderen Kotflügel, das Dach und die Torque Tube zwischen Motor und Getriebe zum Einsatz.

Mit 13,9 Kilogramm Gewicht ist die Torque Tube aus Carbon rund 40 Prozent leichter als das bereits gewichtsoptimierte Bauteil aus Aluminium im AMG GT. Als Strukturbauteil stellt sie innerhalb des Transaxle-Triebstrangs eine äußerst biege- und torsionssteife Verbindung zwischen Motor und Getriebe her.

Gewichtsvorteile ergeben sich außerdem durch die serienmäßigen Schmiederäder, den Endschalldämpfer aus Titan und weniger Geräuschdämmmaterialien. Insgesamt ist der neue AMG GT R 15 Kilogramm leichter als der AMG GT S.

Tunnelkreuz aus Carbon und Radfangstreben aus Komposit

Das neue Tunnelkreuz des AMG GT R aus Carbon ersetzt drei andere Bauteile des GT aus Aluminium. Das Kreuz ist unterhalb der Abgasanlage und der Torque Tube montiert. Es versteift die Karosserie nochmals gegenüber den hohen Torsionsbelastungen, die im Rennbetrieb auftreten. Dazu stützt es die beiden Fahrzeugseiten im Bereich des Tunnels für die Torque Tube noch besser gegeneinander ab. Dadurch wird die Torsionssteifigkeit signifikant um 7,5 Prozent erhöht.

Darüber hinaus versteifen zwei Diagonalstreben im Motorraum den Vorderwagen. Sie sind im AMG GT R ebenfalls aus Carbon gefertigt und sparen rund 50 Prozent Gewicht gegenüber Bauteilen aus Stahl ein.

Einen intelligenten Material-Einsatz verfolgen die AMG-Leichtbauexperten bei den sogenannten Radfangstreben, die aus Komposit-Material gefertigt sind. Die Komposit-Streben sind rund 50 Prozent leichter als entsprechende Bauteile aus Stahl. Das Komposit-Material hat gegenüber Carbon den Vorteil, dass es bei guten Festigkeitswerten deutlich weiter verformbar ist.


Die Hintergründe zu diesem Inhalt

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Quelle:
Hucho - Aerodynamik des Automobils

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Quelle:
Fahrzeugdynamik

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