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2010 | Buch

Fallsammlung zum BGB Allgemeiner Teil

mit Verbindungslinien zum Schuld- und Sachenrecht

verfasst von: Franz Jürgen Säcker, Jochen Mohr

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

Buchreihe : Juristische ExamensKlausuren

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Über dieses Buch

Das Buch behandelt in zahlreichen Fällen das Spannungsverhältnis zwischen Vertragsfreiheit, Inhaltskontrolle, Verbraucher- und Diskriminierungsschutz („AGG“). Den Schwerpunkt bildet allerdings die klassische Rechtsgeschäftslehre. Das Buch wendet sich nicht nur an Studienanfänger, sondern möchte auch vor dem Staatsexamen bei einem zweiten Durchgang durch den Allgemeinen Teil nützliche Dienste leisten. Zur Erleichterung der Stoffwiederholung dienen umfangreiche „Merke“-Sätze, die die examensrelevanten Probleme des Allgemeinen Teils widerspiegeln. Die Falllösungen sind im Interesse einer das erforderliche Prüfungswissen vermittelnden und vertiefenden Darstellung ausführlicher gehalten, als dies von einer Examensklausur erwartet werden kann. Gerade bei Klausuren, die u.a. Fragen der Anfechtung von Willenserklärungen zum Inhalt haben, treten im Staatsexamen immer wieder erhebliche Fehler auf. Die Verfasser möchten deshalb insbesondere ein vertieftes Verständnis des Rechts der Irrtumsanfechtung wecken.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Teil 1: Einleitung und Grundbegriffe

Zur rechtswissenschaftlichen Methode
Zusammenfassung
Das Fallbuch wird alle enttäuschen, die die Hoffnung hegen, die Lösung eines juristischen Falles sei nichts anderes als die Lösung einer mathematischen Aufgabe und am Ende des Erkenntnisprozesses stehe immer „richtig“ oder „falsch“. Der Jurist ist entgegen der Gewaltenteilungslehre Montesquieus nicht lediglich der Mund des Gesetzes, der ausspricht, was der Gesetzgeber an präfabrizierten Wertentscheidungen in den Gesetzestext hineingelegt hat. Der Jurist als Subsumtionsautomat ist eine Chimäre. Zwar fällt bei gleichem politischem Wollen und Fühlen die Verständigung über den (erwünschten) Inhalt eines Gesetzes leicht; gemeinsame Richtigkeitserlebnisse im hermeneutischen Zirkel der Gleichheit des Auslegungsziels scheinen mitunter zu bestätigen, dass nur eine Lösung in Betracht kommt. So werden Gewerkschaftsjuristen bei der Lektüre eines arbeitsrechtlichen Gesetzestextes unter sich kaum Verständigungsprobleme über den Inhalt des Gesetzestextes haben. Ein Gleiches gilt für Unternehmensjuristen, wenn sie in ihren Arbeitskreisen tagen. Nur das Ergebnis der getrennten Lektüre fällt jeweils sehr unterschiedlich aus.
Franz Jürgen Säcker, Jochen Mohr

Teil 2: Fälle

Fall 1
Zusammenfassung
A vertreibt unter der Bezeichnung „Kukident“ Präparate, die zum Reinigen und Befestigen von Zahnprothesen dienen. In der Zeitschrift „Uschi“, die regelmäßig eine Auflage von über 600 000 Exemplaren hat, lässt A seit vier Wochen eine ganzseitige Werbeanzeige veröffentlichen, in der die angeblichen Erlebnisse einer nicht genannten Sängerin geschildert und gleichzeitig die Kukident-Produkte von A angepriesen werden. Die beiden ersten Absätze des Werbetextes lauten: „Wenn ich auch nicht so berühmt wurde wie meine große Kollegin Lady Gaga, so war doch die Bühne meine Welt. Ein Engagement jagte das andere, und überall erntete ich mit meinen Chansons stürmischen Beifall.
Franz Jürgen Säcker, Jochen Mohr
Fall 2
Zusammenfassung
Im April 2007 beantragten K und B, beide Mitglieder der X-Partei, schriftlich die Aufnahme in den Verein Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. (im Folgenden: Volksbund). Kurz darauf erhielten beide ein Begrüßungsschreiben des Vorstands ohne handschriftliche Unterschrift, das ihnen die Aufnahme in den Verein mitteilte. Anfang August 2007 versandte der Volksbund an K und B Schreiben mit dem Inhalt, dass die Begrüßungsschreiben als Folge einer EDV-Umstellung ohne vorherigen Beschluss des Vorstandes über die Aufnahme versehentlich versandt worden seien. Die Mitgliederbegrüßungsschreiben seien daher rechtlich wirkungslos; der Volksbund erkläre vorsorglich die Anfechtung. Der Bundesvorstand werde erst auf seiner nächsten Sitzung über die Aufnahme entscheiden.
Franz Jürgen Säcker, Jochen Mohr
Fall 3
Zusammenfassung
Der ins Vereinsregister eingetragene, als gemeinnützig anerkannte B e. V. erstrebt nach seiner Satzung „den Zusammenschluss von am Kleingartenwesen interessierten Bürgern“. Im Jahr 1980 pachtete der B e. V. ein dem A gehörendes Grundstück. Der Pachtvertrag wurde von A und dem C als Vorstand des B e. V. unterzeichnet. Hiernach war es dem B e. V. – was in der Folgezeit auch geschah – gestattet, auf dem Gelände eine Vereinsgaststätte zu betreiben, die auch Nicht- Vereinsmitgliedern offen steht. Als Pacht vereinbarten die Parteien (umgerechnet) 3500,- EUR pro Monat. Der B e. V. war verpflichtet, die Pacht von seinen Mitgliedern einzuziehen und an A weiterzuleiten. Aus diesem Grund sollte der B e. V. eine entsprechende Zahlungspflicht seiner Mitglieder in die Satzung aufnehmen. Die Mitglieder des B e. V. waren hierüber informiert. Während der B e. V. in der Folgezeit die von den Mitgliedern an ihn gezahlte Pacht an A weiterleitete, kam er seiner Verpflichtung zur Aufnahme einer entsprechenden Bestimmung in die Satzung auf Grund eines einstimmigen Beschlusses der Mitgliederversammlung, an der auch das Vereinsmitglied D teilgenommen hat, nicht nach; die Mitglieder waren satzungsgemäß lediglich verpflichtet, einen geringen Verwaltungskostenzuschuss zu leisten.
Franz Jürgen Säcker, Jochen Mohr
Fall 4
Zusammenfassung
Der in Hamburg wohnende A nimmt seinen Freund B am 5. 1. 2009 mit seinem Auto von Berlin nach Hamburg mit, weil B dort am gleichen Tag um 16.00 Uhr einen wichtigen geschäftlichen Termin hat und eine gemeinsame Fahrt unterhaltsamer ist. Vereinbarungsgemäß fahren A und B in Berlin um 13.00 Uhr los. A hat in der Eile vergessen zu tanken und auch die Tankanzeige nicht beachtet, weshalb der Wagen auf der Autobahn stehen bleibt und B seinen Termin verpasst, wodurch ihm ein lukratives Geschäft entgeht. B verlangt von A Schadensersatz. Zu Recht?
Franz Jürgen Säcker, Jochen Mohr
Fall 5
Zusammenfassung
B hat dem A ein Darlehen in Höhe von 100.000,- EUR gewährt, welches nunmehr zur Rückzahlung fällig ist. A hat Zahlungsschwierigkeiten, weshalb er dem B einen Brief mit folgendem Inhalt schickt: „Ich möchte Ihnen von mir aus Folgendes anbieten: Ich zahle Ihnen zum Ausgleich aller Ansprüche insgesamt 1.000,- EUR. Ich nehme an, dass Sie mit dieser Regelung einverstanden sind und füge Ihnen aus diesem Grunde für den Fall ihres Einverständnisses einen Verrechnungsscheck über 1.000,- EUR bei. Mit der Zahlung sind dann alle weiteren Verbindlichkeiten meinerseits abgegolten. Das Wichtigste: Bitte haben Sie Verständnis für meine Situation und dafür, dass ich mit dieser Angelegenheit nicht mehr behelligt werden möchte. Für mich soll die Sache endgültig erledigt sein. Ich verzichte deshalb auch darauf, dass Sie mir gegenüber eine Stellungnahme abgeben“. B löst den Scheck ein; der Betrag wird seinem Konto gutgeschrieben. Einen Tag nach der Gutschrift verfasst B einen Brief an A, in welchem er den Vorschlag als Zumutung bezeichnet und ihn deshalb nicht annimmt. Er, der B, sehe die 1.000,- EUR als erste Rate an, weshalb der A ihm noch weitere 99.000,- EUR schulde. Kann B von A die Zahlung weiterer 99.000,- EUR verlangen?
Franz Jürgen Säcker, Jochen Mohr
Fall 6
Zusammenfassung
A ist Eigentümer eines mit einem Bürogebäude bebauten Grundstücks, das mit einer parkähnlichen Gartenanlage umgeben ist. Etwa 1000 qm eines dem A gehörenden Nachbargrundstücks wurden bei der Anlage des Gartens ebenfalls bepflanzt, was A jedoch nicht auffiel. Im Jahre 2008 suchte A einen Käufer für das Bürogebäude nebst Gartenanlage und fand in der B eine Interessentin. Diese besichtigte am 6. 7. 2008 das Anwesen, welches dem äußeren Eindruck nach durch die Gartenanlage zu dem Nachbargrundstück, einem naturbelassenen Wiesengelände, abgegrenzt wurde. Am 22. 7. 2008 verkaufte A das mit dem Bürogebäude bebaute Grundstück unter Angabe seiner ungefähren Größe durch notariellen Vertrag für 8.000.000,- EUR an B; der darüber hinausgehende Teil der Gartenanlage auf dem Nachbargrundstück wurde im Vertragstext nicht als Kaufgegenstand benannt. Als dieser Umstand dem A einige Tage später auffiel, teilte er der B mit, dass er ihr nur das mit dem Bürogebäude bebaute Grundstück, nicht aber die auf dem Nachbargrundstück befindliche Gartenteilfläche übereignen werde. Kann B auch die Auflassung dieses Grundstücksteils von A verlangen?
Franz Jürgen Säcker, Jochen Mohr
Fall 7
Zusammenfassung
A ist durstig, weshalb er in einen Warenverkaufsautomat 1,- EUR einwirft und hiernach die Wahltaste mit der Aufschrift „Getränk X – 1,- EUR drückt“. Der Automat ist jedoch leer. A wendet sich deshalb an den zufällig vorbeikommenden Eigentümer des Automats B, der diesen gerade befüllen will, und verlangt eine Dose des Getränkes der Marke X. B hat das Getränk X jedoch nicht in seinem Wagen, weshalb er den A auf eine andere Marke verweist. Kann A von B das Getränk X verlangen?
Franz Jürgen Säcker, Jochen Mohr
Fall 8
Zusammenfassung
A bestellt in einem Restaurant das Menü I, dessen Preis auf der Speisekarte, die ihm R überreicht, mit 38,- EUR angegeben ist. R hatte als Preis für das Menü I eigentlich 88,- EUR auf die Karte geschrieben; ein Gast, dem R die Karte zuvor überreicht hatte, hatte indes – von R unbemerkt – in unauffälliger Weise den Preis in 38,- EUR verändert. Bei seiner Bestellung verwendet A die Worte: „Bringen Sie mir bitte das Menü I“. Als A nach dem Essen eine Rechnung über 88,- EUR erhält, ist er empört. Er will nur 38,- EUR bezahlen, da er das Menü I bei einem höheren Preis nicht bestellt hätte. Ist ein Vertrag zwischen A und R zustandegekommen; wenn ja, zu welchem Inhalt?
Franz Jürgen Säcker, Jochen Mohr
Fall 9
Zusammenfassung
Buchhändler A übersendet dem B ohne Bestellung an dessen Privatanschrift ein Kochbuch im Wert von 50,- EUR. In dem beigefügten Schreiben heißt es, das Angebot sei so günstig, dass A davon ausgehe, B werde das Buch behalten und bezahlen, wenn B es nicht innerhalb von 3 Wochen an A zurückschicke. B empfindet die Kontaktaufnahme des A als unseriös; nachdem er das Buch 4 Wochen aufbewahrt hat, wirft er es deshalb weg. Kurz darauf verlangt A von B die Bezahlung des Buches, jedenfalls Schadensersatz. Zu Recht?
Franz Jürgen Säcker, Jochen Mohr
Fall 10
Zusammenfassung
Arbeitgeber A aus Berlin will seinem 30 Jahre alten Arbeitnehmer B, der bei ihm seit etwas mehr als einem Jahr unbefristet beschäftigt ist, aufgrund eines – unstreitig verwirklichten – Kündigungsgrundes i. S. des KSchG zum 30. 9. 2009 ordentlich kündigen. Aus diesem Grunde wirft er am Mittwoch, den 2. 9. 2009, um 22.00 Uhr ein Kündigungsschreiben in den Briefkasten des B, wonach er diesem zum Mittwoch, den 30. 9. 2009, hilfsweise zum nächst zulässigen Zeitpunkt kündigt. Das Schreiben ist von einem Mitarbeiter des A vorgefertigt und von A eigenhändig unterschrieben. B ist zum Zeitpunkt des Einwurfs des Briefes in seinen Briefkasten bereits zu Bett gegangen, weshalb er den Brief erst am nächsten Morgen aus dem Briefkasten nimmt und liest. Ist das Arbeitsverhältnis wirksam beendet worden, und wenn ja, zu welchem Zeitpunkt?
Franz Jürgen Säcker, Jochen Mohr
Fall 11
Zusammenfassung
A verlangt von seinem Kunden B, dem er ein Darlehen in Höhe von 150.000,- EUR gewährt, zur Sicherheit eine selbstschuldnerische Bürgschaft. Daraufhin sendet die C-Bank-AG (im Folgenden C) als Hausbank des B dem A per Telefax einen Brief mit dem Inhalt, sie habe zugunsten des B eine Bürgschaft bis zur Höhe von 150.000,- EUR übernommen. A nimmt das Schreiben zu seinen Unterlagen und bedankt sich bei C schriftlich für die Gestellung der von ihm gewünschten Bürgschaft. Nachdem B zahlungsunfähig geworden ist und das Darlehen deshalb nicht zurückzahlen kann, nimmt A die C aus der vermeintlichen Bürgschaft in Anspruch. C entgegnet dem A sofort, dass sie überhaupt keine Bürgschaft zugunsten des B übernommen habe. Zwar sei eine solche Bürgschaft im Gespräch gewesen, jedoch letztlich nicht zustande gekommen. Aus diesem Grunde werde sie an A keine Zahlungen leisten. Ist zwischen A und C ein wirksamer Bürgschaftsvertrag zustande gekommen? Ansprüche auf Schadensersatz sind nicht zu prüfen.
Franz Jürgen Säcker, Jochen Mohr
Fall 12
Zusammenfassung
A verkauft dem B einen im Schaufenster für 950,- EUR ausgezeichneten Siegelring; es handelt sich um ein Einzelstück. B geht wegen des hohen Preises davon aus, dass es sich bei dem Ring um einen solchen aus echtem Gold handelt, weshalb er beim Kauf nicht nochmals nach dieser Eigenschaft fragt. Da sich A und B seit langem kennen, kann B den Ring sofort mitnehmen, obwohl er kein Geld dabei hat. Muss B den Kaufpreis zahlen, nachdem er erkannt hat, dass der Ring nicht aus Gold, sondern nur vergoldet ist, und er dem A deshalb sofort mitteilt, er fechte den Vertrag an?
Franz Jürgen Säcker, Jochen Mohr
Fall 13
Zusammenfassung
In einem Hamburger Restaurant bestellt M für seine Begleiterin F ein Dutzend frische Austern zu 90,- EUR; der Inhaber des Restaurants R hatte diese am gleichen Tage beim Austernfischer A für 30,- EUR erworben. Beim Essen findet F in einer der Austern eine Perle im Wert von 3000,- EUR. R verlangt von M und F die Herausgabe der Perle mit der Begründung, dass er nur die Auster, nicht aber die Perle in ihr verkauft habe. Zu Recht?
Franz Jürgen Säcker, Jochen Mohr
Fall 14
Zusammenfassung
A und der mit ihm befreundete B planen die Bebauung eines dem A gehörenden Grundstücks mit je einem Haus für A und für B. Nach Beginn der Bauarbeiten verkauft A dem B deshalb mit notariellem Kaufvertrag einen Grundstücksteil mit einem Messgehalt von „etwa 300 qm“. Dieser ist auf einer der notariellen Urkunde beigefügten Lageplanskizze durch die Buchstaben a – m und mit diesen verbundenen Linien näher bezeichnet; tatsächlich ergeben die anhand der Planskizze vermessenen Teilflächen einen Messgehalt von 450 qm. Da A dem B einen Freundschaftspreis machen will, berechnet er den Kaufpreis an Hand einer Tabelle mit den durchschnittlichen Grundstückspreisen der Region, wobei er aus der dort aufgeführten Spanne mit 30.000,- EUR den untersten Preis ansetzt. A übersieht dabei jedoch, dass die von ihm verwendete Tabelle bereits veraltet ist; auf der Basis der aktuellen Daten ergibt sich ein Kaufpreis von 45.000,- EUR. B, der sich ebenfalls über die Grundstückspreise der Umgebung informiert hat, freut sich über den aus seiner Sicht besonderen Freundschaftspreis, ohne sich weitere Gedanken zu machen. Als A von B nach Abschluss des notariellen Kaufvertrages unter Hinweis auf seinen Kalkulationsfehler weitere 15.000,- EUR fordert, entgegnet B, dass er den Grundstücksteil für 45.000,- EUR nicht erworben hätte, da er – was zutrifft – gar nicht soviel Geld habe.
Franz Jürgen Säcker, Jochen Mohr
Fall 15
Zusammenfassung
Der Rechtsanwalt V aus Kiel verkauft am 1. 3. 2008 seinen 7 Jahre alten, 120.000 km gefahrenen privaten Pkw an K aus Flensburg zum Preis von 12.500,- EUR. Bei den Vertragsverhandlungen in Kiel hatte V dem K auf eine entsprechende Frage gesagt, der Pkw sei unfallfrei. Als K noch zögert, sagt V ihm zu, er könne binnen der nächsten sechs Monate wegen jeden Irrtums den Vertrag durch Anfechtung beseitigen. Darauf schließt K den Vertrag ab. V übergibt den Pkw in Kiel gegen Barzahlung des Kaufpreises. Ende August 2008 stellt K fest, dass der Pkw 2004 bei einem leichten Auffahrunfall einen Lackschaden erlitten hatte, dessen Beseitigung 600,- EUR gekostet hat. K erklärt daraufhin am 30. 8. 2008 schriftlich die Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung und meldet das Fahrzeug zum 31. 8. 2008 ab. V ist zwar der Ansicht, dass ein 7 Jahre altes Auto mit einem ordnungsgemäß beseitigten Lackschaden in Höhe von 600,- EUR nicht als Unfallauto bezeichnet werden müsse; da er sich aber bei Vertragsschluss jeder Irrtumsanfechtung unterworfen habe, sei er bereit, den Wagen Zug um Zug gegen Rückzahlung des von ihm geschuldeten Geldbetrages zurückzunehmen, auch wenn die Voraussetzungen für eine gesetzliche Anfechtung nicht vorlägen.
Franz Jürgen Säcker, Jochen Mohr
Fall 16
Zusammenfassung
Die A-AG (A) führt sog. Internetauktionen durch. Sämtliche Teilnehmer – d. h. sowohl die Anbieter als auch die Bieter – müssen sich bei A anmelden und registrieren lassen sowie die Geschäftsbedingungen der A durch Doppelklick akzeptieren. Im Rahmen einer Internetauktion schildert der Anbieter auf einer freigeschalteten Web-Site der A sein Warenangebot und fordert binnen einer bestimmten Frist zu Geboten auf (Angebotszeitraum). Der Vertrag soll regelmäßig mit demjenigen Bieter zustande kommen, der binnen der genannten Frist das höchste Gebot abgegeben hat. Sowohl das Warenangebot als auch die Gebote können unmittelbar auf der Web-Site der A eingesehen werden. Der Ablauf der Auktionen wird in den Geschäftsbedingungen der A detailliert vorgegeben: Der Verkäufer erklärt bei Freischaltung seines bindenden Angebots gegenüber der A, das jeweilige Höchstgebot der Auktionsteilnehmer „schon jetzt“ anzunehmen; die A tritt dabei nach ihren Geschäftsbedingungen als Empfangsvertreter der Auktionsteilnehmer auf. Die Gebote der Teilnehmer nimmt die A wiederum als Empfangsvertreter des jeweiligen Verkäufers entgegen.
Franz Jürgen Säcker, Jochen Mohr
Fall 17
Zusammenfassung
A erzielt als Angestellte ein monatliches Gehalt von 2500,- EUR brutto. Sie ist mit B verheiratet, der sich im Jahr 2006 mit einer kleinen Kfz-Werkstatt selbständig gemacht hat. B will in 2007 eine Hebebühne erwerben und beantragt deshalb bei der C-Bank ein Darlehen in Höhe von 10.000,- EUR. Der vertretungsberechtigte Sachbearbeiter D der C-Bank macht die Gewährung des Darlehens von einer selbstschuldnerischen Bürgschaft der A abhängig; ihre wirtschaftlichen Verhältnisse sind dem D bekannt.
Franz Jürgen Säcker, Jochen Mohr
Fall 18
Zusammenfassung
Der geschäftlich unerfahrene Student A, der von seiner Großmutter ein baufälliges Haus geerbt hat, beauftragte im Dezember 2007 den Bauunternehmer B, die Terrasse seines Hauses abzudichten und mit Holz auszulegen. Für die Arbeiten standen dem A lediglich 3250,- EUR zur Verfügung. Da dieser Betrag nicht ausreichen würde, um den B zu bezahlen und die anfallende Umsatzsteuer zu entrichten, schlug B – der von A unerkannt nicht in die Handwerksrolle eingetragen war – dem A vor, die Leistungen „ohne Rechnung“ zu erbringen. A erklärte sich mit dem Vorschlag des B einverstanden. Bei Beginn der Bauarbeiten Mitte Januar 2008 erhielt der B von A eine Anzahlung von 1000,- EUR für Materialkosten und nach Abschluss der Arbeiten weitere 2250,- EUR. Eine Rechnung wurde vereinbarungsgemäß nicht erstellt. Kurze Zeit nach Beendigung der Arbeiten zeigten sich Wasserschäden in der unter der Terrasse gelegenen Einliegerwohnung. A verlangt von B Nachbesserung. B entgegnet, dass A wegen der Ohne-Rechnung-Abrede keine Gewährleistungsansprüche habe. Zu Recht?
Franz Jürgen Säcker, Jochen Mohr
Fall 19
Zusammenfassung
A betreibt ein Antiquitätengeschäft. Da er am 2. August einen Tag auf Geschäftsreise fährt, bittet er seinen Freund B, ihn im Laden zu vertreten. Am Abend des 1. August führt A den B kurz durch den Laden und weist darauf hin, dass sämtliche zum Verkauf stehenden Waren mit einem Preisschild versehen sind. Im Hinblick auf eine erst kürzlich eingetroffene und deshalb noch nicht mit einem Preis ausgezeichnete Truhe, für die A eigentlich 2200,- EUR erzielen möchte, teilt er dem B in der Eile mit: „Für die Truhe will ich zumindest 2000,- EUR“. B, der dem A beweisen will, dass er ein erfolgreicher Verkäufer ist, heftet ein Preisschild in Höhe von 2.150,- EUR an die Truhe. Am 2. August veräußert B eine Reihe von Waren, u. a. die besagte Truhe für 2100,- EUR an den C. C hatte unächst nur 1800,- EUR geboten, sein Angebot im Rahmen der mit B geführten Verhandlungen jedoch sukzessive auf 2100,- EUR erhöht. C will die Truhe an einem der kommenden Tage bei A abholen.
Franz Jürgen Säcker, Jochen Mohr
21. Fall 20
Zusammenfassung
W führte an einem Hausgrundstück des M verschiedene Modernisierungsarbeiten durch. M ließ sich beim Vertragsschluss durch das Einzelunternehmen I-Immobilien (I) vertreten. I ließ durch W – wie auch schon bei zehn anderweitigen Bauprojekten für M – Reparaturen am Dach des Hauses ausführen. Die Begleichung dieser Reparaturrechnung lehnte M unter dem Hinweis darauf ab, dass er I – was zutrifft – nur zur Modernisierung der Wohn- und Geschäftsräume beauftragt hatte. W nimmt daraufhin I in Anspruch. I wendet ein, dass es dem nur wenige Straßen weiter wohnenden M hätte auffallen müssen, dass am Dach des Hauses gearbeitet wird. Jedenfalls könne es nicht zu ihren Lasten gehen, dass der M – was ebenfalls zutrifft – entgegen der ursprünglichen Vereinbarung mit I keine wöchentlichen Baubesprechungen durchgeführt habe. M entgegnet, er habe durch sein Verhalten keinesfalls den Eindruck erwecken wollen, die I zur Beauftragung des W mit den Reparaturen am Dach bevollmächtigen zu wollen; jedenfalls fechte er eine entsprechende Verpflichtung an. Hat W gegen I und/oder gegen M einen Anspruch auf Zahlung des Werklohns?
Franz Jürgen Säcker, Jochen Mohr
22. Fall 21
Zusammenfassung
A will seinem 17jährigen Enkel B ein Grundstück schenken und übereignen. Zu diesem Zwecke vereinbart er einen Termin mit dem Notar C, zu welchem neben B auch dessen miteinander verheiratete Eltern D und E anwesend sein sollen. Im Vorfeld des Termins überlegt Notar C, ob er die Schenkung und die Übereignung wirksam beurkunden kann.
Franz Jürgen Säcker, Jochen Mohr
Chapter 23. Fall 22
Zusammenfassung
N erhält von seinem Onkel O als Geschenk einen Gutschein, welcher von dem Inhaber des Restaurants R, dem I, ausgestellt wurde. Nach dem Inhalt des Gutscheins, für den O 200,- EUR gezahlt hat, ist N dazu berechtigt, zweimal das „Tagesmenü“ zu fordern. Der Gutschein wurde am 22. 12. 2003 ausgestellt. Am 20. 12. 2006 besucht N mit seiner Freundin das Restaurant R. Er legt seinen Gutschein vor und bestellt zweimal das Tagesmenü. Inhaber I sagt ihm daraufhin, man werde die Menüs servieren, aber N müsse 50,- EUR zuzahlen, da inzwischen der Preis für das Tagesmenü nicht mehr 100,- EUR betrage, wie zu dem Zeitpunkt, als der Gutschein verkauft wurde, sondern 125,- EUR. N ist empört und verlässt das Restaurant. Am 10. 12. 2009 verlangt N von I 200,- EUR; I erwidert, für Forderungen wegen des abgelaufenen Gutscheins sei es nun viel zu spät. Hat N gegen I einen Anspruch auf Zahlung?
Franz Jürgen Säcker, Jochen Mohr

Teil 3: Aufbauschema für die Prüfung

Ist ein Vertrag („Konsens“) durch Angebot und Annahme zustande gekommen?
Zusammenfassung
Zunächst ist immer zu prüfen, ob den Parteien nach dem Sachverhalt trotz missverständlicher Wortwahl eine tatsächliche Verständigung gelungen ist. Liegt (was im Streitfall vor Gericht durch Zeugenvernehmung festzustellen ist) eine tatsächliche Übereinstimmung vor, ist, sofern alle sonstigen einschlägigen gesetzlichen Vorschriften beachtet wurden, ein gültiger Vertrag zustande gekommen. Der Vertrag ist ein Instrument der Privatautonomie; es geht um beidseitige (bilaterale) Selbstbestimmung. Der Richter hat den übereinstimmenden Willen der Parteien zu respektieren. Die Prüfung zu Punkt B. entfällt.
Franz Jürgen Säcker, Jochen Mohr
Backmatter
Metadaten
Titel
Fallsammlung zum BGB Allgemeiner Teil
verfasst von
Franz Jürgen Säcker
Jochen Mohr
Copyright-Jahr
2010
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-642-14811-8
Print ISBN
978-3-642-14810-1
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-642-14811-8