Skip to main content

2007 | Buch

Fallsammlung zum Arbeitsrecht

Unter Mitarbeit von Bernhard Ulrici

verfasst von: Professor Dr. Burkhard Boemke

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

Buchreihe : Juristische ExamensKlausuren

insite
SUCHEN

Über dieses Buch

Die vorliegende Fallsammlung zum Arbeitsrecht versteht sich als Ergänzung zu den klassischen Lehr- und Lernbüchern. Die Erfahrung zeigt nämlich, dass Examenskandidaten häufig Probleme haben, das durchaus vorhandene materielle Wissen in die Lösung eines konkreten Falles einzubringen. Die Fallsammlung greift daher die wichtigsten Standardprobleme aus dem Individualarbeitsrecht auf und zeigt, wie das materielle Wissen zu einzelnen Rechtsfragen in einer konkreten Fallbearbeitung gutachtentechnisch umgesetzt werden kann. Um dem Studierenden den Lösungsweg zu veranschaulichen, enthält die Fallsammlung Aufbauschemata zu den wichtigsten Prüfungskomplexen.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Einleitung

Frontmatter
Einleitung
Auszug
Das Arbeitsrecht umfasst die rechtlichen Regelungen des Arbeitsverhältnisses als besonderes Schuldverhältnis und ist damit ein Teilgebiet des bürgerlichen Rechts, genauer des besonderen Schuldrechts. Die Bedeutung des Arbeitsrechts im Rahmen der ersten juristischen Staatsprüfung hängt von der jeweiligen Ausbildungsordnung für Juristen ab1, kann also von Bundesland zu Bundesland verschieden sein. Unabhängig von Unterschieden im Detail gehört das Individualarbeitsrecht einschließlich seiner Bezüge zum kollektiven Arbeitsrecht aber fast bundesweit zum Pflichtfachstoff in der ersten juristischen Staatsprüfung. Das Arbeitsrecht kann daher als Prüfungsleistung wie folgt Bedeutung gewinnen.

Klausuren

Frontmatter
Klausur Nr. 1. Der kleine Unterschied
Auszug
Dr. med. Peter Silie betreibt im Rahmen einer 5-Tage-Woche eine chirurgische Durchgangspraxis mit einem hohen Anteil türkischer Patienten, und zwar sowohl männlichen als auch weiblichen Geschlechts. Er beschäftigt regelmäßig neben einer Sekretärin und einer Krankengymnastin drei Arzthelferinnen und zwei weibliche Auszubildende. Zum 01.10.2006 stellte Dr. med. Silie wegen erhöhten Arbeitsaufkommens Michaela Mango ein, die als einzige geeignete Bewerberin auf eine Zeitungsannonce reagiert hatte. Über die Geschlechtszugehörigkeit der äußerlich als Frau auftretenden Mango wurde bei der Einstellung nicht gesprochen. Die Frage nach einer vorliegenden Behinderung sowie der Schwerbehinderteneigenschaft verneinte Mango ausdrücklich, obwohl sie wegen Blindheit auf einem Auge mit Wirkung ab dem 01.01.2006 als Schwerbehinderte mit einem Grad der Behinderung von 50 anerkannt war.
Klausur Nr. 2. Dienst auf der Straße
Auszug
Bettina-Beate Bunsen-Brenner, Inhaberin eines gleichnamigen Chemieunternehmens mit selbstständigen Niederlassungen in Cottbus und Potsdam mit jeweils mehr als 100 Beschäftigten, beauftragte ihre Angestellten Erwin Entwickler und Torsten Tester am 31.01.2007 wegen der Erprobung eines neuentwickelten Arzneimittels von Potsdam nach Calau zu fahren. Da keine Firmenfahrzeuge zur Verfügung stehen, benutzte Entwickler, wie in solchen Fällen üblich, seinen privaten PKW, in dem Tester mitfuhr. Infolge nicht den Witterungsverhältnissen angepasster, leicht überhöhter Geschwindigkeit kam Entwickler wenige Kilometer vor Calau von der Fahrbahn ab und überschlug sich mehrmals, nachdem er das am Straßenrand parkende Fahrzeug der Studentin Sabine Steher gestreift hatte. Hierbei wurde das Fahrzeug von Steher leicht beschädigt, der Wagen von Entwickler aber vollständig zerstört.
Klausur Nr. 3. Martialische Schriften
Auszug
Ferdinand Feist (F) ist seit dem 06.09.2005 als Drucker bei dem Druckereiunternehmen Druck & Press (D & P) mit insgesamt 15 Mitarbeitern angestellt; er entschied sich damals für diese Tätigkeit, weil Druck & Press eine auf unpolitische Musikliteratur spezialisierte Druckerei war. Im Jahr 2006 gelang es Druck & Press einen großen Auftrag an Land zu ziehen. Für einen Militariaverlag sollte eine mehrbändige Reihe über die Feldzüge der NS-Wehrmacht im Osten unter dem Titel „Der aufrechte Landser - Ostfeldzüge 1941 – 1943“ gedruckt werden. Feist weigerte sich, dieses Werk zu drucken, weil es sich um kriegsverherrlichende, das NS-Regime glorifizierende Machwerke handele und er als anerkannter Kriegsdienstverweigerer und Mitglied der „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes — VVN — Bund der Antifaschisten“ aus Gewissensgründen hieran nicht mitwirken könne; er verlangte die Zuweisung einer anderen Arbeit. Da sonstige, für Feist geeignete Tätigkeiten bzw.
Klausur Nr. 4. Ärger am Bau
Auszug
Peter Prol war seit dem 01.09.2005 im Baubetrieb von Bertram Baumann neben zwölf weiteren Arbeitnehmern als Meister angestellt. Sein Arbeitsverhältnis war zunächst auf ein halbes Jahr, also bis zum 28.02.2006, formgerecht befristet gewesen, weil Baumann die künftige Entwicklung in der Baubranche nicht ausreichend abschätzen konnte. Am 01.03.2006 vereinbarten beide schriftlich die „Verlängerung“ des Arbeitsverhältnisses bis zum 31.07.2006. Die Gründe für die Befristung blieben gleich. Nach einer einmonatigen Unterbrechung kam Baumann erneut auf Prol zu und schloss mit ihm Ende August 2006 schriftlich einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag für den Zeitraum ab dem 01.09.2006 bis zum 28.02.2007. Grund für die Befristung war diesmal ein außerordentlich arbeitsintensiver, befristeter Projektauftrag, der bis Ende März 2007 verwirklicht werden musste. Nach dem Kenntnisstand Ende August konnte dieser Auftrag einerseits nicht mit dem bestehenden Personalbestand bewältigt werden, andererseits musste davon ausgegangen werden, dass nach Abschluss des Projekts eine Anschlussbeschäftigung nicht möglich war.
Klausur Nr. 5. Eine vertrauenswürdige Kassiererin
Auszug
Traude Treu war seit 2004 bei einer der zentral gelenkten Filialen der Geiz & Kragen Privatkunden-Bank, einem Unternehmen des Kreditgewerbes mit 40 Arbeitnehmern, in Leipzig als Kassiererin beschäftigt. In der Filiale Leipzig waren neben Frau Treu noch acht Vollzeitkräfte und zwei Halbtagskräfte (18,5Std/Woche) sowie eine Auszubildende tätig. Im Januar 2007 kam es an mehreren Tagen hintereinander (10., 11., 12.01.2007) zu Defiziten im Kassenbestand von jeweils mehr als 200 €. Da die ausschließliche Verantwortlichkeit für die Kasse bei Frau Treu lag, bestand der dringende Verdacht, dass sie die mehr als 600 € veruntreut habe. Geiz & Kragen behielt daraufhin den Fehlbetrag in Höhe von 600 € von ihrem Januarlohn ein und stellte Frau Treu weiterhin mit sofortiger Wirkung von der Arbeit frei. Zugleich leitete Geiz & Kragen am 18.01.2007 ordnungsgemäß die Anhörung des Betriebsrats zu einer beabsichtigten fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen des Verdachts einer strafbaren Handlung ein. Frau Treu wurde hingegen zu dem Sachverhalt nicht gehört, weil die Beweislage aus Sicht von Geiz & Kragen eindeutig war.
Klausur Nr. 6. Eine profitable Airline
Auszug
Seit Anfang 1997 versucht die NCBA durch Dumpingpreise die führende Marktposition im Bereich der Mittelstreckenflüge einzunehmen. Um die hierfür erforderliche Flexibilität zu gewährleisten, vereinbart sie mit ihren Mitarbeitern keine Wochen-, sondern eine Jahresarbeitszeit. Auch Peter Pilot schließt 2000 einen Vertrag mit der NCBA ab. Danach verpflichtet sich Pilot, der NCBA mindestens drei Jahre als „freier Mitarbeiter“ bei einem Jahreskontingent von 700 Blockstunden „uneingeschränkt zur Verfügung zu stehen“ und nach „von der NCBA aufgestellten Dienstplänen“ tätig zu werden. Als Honorar wurden zuletzt 55 € je Blockstunde vereinbart. Wegen der günstigen Geschäftsentwicklung zahlt die NCBA ab 2001 für jeden Piloten jeweils im Juli ein Urlaubsgeld in Höhe von 2.500 € sowie am Jahresende eine zusätzliche, der Höhe nach jährlich unterschiedliche Ergebnisbeteiligung. Diese dient in erster Linie dem Zweck, den Mitarbeiter für die Zukunft an das Unternehmen zu binden.
Klausur Nr. 7. Keine Gnade vor dem Alter
Auszug
Rudi Rostig (R) betreibt in Leipzig eine Kfz-Lackiererei und beschäftigt dort vier Vollzeitkräfte sowie zwei Halbtagskräfte zu je 20 Stunden pro Woche. Alle Arbeitsverhältnisse wurden vor dem 31.12.2003 geschlossen. Die vier Vollzeitkräfte arbeiten als Kfz-Lackierer, die beiden Halbtagskräfte in der Verwaltung, der Kundenberatung und dem Verkauf. Als die Nachfrage nach Lackiererarbeiten über einen längeren Zeitraum betrachtet, insbesondere aber im zurückliegenden Jahr, stark absinkt, sieht sich R mit zwingenden Rationalisierungsmaßnahmen konfrontiert. Ohne eine Reduzierung der Personalstärke ist seiner Auffassung nach die Aufrechterhaltung des Betriebs ernsthaft gefährdet. Da der Bedarf nur noch Arbeit für zwei Kfz-Lackierer hergibt, entschließt er sich dazu, zwei Vollzeitkräften betriebsbedingt zu kündigen. Es trifft Achim Alt (A, 56 Jahre alt, ledig und ohne Unterhaltspflichten, arbeitet seit 01.01.2000 bei R) und Helmut Hager (H, 55 Jahre alt, verheiratet und drei Kindern zum Unterhalt verpflichtet, arbeitet seit 1990 im Betrieb von R). Bei beiden Kündigungen bedient sich R des Rechtsanwalts Ludger Leichtfuß (L).
Klausur Nr. 8. Problematische Befristungen
Auszug
Die Gustav & Söhne GmbH (G) ist ein Einzelhandelkaufhaus mit 25 Niederlassungen und mehr als 5.000 Beschäftigten in Deutschland. Der Geschäftsführer der GmbH, Gustav Gründner, hat zur Zeit erhebliche Probleme mit einigen Beschäftigten in befristeten Arbeitsverhältnissen im Kaufhaus Leipzig.
Klausur Nr. 9. Der plötzliche Aufhebungsvertrag
Auszug
Die Ekelda-GmbH, eine Einzelhandelskette für Nahrungsmittel, stellte Samantha Schuschelnigk zum 01.02.2006 als Verkäuferin ein; vereinbart war eine Tätigkeit von Montag bis Freitag im Umfang von acht Stunden am Tag. Die Tätigkeit in der Filiale Leipzig-Ost, in der insgesamt siebzehn Arbeitnehmer tätig sind und ein Betriebsrat gebildet wurde, nahm Schuschelnigk vereinbarungsgemäß erst am 06.02.2006 auf. Am 21.02. erkrankte Schuschelnigk und war bis einschließlich 13.04.2006 (Gründonnerstag) krankheitsbedingt arbeitsunfähig. Wegen des Osterwochenendes nahm Schuschelnigk erst am 18.04.2006 ihre Tätigkeit wieder auf. Klaus Kost, Geschäftsführer der Ekelda-Filiale in Leipzig-Ost, verweigerte für die Zeit vom 21.02. – 17.04.2006 die Lohnzahlung, weil Schuschelnigk nur unwesentlich gearbeitet und sich daher die Entgeltfortzahlung nicht verdient habe.
Klausur Nr. 10. Frieden im Betrieb
wiss. Ass. Bernhard Ulrici
Auszug
Die Stadtwerke Koserow GmbH beauftragt Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Martin Müller, einen Arbeitsvertrag zu entwerfen, den sie mehrfach und einheitlich gegenüber allen zukünftig einzustellenden Arbeitnehmern verwenden will. Im Beratungsgespräch teilen die Stadtwerke mit, dass sie weder selbst einen Tarifvertrag abgeschlossen haben noch Mitglied im Arbeitgeberverband sind. Ein Betriebsrat besteht derzeit ebenfalls nicht. Der zu entwerfende Arbeitsvertrag soll u. a. berücksichtigen, dass etwaige Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgeber unverzüglich geklärt werden sollen, damit der Betriebsfrieden gewahrt bleibt und sich keine Unzufriedenheit aufstaut.

Aufbauschemata

Frontmatter
1. Zulässigkeit einer Klage am Beispiel der Kündigungsschutzklage
Auszug
1.
Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten (§ 2 ArbGG)
  • bei Nichteröffnung des Rechtswegs keine Klageabweisung, sondern Verweisung von Amts wegen an das zuständige Gericht (§§ 48 Abs. 1 ArbGG, §§ 17, 17a GVG). Da die Kündigungsschutzklage nur dann Erfolg haben kann, wenn der Kläger Arbeitnehmer ist, reicht dessen bloße Behauptung, er sei Arbeitnehmer, ausnahmsweise für die Zulässigkeit der Klage aus (so genannter sic-non-Fall).
 
2. Gestaltungsfaktoren
Auszug
1.
Spezialgesetzliche Ausprägungen
  • z. B. Art. 141 EG-Vertrag, § 7 Abs. 1 AGG, § 4 TzBfG
 
3. Begründung des Arbeitsverhältnisses
Auszug
1.
Schuldrechtliche Rechtsbeziehung
a)
Kraft Gesetz
  • Arbeitnehmerüberlassung ohne Erlaubnis (§§ 9 Nr. 1, 10 Abs. 1 AÜG
  • Betriebsübergang (§ 613a BGB)
 
b)
Kraft Rechtsgeschäfts
aa)
Vertrag (§ 611 Abs. 1 BGB)
 
bb)
Einseitiges Rechtsgeschäft
  • Weiterbeschäftigungsverlangen Auszubildender (§§ 78a BetrVG, 9 Abs. 2 BPersVG)
  • Betriebsverfassungsrechtlicher Weiterbeschäftigungsanspruch (§ 102 Abs. 5 BetrVG)
 
 
 
4. Ansprüche des Arbeitnehmers
Auszug
1.
Anspruch dem Grunde nach
  • Voraus.: Bestehendes Arbeitsverhältnis
 
5. Haftung des Arbeitnehmers aus § 280 Abs. 1 i. V. m. § 241 Abs. 2 BGB
Auszug
1.
Schuldverhältnis (= Arbeitsverhältnis)
 
6. Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Auszug
1.
Befristungsabrede (ggf. Auslegung)
 
2.
Schriftform (§ 14 Abs. 4 TzBfG)
 
Backmatter
Metadaten
Titel
Fallsammlung zum Arbeitsrecht
verfasst von
Professor Dr. Burkhard Boemke
Copyright-Jahr
2007
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-540-36982-0
Print ISBN
978-3-540-36980-6
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-540-36982-0