Verschlissene Zerspanwerkzeuge aus Hartmetall werden heute zum Teil recycelt. Deutlich ressourcenschonender ist es, gebrauchte Werkzeuge zu neuen umzuschleifen. Der Ansatz spart neben Energie auch Prozesszeit.
Ausrangierte Fräswerkzeuge lassen sich ohne Qualitätseinbußen auf Werkzeuge mit geringerem Durchmesser umschleifen.
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Die Herstellung von Zerspanwerkzeugen aus Hartmetall ist ein aufwendiger und energieintensiver Prozess: Aus einem Hartmetallpulver wird zunächst ein Rohling gesintert, der anschließend in einer Abfolge verschiedener Schleifprozesse in Form gebracht wird. Knapp 130 kWh an Energie erfordert die Herstellung eines beispielhaften Fräswerkzeugs mit 16 mm Durchmesser, wie Forschende des Instituts für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (IFW) an der Leibniz Universität Hannover herausgefunden haben.
Rechnet man die Energie für den Abbau der nötigen Rohstoffe hinzu, dann entfällt über die Hälfte des Gesamtenergieverbrauchs auf die Herstellung des Rohlings. Zwar werden Sinterpulver aus neu gewonnen Rohstoffen wie Wolfram und Kobalt heute zum Teil mit recyceltem Hartmetall ergänzt, doch auch dies ist ein kosten- und energientensiver Prozess – müssen die ausgedienten Werkzeuge doch zerkleinert, gemischt und erneut gesintert werden.
Mit 3-D-Scanner und Simulation zum Zielwerkzeug
Einen ressourcenschonenderen Ansatz hat nun das IFW gemeinsam mit dem Unternehmen Wulf Schleiftechnik entwickelt. Die Partner nutzen verschlissene Werkzeuge als Rohlinge für Werkzeuge mit kleinerem Durchmesser. Bislang gibt die Literatur nur wenige Treffer zu diesem naheliegenden Ansatz her. Im Artikel Fräs- und Formwerkzeuge nachhaltig wiederaufbereiten in der maschinenbau 6/22 erläutert das Autorenteam um Institutsleiter Berend Denkena nun ihr Vorgehen.
Verschlissene Werkzeuge werden zunächst mit einem optischen 3-D-Scanner analysiert. Anhand der Ist-Geometrie wird dann ein passendes Zielwerkzeug ausgewählt, auf dessen Geometrie das Alt-Werkzeug dann zurechtgeschliffen wird. Per Außenrundschleifen werden dabei zunächst die verschlissenen Schneiden entfernt, bevor die finale Geometrie per Spannut-, Umfangs- und Stirnbearbeitung hergestellt wird. Der gesamte Schleifprozess wird mit Hilfe einer Materialabtragsimulation vorbereitet und unterstützt.
Keine Einbußen beim Standweg
Die Forschenden demonstrieren ihren Ansatz am Beispiel eines verschlissenen Fräswerkzeugs, das sie von einem Durchmesser von 20 mm auf eines mit 16 mm umschleifen. Dabei haben sie nachgewiesen, dass Haarrisse im Werkzeug nicht tiefer als 30 µm unter die Oberfläche reichen und durch das Umschleifen vollständig entfernt werden. Im Rahmen von Flankenfräsversuchen mit einer Titanlegierung erreichten sie mit dem umgeschliffenen Werkzeug Standwege von etwa 2.750 mm, was vergleichbar mit Standwegen von neuen Werkzeugen ist.
Während das Werkzeug also im Betrieb gleichwertig mit Neu-Werkzeugen ist, zeigt es mit Blick auf die erforderlichen Prozesszeiten und beim Energiebedarf in der Herstellung deutliche Vorteile. Das Umschleifen beansprucht gegenüber dem konventionellen Werkzeugschleifen deutlich weniger Zeit – im Beispiel circa 40 statt 60 Minuten. Allein die geringere Schleifzeit wirkt sich laut den Forschenden dabei in einem um 47 % geringeren Energiebedarf aus.
Energiebedarf von 11 anstelle von 130 kWh
Noch deutlicher fällt die Gesamtenergiebilanz für die Herstellung der Werkzeugs aus, die beim konventionell gefertigten Werkzeug auch den Rohstoffabbau sowie das Mahlen und Mischen des Sinterpulvers umfassen. Bis zu 91 % der Energie lassen sich durch das Umschleifen einsparen. Im Beispiel bleibt ein Energiebedarf von circa 11 kWh anstelle von knapp 130 kWh für die Herstellung eines Neu-Werkzeugs übrig.