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02.12.2014 | Fahrzeugtechnik | Schwerpunkt | Online-Artikel

Von der Straße in die Luft

verfasst von: Christiane Brünglinghaus

4:30 Min. Lesedauer

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Stau auf den Straßen ist Alltag. Ein künftiger Ausweg: Den Individualverkehr auf die Luft ausdehnen. Dieser Idee geht das Projekt MyCopter nach. Es hat einen Hubschrauber für den Hausgebrauch entwickelt. Der soll sich so einfach wie ein Auto steuern lassen.

Es ist der Traum vom Fliegen für jedermann: Einfach einsteigen, abheben und dem Stau entfliehen. Denn hoch über den Straßen sind die Wege flexibel und Reisende kommen schneller ans Ziel. Was nach Science-Fiction klingt, wird von der EU gefördert - und zwar im Projekt MyCopter. Ziel des Projekts ist es, individuellen Luftverkehr für Pendler in von Stau geplagten Städten zu erforschen.

Am Standort Braunschweig des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) haben Wissenschaftler nun die Ergebnisse des Forschungsprojekts vorgestellt. Eine Besonderheit ist die im DLR entwickelte MyCopter-Lenkradsteuerung, mit der sich Drehflügler von morgen nahezu wie ein heutiger Pkw steuern lassen sollen. Zahlreiche weitere Fragen wie Kollisionsvermeidung, Schwarmflug oder Pilotenausbildung wurden im Rahmen des vom Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik geleiteten Projekts untersucht, um mehr über die Möglichkeiten und Herausforderungen des individuellen Luftverkehrs für jedermann zu lernen. Dabei galt es auch die Erwartungen potenzieller Nutzer zu betrachten. Zudem wurden mögliche gesellschaftliche Auswirkungen individuellen Luftverkehrs untersucht.

Steuerung von Fluggeräten intuitiver machen

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Im Fokus der Forscher standen grundlegende Technologien und Konzepte. Mit speziellen Fluggeräten, sogenannten Personal Aerial Vehicles (PAV), soll es in ferner Zukunft jedermann möglich sein, seine täglichen Wege durch die Luft zurückzulegen. Dafür muss die Steuerung für die Piloten effizienter und intuitiver gestaltet werden, erklären die Forscher. "Die Handhabung zukünftiger PAVs für jedermann möglich zu machen, ist eine große Herausforderung, denn das Hubschrauberfliegen mit der heutigen komplexen Steuerung erfordert nach wie vor viel Training", sagt Professor Stefan Levedag, Leiter des DLR-Instituts für Flugsystemtechnik. "Nun ist es uns gelungen, eine Lenkradsteuerung mit dahinterliegender automatischer Steuerungstechnik zu entwickeln, die das Fliegen deutlich vereinfacht. Wir können das nicht nur für ein PAV nutzen, sondern auch andere Luftfahrzeuge damit verbessern." Eine spezielle Regelungstechnik soll den Piloten bei der Steuerung des Fluggerätes unterstützen.

Das Erfahrungswissen des Autofahrers soll genutzt werden, um die Steuerung von Fluggeräten intuitiver zu gestalten. Das Ziel ist, die Ausbildung zukünftiger PAV-Piloten deutlich zu vereinfachen. "Der individuelle Luftverkehr hat das Potenzial eine wichtige Rolle im zukünftigen Verkehrssystem einzunehmen, unterstreicht Projektleiter Professor Dr. Heinrich H. Bülthoff vom Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik. "MyCopter hat dazu beigetragen, entscheidende Technologien zu entwickeln, um PAVs in der Zukunft Wirklichkeit werden zu lassen."

"Aus vier mach drei"

"Aus vier mach drei" lautet die Idee des neuen Lenkrads für Hubschrauber. "Bisher muss ein Hubschrauberpilot alle vier Steuerachsen gleichzeitig im Blick behalten", erklärt Bianca Schuchardt vom DLR-Institut für Flugsystemtechnik. "Besonders im Schwebeflug erfordert das höchste Konzentration, wenn der Pilot beide Hebel und Pedale gleichzeitig bedienen muss, um stabil in der Luft zu bleiben." Mit dem MyCopter-Lenkrad fällt das zyklische Steuer weg, das für die Bewegung um die Längsachse (Rollen) und um die Querachse (Nicken) verantwortlich ist. "Stattdessen kann der Pilot mit der entsprechenden Drehbewegung des Lenkrads den Hubschrauber in die gewünschte Richtung fliegen", erklärt Schuchardt weiter. Ein Hebel verbleibe ausschließlich für die Flughöhe. Alternativ könne diese auch über Schaltwippen am Lenkrad kontrolliert werden. Die Pedale kontrollieren wie beim Auto mit Gas und Bremse die Geschwindigkeit bis hin zum Verweilen im Schwebeflug. Zudem soll ein Acht-Wege-Schalter am MyCopter-Lenkrad den Rückwärtsflug sowie den Seitwärtsflug ermöglichen. Im AVES-Simulatorzentrum des DLR in Braunschweig hat das Lenkrad bereits seinen virtuellen Erstflug im Hubschrauber gemeistert. Im nächsten Schritt soll es auf dem DLR-Forschungshubschrauber EC135 ACT/FHS im realen Flug getestet werden.

Vom Stau in den Schwarmflug

"Entscheidend ist es, das Hubschrauberfliegen für den Alltag umfassend zu vereinfachen und neben der Steuerung mit passenden Sensoren und Bildschirminhalten möglichst intuitiv für jedermann zu gestalten", sagt Projektleiter Bülthoff, der am Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik zu diesen Fragen forschte.

Weitere Projektpartner beschäftigten sich mit Fragen etwa nach der Koordinierung der zahlreichen Privatflieger oder nach der konkreten Ausbildung zukünftiger PAV-Piloten. Das flugdynamische Modell der PAVs und die Struktur des Trainings für die zukünftigen Privatpiloten war Thema der University of Liverpool. Wissenschaftler der École Polytechnique Féderale de Lausanne erforschten mithilfe unbemannter Fluggeräte die Themen Kollisionsvermeidung, Schwarmflug sowie automatische Landeplatzerkennung, während sich die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich mit Kontrollstrategien für einzelne Fluggeräte und ebenfalls mit Starts, Landungen und der Navigation bei unbemannten Fluggeräten befasste. Das Karlsruher Institut für Technologie untersuchte die soziotechnologischen Aspekte des Projekts und damit, welchen Einfluss die Einführung von PAVs auf unsere Gesellschaft hätte.

Highway-in-the-Sky-Display für individuelle Flugvehikel

Das DLR führt zudem Demonstrationen von ausgewählten, im Projekt entwickelten Technologien auf dem Forschungshubschrauber EC135 ACT/FHS durch. "Wir unterstützen die Entwicklung von flugdynamischen Modellen und entwickeln ein Highway-in-the-Sky-Display für individuelle Flugvehikel; eine Art intuitive Navigationshilfe für PAV-Piloten", erklärt Bianca Schuchardt. In einem Tunneldisplay werden dem Piloten visuelle Wegelinien eingeblendet, die den optimalen Flugweg vorgeben.

Kürzlich ist auf dem Pioneers-Festival in Wien auch ein Flugauto vorgestellt worden, und zwar das AeroMobil 3.0 der slowakischen Firma Aeromobil. Das AeroMobil ist eine sechs Meter lange, zweisitzige Kombination aus Auto und Kleinflugzeug. Mit eingeklappten Flügeln kann es normal wie andere Autos am Straßenverkehr teilnehmen und mit ausgeklappten Flügeln von einer längeren Graspiste starten.

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