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09.04.2019 | Business-Kombis | Fahrbericht + Test | Online-Artikel

Eleganz einer Raubkatze: Business-Kombi Jaguar XF Sportbrake im Test

verfasst von: Marc Ziegler, Sven Eisenkrämer

6:30 Min. Lesedauer

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Jaguar hat mit dem XF Sportbrake einen sportlichen und eleganten Kombi in der oberen Mittelklasse im Angebot. Springer Professional, ATZ und MTZ haben den Briten eingehend getestet. 

Der Jaguar XF Sportbrake ist wohl einer der schönsten Kombis, die zur Zeit über unsere Straßen rollen. Aus dem mausgrauen Allerlei sticht der Engländer angenehm heraus. Die flache Silhouette lässt ihn dabei noch länger erscheinen, als er ohnehin schon ist. Verstärkt wird dieser Eindruck durch die dezent abfallende Dachlinie und die flache A-Säule. Während die Dachlinie den gigantischen Laderaum nur geringfügig von oben her einschränkt, sorgt die flache Linie vorne für mehr Unbill, denn beim Einstieg ins schicke Interieur ist die Säule im Weg und zwingt den Fahrer, eine sehr tiefe Sitzposition einzunehmen. Das ist im Weiteren fahrdynamisch zwar durchaus sinnvoll, im ersten Moment aber gewöhnungsbedürftig.

Unser Testwagen war innen in Echtleder gehüllt, die Qualitätsanmutung lässt kaum Wünsche offen. Wer dennoch andere Vorstellungen hat, findet eine Vielzahl an verschiedenen Material- und Designvariationen von Ledern, Holzoberflächen oder hochwertige Stoffalternativen. Die relativ tiefe Sitzposition verstärkt den Eindruck, in einem sehr großen Wagen zu sitzen, die Motorhaube erscheint endlos lang.

Motor + Antriebstechnik

Unter der Aluminiumhaube unseres Testwagens arbeitete ein moderner 2,0-Liter-Ingenium-Ottomotor. Der Vierzylinder kommt dank Twin-Scroll-Turboaufladung im 25t auf eine Maximalleistung von 184 Kilowatt (250 PS) bei 5.500 Umdrehungen pro Minute und auf ein maximales Drehmoment von 365 Newtonmetern zwischen 1.300 und 4.500 Umdrehungen pro Minute. So steht das Drehmoment über ein sehr weites, gut nutzbares Drehzahlband bereit. Um die sportlichen Ambitionen des Jaguar zu unterstreichen, treibt der längs eingebaute Motor die Hinterräder an. Für die richtige Gangwahl sorgt ein ZF-Achtgang-Automatikgetriebe. Das hat, je nach gewähltem Fahrmodus, einiges zu tun. Schon kleinere Leistungsanforderungen sorgen im Standard-Fahrmodus zu mehreren Gangwechseln, da hohe Gänge und niedrige Drehzahlen bevorzugt werden. Im Eco-Modus werden die längsten Fahrstufen sogar noch früher eingelegt, diese dann aber möglichst lang gehalten. So wirkt der Jaguar gerne etwas träge, schaltet man nicht über die dezente Drive Control-Schalterleiste in der Mittelkonsole auf die Rennflagge und damit in den Dynamic-Mode. Mit letzterem bringt der Brite sein volles Raubkatzenimage auf die Straße und wird zum äußert sportlichen Gefährt.

Fahrwerk + Sicherheit

Das Fahrwerk wurde auf die sportlichen Markenwerte hin ausgelegt, ohne dabei die Langstreckentauglichkeit und den Fahrkomfort zu vernachlässigen. Angenehm straff wird man über den Fahrbahnzustand informiert. Nähert man sich dem Grenzbereich wird, je nach gewähltem Fahrmodus, dezent oder aktiver übersteuert. Grundsätzlich verfügt der XF über einen aktiven Bremseingriff an der Hinterachse (Torque Vectoring by Braking), wobei das kurveninnere Rad bei dynamischer Fahrt abgebremst wird, um die Dynamik des Wagens zu erhöhen. Dazu möchte die Abstimmung der Lenkung allerdings nicht recht passen. Für ein sportlich ausgerichtetes Fahrzeug ist die elektrisch unterstützte Servolenkung schlicht zu leichtgängig, dabei aber sehr direkt. So führen schon geringste Lenkbewegungen zu vergleichsweise großen Anregungen. Mit etwas mehr Widerstand ließe sich der Jaguar dynamischer und dabei stabiler führen.

Dafür ermöglicht die E-Servo aber Fahrerhilfen wie den aktiven Spur- oder Parkassistenten, der den großen Kombi nahezu selbstständig und zügig in die Parklücke rangiert. Der aktive Spurassistent greift mitunter rigoros durch; wird beispielsweise ein Fahrzeug im toten Winkel erkannt, verhindert er einen Fahrbahnwechsel, nähert man sich einer Fahrbahnmarkierung ohne das Setzen des Blinkers, wird man durch einen sehr aktiven Lenkimpuls zurück in die Spur befördert. Auch hier ist die Regelung zum Glück einstellbar. Rundum-Kameras und diverse Sensoren sorgen derweil für ein gutes Umgebungsgefühl.

Hervorragend funktioniert auch der adaptive Tempomat. Er regelt die Geschwindigkeit moderat und lässt den Wagen frühzeitig ausrollen, um allzu starke Bremseingriffe beim heranfahren an ein langsameres Fahrzeug zu vermeiden. Eine echte Wohltat auf der Langstrecke und besser umgesetzt als bei manch einem deutschen Hersteller.

Reichweite + Verbrauch

Der Verbrauch des Jaguar XF 25t soll laut Herstellerangaben bei 7,6 Litern Superbenzin liegen. Zugrunde liegen Werte aus dem WLTP, die auf NEFZ zurückgerechnet wurden. In unserem Test erreichten wir auf der Langstrecke realitätsnahe 9,8 Liter im Durchschnitt. Damit reicht der 74-Liter-Kraftstofftank für eine Fahrtstrecke von knapp 750 Kilometern.

Bedienung + Konnektivität

Statt analoger Instrumente verfügt der Jaguar auf Wunsch über ein volldigitales Tachoinstrument, auf dem deutlich mehr, als nur die notwendigen Informationen dargestellt werden. Der 12,3 Zoll große Bildschirm hinter dem Lenkrad kann dann auch vollformatig die Navigationskarte zeigen, die Tempoanzeige wandert nach außen. Bedient wird dieses Display über die Lenkradtasten, allerdings ist anzuraten, sich etwas Zeit zu nehmen, um sich mit den Menüs vertraut zu machen. Der Umfang der Einstellmöglichkeiten ist enorm und kann leicht zu Ablenkungen führen. Ähnliches gilt auch für das 10 Zoll große Zentraldisplay in der Mittelkonsole, das für die meisten Einstellungen genutzt wird.

Auf die Konnektivität hat Jaguar ebenfalls großen Wert gelegt. Neben der Spiegelung des Smartphones über Android Auto oder Apple Carplay hat Jaguar eigene Apps, die einen Fernzugriff auf bestimmte Fahrzeugfunktionen ermöglichen. Leider liegt die Betonung auf Apps (Plural). Statt über eine einzige Softwareapplikation auf dem Smartphone zu arbeiten, stehen drei zur Verfügung: "Jaguar Remote", mit der zum Beispiel die Position des Fahrzeugs, die Verriegelung und die Klimatisierung gesteuert werden kann; "Jaguar Apps", um diverse Apps auch ohne Android Auto und Apple Car Play ins Fahrzeug-System zu speisen sowie "Jaguar Route" als Routenplaner, um eine auf dem Smartphone geplante Routenführung ans Navi zu übergeben. Die Funktionen an sich überzeugen, allerdings ist es unverständlich, warum man auf eine derart komplexe Nutzerführung setzt, wo die in der Infotainment-Lösung verarbeiteten Funktionen sowieso schon sehr umfangreich sind.

Im Testwagen hatten wir in den zwei Testwochen zweimal einen kompletten Software-Freeze zu verkraften, beispielsweise beim Einlegen des Rückwärtsgangs, wenn sich die Rundumkameras einschalteten. Es ging nichts mehr, auch kein bewegtes Bild aus den Kameras war mehr zu erkennen. Erst ein komplettes Abschalten des Fahrzeugs samt Verriegelung und etwas Wartezeit bis zum Wiedereinstieg und Neustart der Systeme brachten Abhilfe. Leider findet man in Internetforen einige Einträge von Jaguar-Fahrern mit ähnlichen Symptombeschreibungen, so dass es sich nicht um einen Einzelfall in unserem Testwagen handeln dürfte. Ein Softwareupdate des Systems, das über die integrierte Mobilfunkverbindung funktioniert, könnte womöglich schon Abhilfe geschafft haben.


Kosten + Nutzen

Der Jaguar hat Oberklasse-Ambitionen und ist nicht gerade ein Schnäppchen. Der Startpreis des XF Sportbrake liegt aktuell bei 46.640 Euro. Je nach Motorvariante liegt der Basispreis auch bei bis zu 63.740 Euro. Die einzelnen Paketoptionen der Ausstattung sind teuer, beispielsweise kostet das Parkhilfe-Premium-Paket mit Rundumkameras und Parkassistent mehr als 2.100 Euro, Komfortpaket mit Keyless Entry knapp 1500 Euro, das Connect-Paket für die Smartphone-Vernetzung noch mal 620 Euro und so weiter und so fort. Samt empfehlenswerten LED-Frontscheinwerfern kommt man beim 25t schnell auf 80.000 Euro Anschaffungskosten. Dafür bekommt man jedoch viel Auto mit viel Ausstattung, viel Leistung und viel Platz.

Kritik + Fazit

Mit dem Jaguar XF Sportbrake sticht man angenehm aus der breiten Masse der Business-Kombis heraus. Geschmälert wird der positive Gesamteindruck lediglich durch die überreaktive Lenkung und die zum Teil harten Regeleingriffe einzelner Systeme. Die unnötige Vielzahl verschiedener Appverbindungen, erhöht die ohnehin hohe Komplexität des Entertainmentsystems zusätzlich. Die sportliche Grundauslegung ist gelungen, ohne die Langstreckentauglichkeit einzuschränken. Von Größe und Ausstattung, aber auch in Bezug auf die Preisgestaltung bewegt sich der Engländer gleichberechtigt auf einem Niveau mit der etablierten, meist deutschen Konkurrenz aus München, Ingolstadt und Stuttgart. Die Wahl zwischen den Fahrmodi von "sehr brav" (Eco) bis zu "ganz wild" (Dynamic) fällt uns für Alltagsfahrten leicht: Als wilde Raubkatze macht der Jaguar am meisten Spaß und sieht dabei einfach gut aus.

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